160 - Martin, Deborah - Die amerikanische Braut
zusammengesteckt hatten. „Ich werde dafür sorgen, dass alle wissen, dass du meine Frau bist – und wenn ich dich jedem Einzelnen vorstellen muss.“
Evelina blickte auf. „Spencer, sei bitte nicht albern.“
„Mein Benehmen ist nicht deine Angelegenheit, Evelina.“
„Nein, aber es ist die Angelegenheit deiner Frau.“ Ihr sanftes Lächeln schloss Abby mit ein. „Wir werden bald Schwestern sein, und ich möchte nicht, dass meine Schwester beleidigt wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du Abby den schmählichen Bemerkungen aussetzen willst, die sie im Moment sicher zu hören bekäme.“
Abby war beklommen zu Mute. Evelina hatte allen Grund, ihr zu misstrauen – aber gerade sie setzte sich nun für sie ein.
„Niemand würde es auch nur wagen, Abby zu beleidigen, wenn ich bei ihr bin.“
„Vielleicht. Aber sie könnten Abby brüskieren, bevor du überhaupt die Gelegenheit hast, sie vorzustellen. Dann hättest du verloren, denn danach wird sich niemand mehr die Blöße des Einlenkens geben wollen.“
„Damit könntest du Recht haben“, gestand Spencer widerwillig ein.
„Ich habe keine Vorstellung, was mit »brüskieren’ gemeint ist“, wandte Abby ein, „aber ich denke, dass ich schon Schlimmeres erlebt habe.“ Sie zwang sich, unbesorgt zu klingen. „Ihr braucht euch keine Sorgen um mich zu machen. Ich habe ein dickes Fell.“
Spencer betrachtete sie durchdringend. „Bist du sicher? Ich erinnere mich an unsere Unterhaltung im Garten, wo du mir etwas anderes zu verstehen gegeben hast.“ Als sie den Blick senkte, fügte er mit leiser Stimme hinzu: „Ich habe dir versprochen, dir so etwas zu ersparen. Und ich werde mein Versprechen halten.“
Spencer trat an die Balustrade und stützte sich auf dem Geländer ab. Die Kronleuchter wurden bereits wieder hochgezogen, und der fünfte Akt würde gleich beginnen.
Spencer stieß einen tiefen Seufzer aus. „Evelina, was schlägst du vor?“
Evelina fuhr überrascht zusammen. „Das fragst du mich?“
Spencer drehte sich zu ihr um. „Warum nicht? Du hast uns heute Abend bewiesen, dass du einen schlauen Kopf und zudem das richtige Gespür für die Londoner Gesellschaft hast.“
Evelinas Überraschung wich einem erfreuten Lächeln. Noch nie zuvor hatte Spencer sie um Rat gebeten!
„Ich glaube, du solltest Abby offiziell vorstellen.“ Evelina senkte ihre Stimme, da der fünfte Akt begonnen hatte. „Mama gibt morgen einen Ball anlässlich meiner Verlobung. Vielleicht sollten wir den Anlass stattdessen nutzen, deine Hochzeit zu feiern.“
„Aber Evelina“, wehrte Lady Tyndale mit einem wütenden Seitenblick auf Abby ab. „Ich richte diesen Ball nur für dich und Nathaniel aus.“
„Das weiß ich. Aber solange Nathaniel sich noch … in Essex erholt, können wir unsere Verlobung ohnehin nicht feiern. Wir können die Abendgesellschaft deshalb auch nutzen, um Spencer zu helfen.“
Evelinas Zögern vor den Worten „in Essex“ ließ Abby kurz aufhorchen, doch schenkte sie dem keine weitere Beachtung. Sie war bereits zu sehr damit beschäftigt, sich über ihr morgiges Erscheinen bei dem Ball Sorgen zu machen. „Nein“, flüsterte sie, „das kann ich nicht. Meine Kleider sind noch in Arbeit und …“
„Ein Kleid ist schon fertig“, räumte Spencer ihren Einwand aus. „Ich habe der Schneiderin ein kleines Vermögen gezahlt, damit du zumindest ein Kleid gleich am nächsten Tag hast.“
„Aber ich bin noch nicht bereit! Ich war seit Jahren nicht mehr auf einem Ball.“
„Das schaffst du schon. Evelina hat Recht – je eher du bei einem gesellschaftlichen Anlass als meine Frau eingeführt wirst, desto besser. Niemand wird mehr ernstlich behaupten können, du wärst meine Geliebte, wenn Lady Ityndale uns zu Ehren einen Ball gibt.“
„Aber Spencer …“, setzte Abby erneut an.
„Danke, Evelina“, sagte er und wischte Abbys Bedenken beiseite. „Ich wusste doch, dass du einen schlauen Kopf hast. Ich hätte mir das Ganze nicht besser ausdenken können.“
„Und heute Abend solltet ihr vielleicht nicht bis zum Ende des Stückes bleiben“, meinte Evelina. „Wenn ihr gegangen seid, werden Mama und ich die Neuigkeit deiner Heirat verbreiten und den morgigen Ball ankündigen. Wir werden euch damit entschuldigen, dass ihr so verliebt und Heber nach Hause gegangen seid, als noch einmal öffentlich Anstoß zu erregen.“ Sie strahlte über das ganze Gesicht. „Das stimmt ja auch, oder?“
„Natürlich“, erwiderte Spencer.
Abby
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