1608 - Das siebte Opfer
ihn schon gewundert. Schließlich befand sie sich nicht am Set, wo alles in einem Drehbuch vorgeschrieben war.
Nicht weit von der am Boden liegenden Schattengestalt blieb er stehen, griff in die Tasche und holte ein Feuerzeug hervor. Die Kerzen standen nicht grundlos herum. Sie hatten eine bestimmte Funktion zu erfüllen.
Die kleine Flamme zuckte auf, und er brachte sie in die Nähe des ersten Dochts. Der bekam sofort Nahrung und schuf in der Luft einen hellen tanzenden Fleck.
Eine Flamme reichte ihm nicht. Er wollte mehr Licht, und das bekam er auch in der nächsten Minute. Sieben Menschen oder sieben Seelen wollte er dem Teufel schenken, und diese Zahl spukte auch bei der Anzahl der Kerzen durch seinen Kopf. So hatte er sieben von ihnen aufgestellt und war damit sehr zufrieden.
Der Schein hatte es geschafft, die graue Dämmerung zu zerstören. Er konnte sich wunderbar orientieren, und das Innere des Hauses hatte beinahe eine gemütliche Atmosphäre bekommen. An den Wänden tanzten hin und wieder Schatten entlang, die sich zu skurrilen Bildern formten, als wären sie von einem abstrakten Maler geschaffen worden.
Er war mit seinen Vorbereitungen fertig. Die Kerzen umstanden die Frau am Boden, und wer genau hinschaute, der hätte die Umrisse eines Sargs erkannt.
Er blieb an den Füßen der Bewusstlosen stehen und senkte seinen Blick. Durch den Kerzenschein hatte das Gesicht einen anderen Ausdruck angenommen. Es sah so aus, als wäre es mit Leben erfüllt.
Riddick schaute genauer hin. Er wollte den Moment nicht verpassen, wenn Stella Moreno erwachte und wenig später die ganze Wahrheit erfahren würde. Auf diese Reaktion freute er sich schon jetzt.
Der Schlag in den Nacken war zwar hart gewesen, aber nicht zu kräftig.
Sie würde nicht über Stunden in diesem Zustand bleiben.
Noch musste er warten, und seine Blicke tasteten sich an den Wänden entlang, über die Schatten und Lichter huschten, als wären es Boten, die der Teufel persönlich schon vorgeschickt hatte.
»Na komm!«, flüsterte er, »werde endlich wach, damit ich weitermachen kann…«
Riddick spürte seine Nervosität, er bewegte die Hände. Mal bildeten sie Fäuste, mal waren sie offen. Normal atmen konnte er auch nicht mehr, die innere Hektik sorgte dafür, dass die Atemstöße zischend über seine Lippen drangen.
Und dann - er überlegte bereits, ob er sie auf eine unsanfte Art wecken sollte - tat sich doch etwas.
Sie zuckte leicht zusammen.
Wenig später hörte er ein Stöhnen.
Da war ihm klar, dass er nicht mehr einzugreifen brauchte.
Jetzt konnte alles seinen Gang gehen…
***
Stella Moreno wusste selbst nicht mehr, was genau mit ihr los war. Sie war in einen tiefen Schacht gefallen und tauchte nur allmählich wieder aus ihm hervor. Dabei hatte sie nicht den Eindruck, wach zu werden, denn sie schlug auch nicht die Augen auf.
Es geschah etwas anderes mit ihr.
Ein bestimmter Geruch erreichte ihre Nase. Sie empfand ihn nicht als angenehm, aber sie wusste auch nicht, wie sie ihn einschätzen sollte. Er war da, er stach in ihre Nase hinein, und dieser Geruch sorgte dafür, dass sich ihr Erwachen beschleunigte.
Dass es mit einem Zucken begann, merkte sie so gut wie nicht. Aber das leise Stöhnen hörte sie schon, und es war der zweite Kick, der sie in Richtung Normalzustand brachte.
Noch war sie in der Lage, etwas aus eigenem Antrieb zu unternehmen.
Sie lag auf der Erde, sie spürte sogar die Kälte durch ihre Kleidung kriechen, aber da gab es auch das Gefühl in ihrem Kopf, das sie so nicht kannte.
Ihr Kopf schien um einiges gewachsen zu sein. Im Nacken gab es einen Punkt, von dem aus ein starkes Ziehen ausströmte, das sie nicht unter Kontrolle bekam.
»Los, Stella, tu nicht so! Du bist doch auch in der Serie immer die Heldin!«
Die Männerstimme hatte sie sehr wohl gehört, aber sie wusste nicht, wer da gesprochen hatte, und sie hatte auch keine Ahnung, aus welcher Entfernung die Stimme sie erreicht hatte.
Sie konnte den Schrei nicht unterdrücken, der aus ihrem Mund drang. Es war eine Folge des Tritts, den sie von einem Männerfuß erhalten hatte.
»Spiel mir hier nichts vor, Stella!«
Noch immer hatte sie die Stimme so verfremdet wahrgenommen, aber sie stellte auch fest, dass sie nicht weiter verletzt war und dass auch ihr Gehirn keinen Schaden genommen hatte, denn sie schaffte es, sich wieder zu erinnern.
Die Entführung. Der Dunkelhaarige mit seinem verdammten Messer.
Das Haus, in das sie hineingetrieben worden war
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