1609 - Rettung für die Posbis
der Milchstraße einen erheblichen Fortschritt erzielt, einen Fortschritt in ihrem Denken und in ihrem Bewußtsein, in ihrem kulturellen und politischen Verständnis.
Ausnahmen bestätigten auch hier die Regel, aber der Weg war ersichtlich. Ein paar Völker hatten durch die Aktivierung der Chronofossilien einen Evolutionssprung mitgemacht, der einen Sinn haben mußte. Worauf lief es hinaus? Wie sah die Zukunft aller dieser Völker aus? Lag sie darin, daß eines Tages alle gleich sein würden in ihrer Entwicklung, ohne gravierende Unterschiede? Wenn ja, wozu diente dies? War es ein Fortschritt der Evolution oder ein Hemmschuh?
Er hätte den einmal aufgegriffenen Gedanken gern weiterverfolgt und bis ins letzte Detail durchdacht, wie es seiner Vorstellung von der Arbeit eines Nexialisten entsprach, aber Aphenius Dorpat störte ihn. Der diensthabende Controller für die Energieverteilung der ganzen Forschungsanlage tappte mit seinen Haftschuhen auf ihn zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
Siankow hob ruckartig den Kopf. „Wir sollten es ihm sagen, Boris", meinte Dorpat.
Siankow rieb mit den Fingern über sein Kinn. „Es hat doch so gut wie keinen Sinn", meinte er. „Was nützt es, alte Wunden aufzureißen? Und das tun wir gewiß, wenn wir ihn daran erinnern, Aphenius."
„Ich denke, er hat es längst überwunden. Die Erinnerung kann er natürlich nie verdrängen, solange er lebt. Aber er ist ein Unsterblicher, vergiß das nicht. Myles ist von seinem Charakter her über irgendwelche Rachegefühle erhaben. Er hat ihm längst verziehen. Außerdem sind keine Spuren von damals zurückgeblieben."
„Gut", entschied Siankow und musterte verstohlen die Gestalt drüben neben der Positronik. „Wir tun es, sobald Myles die Unterhaltung beendet hat. Ich gäbe viel darum, wenn wir uns in diesem Fall mit NATHAN beraten könnten, ehe wir etwas unternehmen."
„Vergiß es. Die Verbindung über den Normalfunk dauert ewig, und es ist nicht gesagt, daß NATHAN uns gerade über diesen Punkt Auskunft geben kann. Wir sollten froh sein, daß ein paar alte Zusatzpositroniken wenigstens einen winzigen Teil der lunaren Anlage aus ihrem Dornröschenschlaf erwecken konnten. Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein, ein Notbehelf. Mehr nicht."
Boris Siankow nickte nachdenklich. Auch auf Titan war alles nur ein Notbehelf, seit die Katastrophe eingetreten war. Über drei Monate war es her, und in dieser Zeit hatten sie mehr improvisiert als geforscht. Drüben auf der zur Zeit im Nachtschatten liegenden Hälfte Titans bastelten ein paar Akonen und Ferronen an einer Maschine, mit der sie aus dem tauben Oberflächengestein Energie gewinnen konnten. Bis die Maschine in Betrieb genommen werden konnte, bis die antiken Brennstoffe für ihren Betrieb herbeigeschafft waren, ohne die es nicht ging, konnte es noch ein Vierteljahr dauern oder ein halbes. Niemand wußte, ob es bis dahin noch eine Forschungsanlage auf Titan gab oder ob die Hyperraum-Parese sie alle zur Flucht auf die Sauerstoffplaneten Mars und Terra zwang. An ihrem Rand wie zum Beispiel in der Nähe von Olymp und Boscyks Stern sammelten sich ganze Flotten von Hilfsmannschaften, die der nach Westen driftenden Toten Zone folgten, wie man die Erscheinung dort draußen getauft hatte. Der Kontakt zu ihnen war nur über die Ennox möglich, und damit hatten sich diese Fremden quasi unentbehrlich gemacht.
Das war ein Gesichtspunkt, der in den Augen des Nexialisten ein solches Gewicht besaß, daß er ihm schon schlaflose Nächte beschert hatte. Er beendete das Gespräch mit Dorpat und widmete sich wieder dem Terminal, an dem er gearbeitet hatte. Es war mit der Positronik verbunden, und als Boris sah, daß auch Myles seine Unterhaltung beendet hatte und sich dem Hauptcomputer zuwandte, tippte er hastig eine Frage ein und schickte sie hinüber in das Mastergerät. „Können Aphenius und ich dich kurz sprechen? - Boris."
Myles erhielt die Nachricht und richtete sich auf. Er wandte den Kopf und suchte in dem weitgestreckten Oval nach dem Frager. Als er ihn erblickte, winkte er kurz und kam auf Boris Siankow zu. Dorpat eilte herbei, und der terranische Chefwissenschaftler blickte die beiden fragend an. „Es ist etwas von Bedeutung, was ihr mir zu sagen habt", stellte er fest. „Nicht unbedingt etwas Wichtiges von großer Aktualität."
„Wie man es nimmt", erwiderte Dorpat. „Aber du wirst staunen, wenn du es hörst."
„Dann schießt mal los", munterte Myles Kantor sie auf. „Nicht so
Weitere Kostenlose Bücher