1609 - Shaos Rachetour
Shimada nicht mehr, aber es gab noch Susanoo, und Shao konnte sich vorstellen, dass diese Gestalt sich mit den Söhnen Nippons verbunden hatte.
Doch das war noch Theorie. Erst musste sie den Tod des Boten Kenny Han rächen, der wirklich alles getan hatte, um das Auge an die richtige Stelle zu bringen.
Es war alles okay bei ihr. Und sie dachte daran, dass sie sich verwandeln musste. Shao würde es in der nächsten Zeit nicht mehr geben, das Phantom mit der Maske stand jetzt an erster Stelle.
Sie zog sich um.
Ein dunkler Anzug aus weichem Leder. Dazu die Halbmaske, die einen Teil des Gesichts verdeckte. Um gegen die Kälte geschützt zu sein, zog sie noch einen eng anliegenden Mantel über, dessen Stoff dunkelrot schimmerte.
Dann holte sie ihre Waffe hervor. Es war eine Armbrust. Sie bestand aus Bügel, Sehne, Schaft, Bolzenrinne und Abzug. Dazu gehörten auch die Bolzen, die in einem Köcher steckten, der sich auf Shaos Rücken befand. Zuletzt zog sie die halbhohen und sehr weichen Stiefel an, die wie angegossen saßen.
Shao drehte sich um und baute sich vor dem schmalen Wandspiegel auf. Sie betrachtete sich und war mit sich zufrieden, auch wenn sie so fremd aussah.
Etwas fehlte noch. Es war das Auge der Sonnengöttin, das Shao auf das Bett gelegt hatte. Sie griff nach dem wunderbaren Kleinod und hängte es um.
Vor ihrem Körper sah sie das grüne Schimmern und auch das Funkeln der hellen Einschlüsse. Sie dachte jetzt daran, dass so etwas wie ein Machtpotenzial vor ihrem Körper hing, und konnte nicht behaupten, dass sie sich unwohl fühlte.
Etwas war mit ihr geschehen und da sie sich weiterhin im Spiegel sah, nahm sie auch die Veränderung in ihrem Gesicht wahr, das sich zu einem Lächeln verzogen hatte. Auch ein Zeichen, wie wohl sie sich im Moment fühlte.
Im Auge der Sonnengöttin steckte die Kraft einer uralten Welt und Zeit.
Das spürte Shao sehr deutlich, denn diese Kraft ging auf sie über. Etwas drang in sie ein und gab ihr ein starkes Gefühl. Zugleich war sie von einer gewissen Leichtigkeit erfüllt, die alles andere hinwegschwemmte, was noch an Bedenken vorhanden war.
Ja, es ging ihr gut. Sie fühlte eine Stärke in sich, die sie nicht beschreiben konnte.
Der Köcher hing auf ihrem Rücken. Aus ihm schauten genügend Bolzen, die länger als normal waren und fast wie Pfeile aussahen.
Shao konnte mit dieser Waffe perfekt umgehen und war entschlossen, die Söhne Nippons auf diese archaische Weise sterben zu lassen.
Den Mantel schloss sie nicht völlig. Es blieb vom Hals her so weit offen, dass sie einen kleinen Teil des Auges sah, wenn sie nach unten schaute. Das war dann immer so etwas wie ein Hoffnungsfunke, der sie auf ihrem weiteren Weg begleiten würde.
Als sich Shao herumdrehte, um zur Tür zu gehen, kam ihr der Gedanke an Suko.
Sie und er lebten in einer Partnerschaft zusammen. Sie verstanden sich wunderbar, sie waren ein aufeinander eingespieltes Team - das alles traf voll und ganz zu. Und doch gab es eine Grenze, die sich dann auftat, wenn aus Shao das Phantom mit der Maske geworden war. Da musste sie allein ihren Weg gehen, das war sie der Sonnengöttin Amaterasu schuldig.
Sie gab sich einen letzten Ruck und zog die Tür auf.
Suko hatte die Wohnung bestimmt nicht verlassen. Er würde auf sie warten. Er machte sich Sorgen, und in der Tat fand sie ihn im Wohnzimmer, wo er am Fenster stand und nach draußen schaute.
Als er hinter sich ein Geräusch hörte, drehte er sich um - und sah Shao vor sich stehen.
Falls er sich erschreckt hatte, so zeigte er es nicht. Er blieb wie in einer Starre gefangen und wartete darauf, dass Shao etwas sagte.
Doch sie schwieg. Nur ihre Lippen verzogen sich nach einer Weile zu einem Lächeln.
Suko sah sich genötigt, das Wort zu ergreifen.
»Du hast dich also entschieden.«
»Ja, habe ich.«
»Und dabei willst du auch bleiben?«
»Was denkst du? Das muss ich. Ich habe etwas erhalten, das man mir abnehmen will, wobei die andere Seite keine Rücksicht kennt und über Leichen geht. Das kann ich nicht hinnehmen. Ich muss etwas dagegen tun. Und das werde ich als Phantom mit der Maske. Sie werden es erleben, wenn ich vor ihnen stehe.«
»Das sehe ich jetzt, und ich kann dich auch verstehen, Shao. Aber wäre es nicht besser, wenn ich an deiner Seite wäre, um dich zu unterstützten oder auch John…«
Shao schüttelte den Kopf.
»Du weißt selbst, dass es Wege gibt, die man allein gehen muss, Suko.«
»Ja, das weiß ich. Aber manchmal ist es besser,
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