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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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und nur wenn man den Hals reckte, konnte man oben auf der Felskante Gras wachsen sehen.
    Dariole sah ganz und gar wie ein junger Mann aus: Die Reitstiefel reichten bis zum Kniebund ihrer Pluderhose, und ein feiner Rüschenkragen umrahmte ihr von der Hitze rosiges Gesicht. Sie ritt gut und hielt ihren Falben gut im Zaum, der sich immer wieder am Gras gütlich tun wollte. An der Haltung ihrer Schultern vermochte ich nichts zu lesen außer Anspannung.
    Die Nachmittagshitze brachte den Geruch der Pferde, der ledernen Sättel und des Zaumzeugs erst richtig zur Geltung, und von irgendwoher wehte der Duft von Blumen heran, die sich in dem wuchernden Gestrüpp zu beiden Seiten versteckten. Rechts und links erhoben sich bedrohlich hohe Felswände. Als die Straße eine Biegung machte, fielen selbst zu dieser Zeit lange Schatten auf uns. Das Schnaufen der Pferde sowie das Knarren und Klirren des Zaumzeugs waren das einzige Geräusch in der drückenden Stille; leise hallte es von den Felswänden wider.
    Dariole hatte seit unserem Aufbruch kein Wort gesagt, und inzwischen hatten wir gut acht Meilen zurückgelegt.
    »Mademoiselle …« Ich streckte die Hand aus.
    Dariole zuckte nicht zurück, versteifte sich jedoch am ganzen Leib.
    Es war nicht schwer, diese Art von Körpersprache zu deuten, und so nahm ich meine Hand wieder zurück. Schmerz breitete sich in meiner Brust aus gemischt mit einer brennenden Wut. Robert Fludd hat dir auch das angetan.
    »Mademoiselle, wollt Ihr mir nicht sagen, was Ihr Euch von dem hier erhofft?«
    »Das ist meine Sache.«
    Mein haselnussbraunes Pferd senkte den Kopf und begann, am Gras im Schatten der Felswände zu knabbern. Der Fels strahlte Hitze aus. Ich zog den Kopf des Tieres wieder in die Höhe und drückte ihm sanft die Sporen in die Flanken.
    Darioles Tonfall blieb gleichmütig. »Hat Euer Hauptmann seine Stellung abgesichert?«
    »Das nehme ich doch an. Warum?«
    »Weil irgendjemand auf halber Höhe des Felsens dort mit einer Muskete auf mich zielt.«
    Es war nicht die Sonne, die mein Gesicht rot werden ließ, als ich mich in den Steigbügeln aufstellte und wie vereinbart mit dem Hut zum Zeichen winkte.
    Cecils Reiter unter einem Mann mit Namen Philip Spofforth hatten ihr Lager in der Tat weiträumig abgesichert. Nachdem man uns unterhalb des Eingangs zur Cheddar Schlucht abgefangen hatte, wurden wir zum Hauptmann gebracht. Er begrüßte uns mit einem freundlichen Nicken.
    »Lord Cecil hat uns bereits darüber informiert, dass wir vermutlich einen jungen Mann dazubekommen würden.« Er nickte zu Dariole und fügte dann an mich gewandt hinzu: »Sie ist, wo sie immer ist. Ich werde Thomas befehlen, Euch zu ihr zu bringen.«
    Während die Soldaten mitsamt ihren Tieren in der Klamm und den an sie angrenzenden Höhlen untergebracht, waren, hatte Suor Caterina es vorgezogen, in eine aufgegebene Bauernhütte im Wald zu ziehen. Diese Hütte zu bewachen, war im Augenblick alles, was die Männer zu tun hatten. Blätter und anderes Grünzeug umgaben den einzigen, mit Lehm verputzten Raum, und der Soldat mit Namen Thomas ließ uns einfach vor der Hütte stehen und huschte vor sich hin murmelnd davon – er hatte genauso viel Angst vor der Nonne wie Ned Field vor der Hexe.
    Und so – wie ich vor der Seherin, dachte ich.
    Wird sie Dariole sagen, dass sie sterben wird? Wird sie über die Vergewaltigung sprechen und mir die Schuld daran geben?
    Das Innere der Hütte war weiß gestrichen, sodass es hier trotz der winzigen Fenster recht hell war. Die silberhaarige Frau – inzwischen übrigens deutlich sauberer – saß am Tisch und hatte die Hände unter dem Kinn verschränkt.
    »Nein«, sagte sie, bevor ich etwas sagen konnte.
    » Nein?«, hakte Dariole nach.
    »Nein. Du bist gesund, und du heilst so schnell wie ein junger Hund, Signorina. Was auch immer du für ein Gift im Leib gehabt haben magst, dein Körper hat es besiegt. Und … Nein. Der Ausfluss, den du auf der Reise in der Nähe von Richmond gehabt hast … Hätte Gott es so gewollt, wäre das dein Kind geworden.«
    Ich packte Dariole an den Schultern und schob sie zu einer Bank, damit sie sich setzen konnte, anstatt auf der festgestampften Erde zusammenzusacken. Sie starrte Caterina an, und ich sah jede Sommersprosse, welche die Sonne auf ihren Wangen zum Vorschein gebracht hatte.
    »Ich trage kein Kind unter dem Herzen«, sagte sie tonlos.
    »Nein. Um das zu wissen, muss eine Frau jedoch keine Seherin sein. Wir hatten immer mal wieder Hebammen

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