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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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die Liebkosungen ihres Gemahls und der anderen jungen Galane, die sie in den Niederlanden unterhielt? Vermisste sie je das erfahrene Werben eines Mannes wie Heinrich von Navarra? Nahm sie sich je ältere Geliebte: Soldaten, Staatsmänner, Abenteurer?
    Gütiger Gott, was bin ich doch erbärmlich!
    Es hätte mir gut getan, wäre Mademoiselle Dariole hier gewesen, um mir in den Arsch zu treten.
    Ah, aber genau das war das Problem.
    Das Wetter passte zu meiner Stimmung und schien überdies genau das zu sein, was ich verdiente. Der Regen tropfte von meinem Hut auf den Mantel, den ich mir um den Leib geschlungen hatte, und Schlamm spritzte von den Pferdehufen auf meine Stiefel.
    Ein junger Mann hätte ihr vielleicht eine raschere Heilung bringen können. Womöglich würde sie sich inzwischen gar wieder nach einer liebevollen Berührung sehnen.
    Ich wusste, dass Mademoiselle Dariole Monsieur Rochefort nicht übermäßig vermissen würde, auch wenn sie das im Moment vielleicht noch glaubte. In ein, zwei Jahren würde sie sich von mir altem, sabbernden Narren einfach nur abgestoßen fühlen; anders war das gar nicht denkbar. Ein junger Mann wie Condé würde erscheinen – und falls sie ihn dann noch immer nicht heiraten könnte, würde sie zumindest eine wunderbare Mätresse abgeben.
    Gut eine halbe Stunde später ließ der Regen nach. Meine Laune besserte das allerdings nicht.
    Ich habe gegenüber Messire de Sully versagt, dachte ich grimmig. Egal ob das Ganze nun unvermeidbar gewesen war oder nicht. Jetzt blieb mir nichts anderes mehr übrig, als ihm gegenüber ein Geständnis abzulegen, damit er wusste, dass wenigstens ein Mann ihm nicht untreu geworden war. Was geschehen war, war eine Katastrophe, doch es war nicht durch die Hand eines Verräters geschehen.
    Wie auch immer … Ich hatte den Tod seines besten und ältesten Freundes verursacht. Wären da nicht Fludds beruhigende Berechnungen gewesen, es hätte mich nicht überrascht, wenn mein Herr mich am nächsten Baum würde aufhängen lassen.
    Ich lenkte meinen Gaul parallel zur Loire und ritt am Nordufer entlang. Es dauerte nicht lang, und die Straße wurde breiter. Ich kam an ein paar anderen Reisenden vorüber: Mönche, eine Gruppe von Adligen auf der Rückkehr von der Jagd, zwei Frauen und ein kleines Kind, das nach dem Regen fröhlich im Schlamm spielte. Hier und da erschienen die ersten Häuser, und am anderen Ende einer Brücke über die Loire lag eine kleine Stadt, um die ich jedoch herumreiten würde, damit niemand mir Fragen stellen konnte.
    Das Land ist ruhig, staunte ich. Kein Krieg mit Jülich-Kleve. Keine Bewaffneten auf den Straßen. Ich beschäftige mich ein paar Meilen damit, über die Nachrichten und Gerüchte nachzudenken, die ich gehört hatte. Heinrichs ›Großer Plan‹, all die Eroberungen, die er im Sinn gehabt hatte, waren mit ihm gestorben. War es vorstellbar, dass die Medici im Hinblick auf den Frieden die bessere Herrscherin war?
    Gut eine Stunde, bevor der Himmel vollkommen klar wurde, sah ich die roten Dächer des Château de Villebon hinter den Bäumen vor mir.
    Ich trat meinem Gaul die Sporen in die Flanken, und das Tier lief ein wenig schneller.
    Mein Herr, der Herzog, hat sich aus dem Ministerrat zurückgezogen. Er ist nicht länger der Surintendant de Finances und Erster Minister von Frankreich. Aber er ist noch immer ein Fürst mit der Gewalt über Leben und Tod. Das hier ist nicht Caterinas ›Revolution des Volkes‹. Das hier ist ein Land, in dem man einfach so gehängt werden kann, in dem man genauso der Besitz seines Herrn ist wie das Vieh.
    Die Sonne wärmte meinen fast trockenen Mantel.
    Mir drehte sich der Magen um, während Villebon immer näher kam. Es bedarf nicht viel, und ich mache auf der Stelle kehrt, dachte ich, während ich in die kleine Stadt ritt, die sich an das Château schmiegte. Es war hier bemerkenswert voll, und es dauerte eine Weile, bis ich meinen Gaul dazu überredet hatte, sich durch die Menge zu drängen.
    Ich ritt direkt zum Schlosstor, das in der Sonne offen stand. Zahlreiche Hufspuren deuteten daraufhin, dass vor gut zwei Stunden eine größere Gruppe hinausgeritten war. Messire de Sully würde für einige Zeit fort sein, schloss ich. Aber natürlich ist es durchaus möglich, dass es nicht der Herzog war, der hier geritten ist.
    »Ihr da!«, bellte eine Stimme nahe genug, dass ich mich mit dem Arsch im Schlamm wiedergefunden hätte, wäre mein Gaul ein wenig temperamentvoller gewesen. So jedoch

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