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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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gehen.«
    »Du bleibst hier. Du wirst Robert Fludd im Auge behalten und wenn nötig auch die Faust gebrauchen.«
    Dariole schnaufte verächtlich. »Ihr vertraut Euer Leben Fludds Vorhersagen an?«
    Ich stand auf. Hätte ich ihr den Rücken zukehren können, hätte ich es getan; dann wären mir die Worte leichter gefallen. Ich ergriff ihre linke Hand und schob die Spitzenmanschette hoch, bis der Ansatz der Narbe zu erkennen war.
    »Nun, ich vertraue dem, wofür andere gestorben sind.«
    Sie ließ mich ihre Hand festhalten. Selbst durch die Handschuhe hindurch spürte ich die Wärme und Weichheit ihrer Haut und die harten, starken Muskeln darunter.
    Ich sagte: »›Ein Mann muss seinem Herrn treu sein.‹ Darin stimmte ich mit Tanaka Saburo überein, auch wenn ich nicht die Absicht habe, so zu enden wie er. Mademoiselle, zuerst muss ich das tun. Wartet auf meine Rückkehr. In zwei, drei Wochen wird alles erledigt sein.«
    »In zwei, drei Wochen könntet Ihr tot sein.« Kurz presste sie die Lippen aufeinander. »Diese ganze Mathematik ist mir egal; die Medici-Hexe wird nichts vergessen haben! Wenn Ihr auch nur einen Fuß auf französischen Boden setzt, wird sie Euch töten lassen.«
    Ich bereitete mich auf einen langen Streit vor. »Nein, Mademoiselle. Ich werde gehen, und ich werde allein gehen. Ich … Ich kenne eine Wahrheit, die erzählt werden muss.«
    Sie hob das Kinn mit einer Sturheit, die mir nur allzu vertraut war. »Warum? Warum müsst Ihr das tun?«
    Was hatte ich noch einmal über Heinrichs Ermordung vor zwei Jahren gesagt? ›Sie wird scheitern, weil ich es so arrangiert habe.‹ Spöttisch lächelte ich in mich hinein. »Überheblichkeit, Mademoiselle. Ich bin einfach nur überheblich.«
    Dariole funkelte mich an.
    »Da ist der Mann, dem ich mein Leben verdanke«, sagte ich. »Auch falls er mittlerweile bereut haben sollte, mich gerettet zu haben, und mich lieber am Galgen sehen würde. Ich werde für Heinrichs Tod die volle Verantwortung übernehmen. Ich war es, der Ravaillac in die Rue de la Ferronnerie gebracht hat, und ich war es, der nicht gut genug auf ihn aufgepasst hat, sodass er Heinrich von Navarra den Dolch in den Leib rammen konnte. Das gestehe ich ein, und dafür werde ich mich der Gerechtigkeit stellen – aber ich bin kein Verräter. Und Sully muss das wissen. Ich muss es ihm sagen!«
    Gabriel erhob sich ebenfalls und wischte sich die Hände an der Hose ab. »Raoul, glaubst du, er wird dir für König Heinrichs Tod die Absolution erteilen?«
    Ich lächelte und schüttelte den Kopf. »Heinrich war seit den Achtzigern sein Freund und Herr. Sully hat Heinrich kurz nach der Bartholomäusnacht kennen gelernt. Sie haben zusammen gekämpft und zusammen regiert … Nein, der Herzog wird mir keine Absolution erteilen, eher das Gegenteil.«
    Er grunzte. »Warum gehst du dann?«
    »Weil ich ihm die Wahrheit sagen muss, bevor ich irgendetwas anderes tue.
    Es gibt keine Gerechtigkeit in der Politik; das ist nun wirklich nichts Neues für mich, und trotzdem … Es macht mich krank zu sehen, wie Maria di Medici gedeiht, sie, die ihren Gemahl hat umbringen lassen und niemals dafür zur Verantwortung gezogen werden wird. Maria di Medici, die nun Königin ist, bis ihr Sohn Ludwig das entsprechende Alter erreicht hat.
    Hätte ich ein anderes Temperament, ich würde nach Frankreich gehen und versuchen herauszufinden, ob es genauso leicht ist, eine Königin geplant zu töten wie einen König durch Zufall.«
    Gabriel zuckte mit den kräftigen Schultern. Er roch nach Schweiß und Cripplegate. »Du hast schon beim letzten Mal Glück gehabt, dass du da herausgekommen bist, Raoul. Du hast Mist gebaut, und …!«
    Dariole unterbrach ihn und funkelte mich an. »Robert Fludd soll hier bleiben und eine Pension beziehen, während Ihr nach Paris geht, um dort gehängt zu werden?« Ihre Hand schloss sich um das Heft des Dolches. »Caterina hatte Recht. Was für eine Art von Gerechtigkeit soll das sein?«
    Ich brachte ein Lächeln zustande, obwohl ihr Zorn mich rührte. »Mademoiselle, hätte ich mir selbst diese Frage in letzter Zeit nicht des Öfteren gestellt, würde ich Euch nun sagen, Ihr seid zu jung für solche Worte.«
    Die junge Frau hob den Kopf und schloss die Augen. Cripplegate im warmen Sommerregen: Das Wasser drückte wenigstens den Staub nieder, der ansonsten durch die Küche geweht wäre. Draußen jenseits der offenen Tür und des Hofs, rannten zwei jaulende Hunde über die nasse Straße und verschwanden in

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