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1610 - Knochen-Lady

1610 - Knochen-Lady

Titel: 1610 - Knochen-Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Kopfende.
    Dort befand sich die normale Wand. Die Steine waren mit grauer Farbe überpinselt worden.
    Eigentlich war alles sehr trist, wenn da nicht das Bild gewesen wäre, das sofort meine Aufmerksamkeit erregte. Zuerst dachte ich an ein Gemälde.
    Das stimmte nicht, wie ich beim Näherkommen feststellte. Das Bild war nicht gemalt, sondern fotografiert und vergrößert worden.
    In der gesamten Behausung hatte ich nirgendwo Bilder oder Fotos gesehen. Das hier war die große Ausnahme und das musste auch etwas zu bedeuten haben.
    Um das Motiv besser sehen zu können, musste ich näher herangehen.
    Ich hatte schon aus der Distanz festgestellt, dass es sich um einen Menschen mit dunklen Haaren handelte. Beim Näherkommen fiel mir auf, dass es eine Frau zeigte, und die sah verdammt scharf aus.
    Eine typische Verführerin. Eine wilde Mähne aus dunklen Haaren umgab nicht nur ihren Kopf. Das Haar reichte auch weit bis über den Rücken hinab. Das war nicht alles. Die Frau war nur spärlich bekleidet. Der größte Teil ihrer Brüste war zu sehen, ebenso die glatten Oberschenkel.
    Aber das war nicht alles auf dem Bild. In ihrem Outfit hätte sie auf ein Sofa gepasst oder auf ein Bett, doch das traf beides nicht zu. Sie saß auf dem Boden und war von Totenschädeln umgeben.
    Ich musste schlucken, als ich mir die Schädel anschaute. Da nichts gemalt war, mussten sie echt sein, das stand für mich fest. Sie saß schräg, hatte sich mit der linken Hand aufgestützt, blickte aber nicht auf ihre Totenschädel, sondern schaute den Betrachter an.
    Mir fiel der Schmollmund auf, die kleine Nase, das weiche Kinn und dazu zwei Augen die so gar nichts Weibliches an sich hatten, sondern kalt und abweisend blickten.
    Ich blieb eine halbe Körperlänge vor dem Bild stehen und wusste Bescheid.
    Diese junge Frau konnte nur Miranda sein.
    Der schöne Lockvogel oder eine teuflische Unschuld.
    Jetzt wusste ich wenigstens, wie sie aussah und dass sie Totenschädel liebte. Nur waren diejenigen, die sie umgaben, nicht farbig, sondern normal bleich.
    So sahen eben Gebeine aus. Knochen, und diese fast lolitahafte Schöne musste diese makabren Beigaben lieben. Etwas anderes kam für mich nicht in Betracht.
    Warum hängt man sich ein Bild oder ein Gemälde auf? Weil man das Motiv oder das Porträt liebt, und genau das muss hier auch der Fall gewesen sein.
    Rick de Soto und Miranda waren möglicherweise ein Paar. Oder er war in den Bann dieser Kindfrau geraten, die mit allen Vorzügen eines Vamps ausgestattet war. Und er musste voll und ganz darauf abgefahren sein. Wahrscheinlich auch auf die Totenschädel.
    Ich hielt mich noch im Schlafzimmer auf, als ich aus einem der anderen Räume ein Geräusch vernahm.
    Bevor ich nachschauen konnte, hörte ich bereits eine mir bekannte Stimme.
    »John, bist du da?«
    Ich atmete auf, denn es war Bill Conolly, der den Weg gefunden hatte.
    Er stand in der Nähe des Eingangs und schaute sich um. Und er war tatsächlich ohne Johnny gekommen. Aufmerksam sah er mir entgegen.
    »Und? Hast du etwas erreicht?«
    Ich blieb stehen und hob die Schultern.
    »Wie man’s nimmt. Zumindest kenne ich jetzt einen Namen. Miranda.«
    Bill zeigte ein knappes Grinsen.
    »He, der hört sich ja richtig geil an.«
    »Das ist diese Kindfrau wohl auch.«
    »Du kennst sie?«
    »Komm mit.«
    Bill nickte. Trotzdem konnte er sich nur schwer von der Umgebung lösen, die ihm äußerst fremd vorkam. Mit diesen künstlerischen Arbeiten konnte er nur wenig anfangen. Er kommentierte sie auch. Allerdings so leise, dass ich ihn kaum verstand.
    Ich ließ ihn das Schlafzimmer betreten und deutete auf das Bild über dem Bett.
    Mein Freund pfiff leise durch die Zähne.
    »He, das ist ein Sahneschnittchen.«
    Ich zuckte mit den Schultern und murmelte: »Wer es mag…«
    Bill hob die Augenbrauen. »Du nicht?«
    »Sie scheint mir ein wenig jung zu sein. Kaum erwachsen.«
    »Aber scharf wie eine Rasierklinge«, ergänzte Bill.
    »Das könnte sein, wenn man sich das Outfit vor Augen hält. Nur scheint mir das nicht so wichtig zu sein wie die Umgebung. Oder würdest du sagen, dass die Schädel zu ihr passen?«
    Bill lachte und schüttelte den Kopf.
    »Nein auf keinen Fall. Egal, wie jemand gekleidet ist, dieser Hintergrund passt zu keinem Menschen, wenn du mich fragst.«
    »Eben. Und trotzdem scheint er wichtig zu sein. Sonst hätte sie sich nicht mit den Schädeln fotografieren lassen.«
    »Stimmt.« Bill drehte sich so, dass er mich anschauen konnte. »Hast du

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