1612 - Der letzte Flug der LIATRIS SPICATA
wie gesagt eine möglichst hohe Fahrt vor dem Absprung und jedes noch so kleine Fünkchen Energie."
„Mach's kurz, Kommandant! Klartext!"
Valdez deutete auf das grellweiße Gleißen auf dem Panoramaschirm. „Wir lassen uns von der Sonne beschleunigen, solange es geht. Bis fast in die Korona hinein.
Und zwar ohne Schirmfelder, deren Energie wird anderweitig gebraucht."
„Und wie lange willst du das durchhalten?"
„So lange, wie es nötig ist", sagte Valdez. „Selbst wenn die Hülle der LIATRIS SPICATA zu glühen anfängt. Es kann gutgehen. Nur wenn wir das Pech haben, in eine Protuberanz hineinzufliegen, werden wir gegrillt."
Davina Taigaram lächelte mit schmalen, blutleer wirkenden Lippen. „Ich hoffe, du weißt, was du tust", sagte sie leise. „Ich sehe keine andere Chance", sagte Valdez in gleicher Lautstärke. Dann, mit mehr Kraft in der Stimme, fuhr er fort: „Also, Leute, was ist eure Entscheidung?"
„Rede nicht so viel, Valdez, tu etwas", klang es aus einem der Lautsprecher. „Je schneller wir das hier hinter uns bringen, um so besser."
Die Gesichter wirkten blaß, käsig und angespannt, als Valdez in die Runde blickte. Die Menschen hatten fünf Monate in einem havarierten Raumschiff verbracht, fünf harte, nervenverschleißende Monate. Und nun hatte die Angst sie schon wieder in ihrem würgenden Griff. Auf etlichen Stirnen war Schweiß zu sehen. Der säuerliche Geruch, der in der Zentrale hing, machte das Ausmaß der Angst auch auf andere Weise spürbar. „Auf die Posten!" ordnete Valdez an. „Am besten versammeln wir uns in der Zentrale, dort werden wir von der Hitze am wenigsten spüren."
Er blickte Davina Taigaram an.
Escobar Valdez hatte nichts dagegen, Schwierigkeiten zu bekämpfen und Probleme zu lösen; das gehörte zum Leben, es machte ihm Spaß, und außerdem war es sein Job.
Aber es gab gewisse Tage in seinem Leben, an denen er der Meinung war, das Schicksal könnte für ihn auch kleinere Bündel schnüren, die leichter zu tragen waren als das, was ihm jetzt aufgebürdet worden war.
Diesen Tag jedenfalls, den würde er ganz bestimmt nicht vergessen, diesen letzten Flug der LIATRIS SPICATA, bis ans Ende seiner Tage.
Das allerdings konnte schon in wenigen Stunden der Fall sein
5.
Lucienne DuPrez blickte Perry Rhodan an.
Aus der Nähe betrachtet, wirkte die kosmische Legende Rhodan seltsam bescheiden und normal. Lucienne hatte Rhodan schon einige Male getroffen; ihre Stellung als Chefin der Solaren Handelsbank hatte das mit sich gebracht. Seltsamer- und ironischerweise war das meistens bei Begräbnissen der Fall gewesen, beispielsweise beim Tod von Luciennes Vorgänger.
Damals hatte es nur zu konventionellem Geplauder gereicht, zu dem, was üblicherweise bei solchen Gelegenheiten geschwatzt wurde. In der Regel handelte es sich dabei um einen Austausch von Floskeln und standardisierten Redewendungen, dazu kam ein bißchen aktueller Klatsch und Tratsch - im Fall eines Arbeitsbegräbnisses hielt sich dieser Programmpunkt allerdings in Grenzen.
Was Lucienne nie erlebt hatte, war Perry Rhodan bei der Arbeit. Oder einer seiner Mitarbeiter und Freunde aus der Gilde der Unsterblichen.
Daß diese Menschen Zellaktivatoren trugen, war ihnen nicht anzumerken.
Nur wer ganz besonders gut aufpaßte, konnte gewisse kleine Abweichungen erkennen. Lucienne wußte nicht, ob das schon früher so gewesen war. In diesem Jahr 1200 NGZ jedenfalls schien es unter ZA-Trägern üblich zu sein, sich nicht oder nur sehr umständlich zu erinnern, wenn es sich um Daten aus den Zeitläufen von vor dem Jahr 1100 NGZ handelte. Selten nur konnte Lucienne eine knappe Bemerkung aufschnappen, einen Halbsatz, einen launigen Einwurf, der darauf hingewiesen hätte, daß die Erinnerung dieser Männer viele Jahrhunderte zurückreichte.
Es war, als wollten sie taktvoll und behutsam ihren Mitmenschen jeden Hinweis ersparen, der sie an deren eigene begrenzte Lebensdauer erinnert hätte.
Lucienne hielt das für eine beachtliche Leistung. Und Perry Rhodans kleine Kriegslist fand sie nachgerade genial.
Reginald Bull, Julian Tifflor und Lucienne DuPrez hatten sich in deren Amtsräumen versammelt. Auf einem Bildschirm lief eine Nachrichtensendung ab. „Sämtliche privaten Syntronverbindungen zur Allgemeinen Kreditkasse sind vor einer Stunde freigegeben worden", wußte der Nachrichtenpräsentator zu berichten. „Damit ist diese Bank die siebte der großen Bankunternehmungen Terras, die ihre Geschäfte wieder
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