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1612 - Der letzte Flug der LIATRIS SPICATA

Titel: 1612 - Der letzte Flug der LIATRIS SPICATA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Sekunde kam das Schiff der blauweißen Sonne näher und näher, und damit wuchs nach den unabänderlichen Gesetzen der Physik die Kraft, die von der Masse der blauweißen Sonne auf den Schiffskörper ausgeübt wurde.
    Valdez murmelte ein Stoßgebet.
    Es war eine Gefühlssache, der Instinkt eines im Raum verbrachten Lebens, der ihn handeln ließ.
    Diese Sonne war zu stark, der Kommandant spürte es. Diesen Wettkampf konnte die altersmürbe LIATRIS SPICATA nicht gewinnen. Der Unterschied zwischen den beiden auf das Schiff einwirkenden Kräften war nicht sehr groß, aber es gab ihn, und seine Konsequenzen waren unausweichlich. „Wenn nicht gegen dich", knurrte Valdez zwischen zusammengepreßten Kiefern, „dann eben mit dir, Todesstern!"
    In rascher Folge gab er seine Befehle. In den Reihen der Besatzung wurde ein Murren laut, aber die Menschen gehorchten. Die vielen Jahre, die sie miteinander verbracht hatten, hatten die Männer und Frauen der LIATRIS SPICATA gelehrt, auf den Riecher ihres Kommandanten zu vertrauen.
    Die LIATRIS SPICATA änderte ihren Kurs um hundertachtzig Grad; statt von der Sonne weg wurde das Schiff nun mit voller Kraft auf das Gestirn zu beschleunigt. „Was hast du vor, Kommandant?"
    Valdez erkannte die klare Stimme von Davina Taigaram; wie immer schwang ein leiser ironischer Ton darin mit. Die Frau mit dem bronzenen Teint und den gelblichen Augen hatte eine unnachahmliche Art, die Autorität des Kommandanten auf sanft spöttische Art in Frage zu stellen.
    Valdez deutete auf den Stern. „Wir benutzen ihn als Beschleunigungshilfe", sagte er. „Seine Anziehung wird uns schnell machen, und wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, gehen wir wieder in den Linearraum - und sind weg."
    „Vorzügliche Idee", kommentierte Davina sanft. „Und wenn wir den richtigen Zeitpunkt verpassen?"
    Valdez zuckte die breiten Schultern. Er schob die Mütze in den Nacken. „Werden wir im Nu verdampft", sagte er. „Es wird so schnell gehen, daß wir es gar nicht merken werden. Falls dich das tröstet."
    Davina ließ ein halblautes Lachen hören. „Eine Sonne als Grabstein, wie angemessen", sagte sie.
    Sie machte zwei Schritte, die sie dicht an den Kommandanten der LIATRIS SPICATA heranbrachten. Er konnte den herben Duft ihrer Haare riechen, als sie ihm etwas ins Ohr flüsterte. „Du machst Witze!" stieß er entgeistert hervor. Er hatte eine halbe Sekunde gebraucht, die leise Bemerkung von Davina geistig zu verarbeiten. „Nicht in dieser Lage", antwortete Davina. Sie tippte mit dem Zeigefinger an Escobars Stirn. Ein langer, goldlackierter Nagel, verziert mit einigen glitzernden Straßsteinen, pochte auffordernd gegen seinen Schädel.
    Es war das erste Mal seit Monaten, daß sie sich derart herausgeputzt hatte. „Ich hoffe, Kommandant, dein schlaues Köpfchen läßt uns nicht im Stich!"
    Escobar Valdez wußte nicht, was er jetzt murmeln sollte, einen Fluch vielleicht, eine Verwünschung, ein Gebet? Passend erschien ihm alles. „Wir werden es schaffen", sagte er dann, ohne Davina anzublicken. „Wir haben es immer geschafft, nicht wahr? Auch als dieser akonische Inspektor an Bord gekommen ist, haben wir es geschafft. Wir sind nicht im Konverter gelandet, und wir werden nicht in dieser Sonne umkommen."
    „Versprochen?"
    „Ich mache nie Versprechungen", gab Escobar zurück. „Verdammt, irgend etwas stimmt hier nicht!"
    Er studierte die Anzeigen der Instrumente und knirschte dazu mit den Zähnen. „Es wird knapp werden", sagte er dann zögernd. „Verflucht knapp."
    Er leckte sich die Lippen. „Herhören, Leute!" sagte er dann laut; die Bordkommunikation trug seine vor Erregung und Angst kratzig gewordene Stimme bis in den letzten rostigen Winkel der LIATRIS SPICATA. „Wir müssen eine Entscheidung treffen. Unsere Geschwindigkeit ist noch nicht hoch genug. Wenn wir mit dieser Fahrt in die Librationszone gehen, dann reißt uns die Kraft der Sonne in den Normalraum zurück. Wir werden dann zwar wahrscheinlich mitten in dieser Sonne herauskommen, also bei einigen zehn Millionen Grad Kelvin, was unseren Tod zu einer Angelegenheit von Millisekunden werden läßt..."
    „... aber doch nichts weniger als endgültig", kommentierte jemand. „Wir haben eine Chance, wenn wir gewissermaßen jeden Krümel Energie, die wir haben, für die Konverter verwenden. Wenn das Kompensationsfeld stark genug wird, können wir praktisch durch die Sonne hindurchfliegen, ohne daß uns ein Haar gekrümmt wird. Aber dazu brauchen wir

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