1616 - Mörderengel
Punkt, an dem er in der Lage war, eine Frage zu stellen, aber der andere kam ihm zuvor. Er senkte den Speer in seiner linken Hand und wies mit der Spitze auf Robert Perrys Brust.
Dann sprach er. Seine Stimme war menschlich, klang aber verfremdet, wie aus einem Lautsprecher kommend.
»Ich will deinen Wagen!«
Robert Perry sagte nichts. Er hatte mit allem Möglichen gerechnet, nur nicht mit dieser Aussage. Er war auch nicht in der Lage, eine Antwort zu geben. Er hätte beinahe sogar gelacht, aber die Gestalt kam ihm zuvor.
»Die Schlüssel und das Auto!«
Perry nickte. Dabei schielte er auf die Speerspitze. Dass sie sich in seinen Körper bohren könnte, war für ihn ein schrecklicher Albtraum.
Mit zitternden Fingern griff er in die Seitentasche seiner Jacke und holte den Autoschlüssel hervor. Erst jetzt merkte er, dass der Schweiß auf seiner Haut klebte. Es war so etwas wie Todesangst, die dafür gesorgt hatte.
»Wirf ihn zu Boden.«
Wie durch einen dicken Filter war der Befehl an seine Ohren gedrungen.
»Was soll ich tun?«
»Wirf ihn zu Boden!«
»Ja, ja…« Tu alles, was er sagt, dann wird er dich vielleicht verschonen.
Der Gedanke beherrschte ihn und wurde von einem anderen abgelöst.
Er wünschte sich, dass jemand kam und als Zeuge sah, was hier geschah. Leider ging dieser Wunsch nicht in Erfüllung, er und die fremde Gestalt blieben allein.
Rasmus bückte sich. Er konnte den Schlüssel nicht aufheben, weil er in beiden Händen eine Lanze hielt. Das hatte er auch nicht vor. Das Bücken war mehr ein Ablenkungsmanöver, denn plötzlich schoss die rechte der beiden Lanzen nach vorn.
Einen Augenblick später steckte sie tief in der Brust des Mannes, und eine Sekunde später war er tot!
Er hatte nicht mal mehr einen Schmerz gespürt. Und er stand noch auf den Füßen, weil ihn die in seiner Brust steckende Lanze hielt. Erst als sie mit einer wuchtigen Zugbewegung aus seiner Brust hervorgezerrt wurde, brach er zusammen. Jetzt schoss das Blut aus der großen Wunde, die diese mörderische Waffe hinterlassen hatte.
Robert Perry drehte sich im Fallen und landete bäuchlings auf den Fliesen, wo er sich nicht mehr rührte. Nur die Blutlache unter ihm nahm an Größe zu, was den Mörderengel nicht kümmerte. Er hielt seine Waffen mit einer Hand fest, bückte sich und hob mit der freien die Wagenschlüssel auf. Welches Fahrzeug er aufschließen musste, wusste er, denn er hatte sein Opfer schon seit einiger Zeit beobachtet.
Noch immer hatte kein anderer Mensch den Waschraum betreten. Das änderte sich auch jetzt nicht.
So konnte der Killer den Ort des Geschehens in aller Ruhe verlassen…
Wir fuhren wieder über die Autobahn. Keinem von uns war nach einem Lächeln zumute, dementsprechend ernst waren unsere Gesichter.
Natürlich gab es Tempolimits. Um die kümmerten wir uns jedoch nicht.
Wir mussten London so schnell wie möglich erreichen, und wir glaubten auch nicht, dass wir immer so schnell vorankamen wie in dieser Gegend, denn vor der Hauptstadt würde der Verkehr dichter werden.
»Kannst du das glauben, John, dass er sich schon im Yard Building aufhält?«
»Nur schwer. Dort muss er einfach auffallen. So leicht kann kein Fremder hineinkommen.«
»Und wenn, dann wird er ein Blutbad hinterlassen.«
Ich nickte. »So schätze ich ihn ein.«
»Genau das ist nicht geschehen«, sagte Suko voller Überzeugung.
»Wäre es passiert, hätte man uns angerufen. Es ist wohl nur eine Drohgebärde gewesen.«
»Das glaube ich nicht. Ich schätze ihn nicht so ein. Aber wer weiß, welche Pläne Luzifer ihm eingehaucht hat.«
»Leider«, stimmte mir Suko zu.
Er musste fahren, ich konnte mich voll und ganz meinen Gedanken hingeben, die nicht eben freundlich waren. Hier spielte jemand mit uns Katz und Maus, und ich glaubte nicht daran, dass davon nur Suko und ich betroffen waren. Dieser Rasmus hatte zum ganz großen Schlag ausgeholt, geleitet von Luzifer.
Für die vorbei fliegende Landschaft hatte ich keinen Blick. Abfahrten und kleinere Parkplätze huschten an uns vorbei. Um irgendwelchen Kontrollen und Verfolgern aus dem Weg zu gehen, hatten wir das Blaulicht aufs Dach gesetzt. Auch ohne Sirene zeigte es die gewünschte Wirkung. Wir konnten auf der Überholspur bleiben und ließen alle anderen Wagen zurück.
Die Zeit verging wie im Flug. Der nächste größere Ort, den wir erreichen würden, hieß Basingstoke. Eine kleine Stadt mitten in einer hügeligen und allmählich grün werdenden Landschaft, die sich
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