1616 - Mörderengel
auch kaum verändern würde, bis wir einige Meilen vor London waren. Dort verdichtete sich der Verkehr.
Mein Handy meldete sich nicht. War es ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Ich sah es nach kurzem Überlegungen als positiv an. Wäre etwas passiert, hätten wir schon Bescheid bekommen.
Vor Basingstoke mussten wir mit dem Tempo runter. Die Stadt breitete sich an der linken Seite aus. Wir sahen die Ansammlung der Häuser, auch einige Schornsteine und höhere Bauten, die zu einem Industrieviertel gehörten, aber auch jede Menge Natur. Dann waren wir vorbei, und die Straße lag wieder weniger befahren vor uns.
Suko, der alles im Blick hatte, meldete sich mit einer etwas besorgt klingenden Stimme.
»Da ist jemand hinter uns!«
Ich war in meinen eigenen Gedanken versunken gewesen und schreckte hoch. »Was sagst du?«
»Da hat es jemand verdammt eilig. Ein dunkler Wagen. Er hat sich auf unsere Fährte gesetzt.«
»Wie lange schon?«
»In der Höhe von Basingstoke habe ich ihn zum ersten Mal zu Gesicht bekommen.«
»Gut.« Ich drehte mich auf meinem Sitz um, schaute auch in den Außenspiegel und sah ihn ebenfalls. Er hing uns wirklich auf der Pelle.
Zwischen dem Jaguar und unserem Rover befand sich kein weiteres Fahrzeug mehr.
»Lass ihn überholen, Suko.«
»Und dann?«
»Werden wir erfahren, ob er etwas von uns will.« Ich schaute noch mal in den Spiegel. »Und wir werden erkennen können, wer den Jaguar fährt.«
Suko ging vom Gas, und blieb auf der linken Spur, und beide waren wir gespannt, wie der Fahrer des anderen Wagens reagieren würde. Er hätte jetzt überholen können, und eigentlich rechneten wir auch damit, aber er blieb hinter uns und hatte sein Tempo dem unseren angepasst.
»Da stimmt was nicht.«
Suko nickte. »Kannst du laut sagen. Leider kann ich nicht sehen, wer im Wagen sitzt. Der Jaguar hat getönte Scheiben, da ist es wirklich nicht einfach.«
»Okay, gib noch mal Gummi.«
»Gern.« Suko steigerte die Geschwindigkeit. Er lenkte den Rover wieder auf die rechte der drei Spuren. Es war klar, dass wir mit unserem Rover auf keinen Fall mit einem Jaguar mithalten konnten. Wenn der Fahrer an uns vorbei wollte, dann schaffte er das immer, es sei denn, er hatte etwas anderes vor.
Doch danach sah es nicht aus.
Auch der Jaguar wurde beschleunigt. Er holte schnell auf, und es wäre jetzt an uns gewesen, ihm die Bahn freizumachen. Das tat Suko nicht, das brauchte er auch nicht, denn der Jaguar schob sich auf der mittleren Fahrbahn an uns heran, sodass er bald die gleiche Höhe hatte.
Überholte er?
Nein, er blieb an unserer linken Seite, und ich warf einen schnellen Blick in das andere Fahrzeug.
Ja, die Scheiben waren getönt. Trotzdem nahmen sie mir nicht die Sicht auf den Fahrer.
Eine Gestalt wie eine Puppe. Bläulich schimmernd und unbeweglich.
Verdammt, das war er!
Suko hatte sich auf die Fahrt konzentrieren müssen. Wie nebenbei fragte er: »Siehst du ihn?«
»Ja, es ist Rasmus!«
Es war eine Antwort, die Suko zum Glück nicht erschreckte. Er behielt den Rover in der Spur und verzog ihn nicht. Wieder einmal zeigte er, wie gut seine Nerven waren.
»Und weiter?«
»Er tut noch nichts. Er will seinen Triumph anscheinend genießen.«
»Wenigstens ist er nicht in London.«
»Ein schwacher Trost.«
»Immerhin einer.«
Ich schaute nur nach links. Wie andere Fahrer die Situation erlebten, war mir egal. Ich wusste, dass Rasmus uns nicht zum Spaß verfolgte. Er würde uns wahrscheinlich nicht den Rest der Strecke begleiten, obwohl es im Moment danach aussah, denn er blieb noch an unserer Seite.
»Ich gehe mal vom Gas.«
»Okay.«
Suko stoppte recht heftig ab, und der Jaguar schoss an uns vorbei wie ein Formel-Eins-Bolide. Suko nutzte die Gelegenheit und fuhr auf die linke Fahrbahn. Hinter uns hupte jemand heftig. Das Signal tutete in unseren Ohren. Ein Trucker fühlte sich belästigt, was wir nicht hatten ausschließen können.
Der Jaguar war jetzt vor uns. Er fuhr ebenso langsam wie wir und schien darauf zu warten, dass wir ihn überholten. Den Gefallen taten wir ihm nicht.
»Will er uns von der Autobahn locken, John?«
»Ich denke schon.«
»Da muss er sich was einfallen lassen.«
»Und was machst du?«
Suko lachte kurz. »Ich lasse mir auch etwas einfallen.«
Da war ich gespannt. Meine innere Erregung hatte längst zugenommen.
Auf meiner Stirn lag Schweiß. Noch immer drehte sich das Blaulicht auf dem Dach.
Wieder ging es auf die rechte Seite. Und dann war es Suko,
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