1621 - Die Verdammten
müssen, und starr blieb ich auch nicht, denn ich bewegte meine Beine und trat heftig nach hinten aus.
Da gab es einen Widerstand, den meine Füße trafen. Es mussten die Beine des Verdammten sein, und ich beließ es nicht nur bei einem Tritt.
Immer wieder trat ich zu, bis ich spürte, dass sich der Druck und der Zug an meinem Rücken verringerte. Die Krallen hielten mich nicht mehr so stark fest, und das nutzte ich aus.
Eine Hand löste ich von der Bank. Es war die linke. Dann winkelte ich den Arm an und drehte mich wuchtig um, wobei ich den Ellbogen vorstieß. Er traf auf Widerstand. Das konnte nur der Körper des Verdammten sein.
Hinter mir hörte ich einen wütend klingenden Laut, dann lockerte sich der Griff, und auch ich ließ die Kirchenbank völlig los. Dann griff ich an.
Die Kreatur war nach hinten getaumelt. Ich glaubte nicht, dass sie irgendwelche Schmerzen spürte, sie hatte nur dem harten Druck folgen müssen, und ich sah sie zum ersten Mal wirklich vor mir. Es war zu bedauern, dass wir uns im Dunkeln gegenüberstanden, so war der Verdammte nicht so deutlich für mich zu sehen.
Ein helles Gesicht fiel mir auf. Der übrige Teil des Körpers verschmolz mit dem Grau in der Kirche. Dass er die Haare lang trug, sah ich trotzdem, und auch seine beiden sehr schmalen Schwingen, die hinter seinem Rücken ausgebreitet waren.
Es war klar, was er vorhatte. Er zögerte auch nicht länger. Zwei heftige Bewegungen reichten aus, dann stieß er der Kirchendecke entgegen und ließ mich zurück.
Zwei Sekunden später sah ich, dass er floh. Er versuchte es nicht mit einem nächsten Angriff, was mich schon wunderte. Ungeheuer schnell huschte er auf die offene Kirchentür zu, sackte kurz davor in Richtung Boden und war wenig später durch die Tür verschwunden. Im Freien hatte er alle Bewegungsmöglichkeiten, die er brauchte.
Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass ich meine Waffe gezogen hatte.
Zu einem Schuss allerdings war ich nicht gekommen, der Verdammte hatte einfach zu schnell die Flucht ergriffen.
Ich blieb nicht in der Kirche zurück und nahm die Verfolgung auf.
Der glatte Steinboden sorgte dafür, dass ich nicht so schnell laufen konnte, wie ich es mir vorgestellt hatte. So musste der Vorsprung des Nephilim schon recht groß sein, und ich würde dabei das Nachsehen haben.
Trotzdem stürmte ich hinein in die Nacht, die vom gelben Schein des Mondes erhellt wurde.
Er sorgte auch dafür, dass ich den Verdammten sah.
Er hatte nicht auf mich gelauert, um mich im Freien vernichten zu können. Er war hoch gestiegen und hielt sich etwa in Höhe Dachfirstes auf.
Eine zu weite Entfernung für einen sicheren Schuss.
Ich ließ den schon erhobenen Arm wieder sinken. Es lag zum einen an der Entfernung, aber es gab noch einen anderen Grund, und das war eine zweite Gestalt in seiner unmittelbaren Nähe.
Zuerst glaubte ich an eine Täuschung. Ich wischte mir kurz über die Augen und stellte dann fest, dass ich nicht doppelt gesehen hatte. Es gab über mir tatsächlich zwei Verdammte, und das zu erkennen versetzte mir einen ziemlichen Schock.
Der Fluch blieb mir in der Kehle stecken. Dafür stieg mir das Blut in den Kopf. Ich war wütend und enttäuscht. Ein Verdammter war schon schlimm genug, aber zwei?
Wie viele waren es noch? Möglicherweise hatte ich es mit einer ganzen Gruppe zu tun.
Ich ließ die beiden nicht aus den Augen. Sie hatten es sich da oben gemütlich gemacht. Durch schwache Flügelbewegungen sorgten sie dafür, dass sie auf der Stelle blieben, aber so standen, dass sie nach unten schauen und mich beobachten konnten.
Sie waren jetzt zu zweit, und ich fragte mich, ob sie nun den Angriff wagen würden.
Die Zeit verstrich. Wir belauerten uns gegenseitig. Wenn sie angriffen, würde ich zurück in die Kirche laufen und sie dort erwarten. Sie mussten sich dann durch den Eingang drängen, und dabei würde ich sie mit den Kugeln aus der Beretta treffen.
Nein, das hatten sie nicht vor. Fast war ich über ihre Reaktion enttäuscht, als sie ihre Flügel heftiger bewegten und in den dunklen Himmel stiegen.
Für einen Moment zeichneten sich ihre Gestalten wie zwei überdimensionale Fledermäuse vor dem Kreis des Vollmonds ab, dann waren sie weg, als hätte es sie nie gegeben.
Ich atmete aus, schloss sekundenlang die Augen und wusste, dass dieses Drama noch nicht beendet war. Ich hatte nur das Vorspiel erlebt.
Das böse Ende würde noch folgen.
»Es ist gut, dass Sie noch leben«, sagte hinter mir eine
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