1625 - ... dann holt dich der Teufel
auf den nackten Frauenkörper, ohne ihn jedoch so bewusst wahrzunehmen wie am Beginn. Bei dem Thema, das Lulu angeschnitten hatte, konnten keine heißen Gefühle mehr aufkommen. Im Gegenteil. Er wurde misstrauisch.
Er dachte auch wieder an die Angst seines Kollegen, doch er begriff nicht, was dies mit dieser Nackten zu tun haben konnte.
Vic leckte über seine trockenen Lippen, bevor er fragte: »Wieso kannst du so etwas sagen?«
»Ganz einfach. Weil es stimmt.«
»Und du hast Mike gesehen?«
»Habe ich. Er sah auch mich - so wie du mich jetzt siehst. Ich musste ihn mir holen, denn er ist zu neugierig gewesen. Er hat die Ladung nicht in Ruhe gelassen und etwas gesehen, was er nicht hätte sehen sollen. Das ist der Grund.«
Vic Coltraine schluckte. »Und was hat er gesehen?«
»Mich.«
Der Mann wollte lachen, aber das war nicht die richtige Gelegenheit dazu. »Dich?«
»Ja. Aber anders, als du mich jetzt siehst.«
»Was hat er denn gesehen?«
»Zu viel, mein Freund, und ich weiß nicht, ob er es für sich behalten hat. Daran kann ich eigentlich nicht glauben. Du und er, ihr seid ein Team gewesen.«
»Richtig.«
»Und da vertraut man sich.«
Vic Coltraine hatte mit diesen Aussagen seine Probleme. Er spürte, wie sich in seinem Körper etwas zusammenzog. Es war die Angst, die ihm einen Teil der Luft nahm, sodass er schwer atmete.
»Was bedeutet das alles? Ich habe keinen Durchblick mehr.«
»Ich muss auf Nummer sicher gehen.«
»Aha. Und weiter?«
»Es darf keine Zeugen geben. Ich weiß nicht, was Mike dir vor seinem Tod erzählt hat und…«
»Gar nichts!«, schrie Vic. »Er hat mir nichts Konkretes über dich erzählt. Er sprach nur von seiner Angst und davon, dass ihn der Teufel holen würde.«
»Damit hatte er gar nicht mal so unrecht.«
»Das weißt du?«
Lulu lächelte nur. Sie wollte sich nicht mehr mit diesem Thema beschäftigen. Andere Dinge waren viel wichtiger, und so kam sie wieder auf das zu sprechen, was sie wollte.
»Kannst du dich daran erinnern, dass ich dir sagte, Mike Short habe mich anders gesehen als du?«
»Ja, ja…«
»Er sah meine wahre Gestalt.« In ihren Augen blitzte es. »Und die wirst auch du jetzt zu Gesicht bekommen. Du sollst sehen, wie ich wirklich aussehe, und es wird der letzte Eindruck in deinem erbärmlichen Leben sein, Vic Coltraine…«
***
Wir hatten den Rover genommen und nicht Bills Porsche. Ich fuhr, wurde von Bill manchmal beobachtet und gefragt: »Was ist los mit dir? Du machst ein Gesicht, als stünde das Ende der Welt bevor.«
»So schlimm ist es nicht.«
»Wie schlimm dann?«
»Ich habe etwas übersehen, Bill.«
»Und was ist das?«
»Eigentlich hatte ich Vic Coltraine versprochen, ihn noch mal anzurufen.«
Bill hob die Schultern. »Machst du dir Sorgen um ihn?«
»Das nicht direkt.« Ich musste stoppen, weil sich vor uns eine Autoschlange gebildet hatte, bedingt durch einen Bus, dessen Fahrer wenden musste, weil er sich verfahren hatte.
»Sondern?«
»Ich denke, dass ich ihn anrufen sollte. Nur zur Beruhigung. Ich werde ihm sagen, dass ich mich verspäte.«
»Kannst du machen.«
Mein Blick glitt nach vorn. Der Busfahrer war noch immer mit seinem Wendemanöver beschäftigt. Es würde eine Weile dauern, bis er in der anderen Fahrtrichtung stand. Zeit genug für ein Telefonat, das auch nicht lange dauern sollte.
Die Nummer hatte ich mir notiert, holte mein Handy hervor und tippte die Zahlen ein.
»Ist er denn zu Hause?«, fragte Bill.
»Ich denke schon.«
»Dann mal los.«
Das war so leicht hingesagt. Die Verbindung stand sehr schnell, nur gab es keinen Menschen, der abhob, und ein Anrufbeantworter war ebenfalls nicht eingeschaltet.
»Keine Verbindung, John?«
»Sieht so aus.«
»Und jetzt?«
Ich überlegte mir die Antwort. »Es sieht nicht so gut aus, denke ich. Er hätte zu Hause sein müssen. Das scheint nicht der Fall zu sein.«
»Er kann es sich anders überlegt haben.«
»Ja, kann er…«
»Klang nicht überzeugend.«
»Ich bin auch nicht überzeugt, Bill. Ganz und gar nicht. Du kannst über mein Bauchgefühl die Stirn runzeln, aber ich denke, dass wir den Plan umwerfen.«
Bill begriff sofort. »Du willst zu ihm?«
»Genau. Jeremy Japp läuft uns nicht weg. Ich will sicher sein, dass Coltraine nichts passiert ist. Wir haben es mit Gegnern zu tun, die sich nicht offen zeigen. Zumindest nicht uns gegenüber. Vic Coltraine war Mikes Kollege und bester Freund. Es kann durchaus sein, dass die andere Seite ihm nicht traut.
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