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163 - Canyon der toten Seelen

163 - Canyon der toten Seelen

Titel: 163 - Canyon der toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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vernünftigen Verhandlungen bereit war. Jetzt war Matt endgültig klar, dass Kristallträumer keinerlei Hemmungen hatte, dass nichts mehr von den Waldmenschen in ihm war; ihre Sanftmut, ihre Fürsorglichkeit, ihr Streben nach Harmonie.
    Der Schamane war nur noch ein verzerrtes Abbild seiner Ahnen, ohne Empfindungen außer für sich selbst, versunken in seiner eigenen verschobenen Weltanschauung, die er für die wahrhaftige hielt.
    Kristallträumer war nicht mehr zu Verhandlungen bereit.
    Nun wollte er handeln.
    Er streckte die Hand aus. »Den Kristall«, forderte er im Befehlston.
    Matt schüttelte den Kopf. »Zuerst will ich wissen, wie es den Geiseln geht.«
    Sie hatten ihm das Funkgerät abgenommen. Als eine Frau es auf Geheiß des Schamanen brachte, sah Matt sofort, dass es zwecklos war. Sie waren nicht gerade sorgsam damit umgegangen.
    »Es ist kaputt«, sagte er. »Wozu?«
    Kristallträumer zuckte die Achseln. »Kinder. Sie sind neugierig. Vielleicht wollten sie wissen, was in dem Kasten steckt.« Erneut streckte er auffordernd die Hand aus.
    Aber Matt zögerte immer noch. »Was wird dann geschehen?«, fragte er. »Was wird aus uns?«
    »Ihr seid mir völlig gleichgültig«, antwortete der Schamane.
    »Ich will nur den Kristall. Ihr könnt gehen, natürlich ohne Waffen und Ausrüstung, und einen Weg aus den Felsen suchen. Wenn ihr Glück habt, schafft ihr es lebend bis nach oben, und da wird euch dann irgendwann die so sehnlichst erwartete Hilfe finden.« Er entblößte schwarz gefärbte Zähne in einem boshaften Grinsen. »Eure vertrockneten Leichname.«
    Windtänzer trat auf ihn zu. »Die Kinder«, sagte er. »Zuerst die Kinder und die alte Frau.«
    Kristallträumer wirkte ungeduldig. »Schnellwasser wird sie freilassen, wie versprochen.«
    »Welche Garantien bekommen wir?«, rief Matt. »Ich kann keinen Kontakt mehr zu meinen Leuten aufnehmen!«
    »Ihr habt das Wort eines Schamanen«, erwiderte Kristallträumer und deutete auf Windtänzer. »Hat er dir nicht gesagt, was das bedeutet?«
    Windtänzers Nasenflügel bebten. »Die Ehre eines Baumsprechers ist unantastbar«, sagte er leise. »Aber nur, solange er sich auf den weisen Pfaden bewegt, als ein Diener seines Volkes.«
    Kristallträumer wich einen Schritt zurück, blanker Hass spiegelte sich jetzt in seinen Augen. »Du wagst es, Frevler, an mir zu zweifeln?«
    »Was habt ihr meiner Tochter angetan?«, gab Windtänzer schneidend zurück.
    Matt sah erschrocken, wie sich etwas in dem Baumsprecher aufbaute, das aus seinen dunkelgrünen Augen strahlte, ein unheilvoller Funke, den der Erdmann schon einmal erlebt hatte und der einem anderen Menschen beinahe das Leben gekostet hatte. Normalerweise etwas Unvorstellbares bei dem friedlichen Waldvolk, erst recht bei dem sanften Windtänzer.
    »Glaubst du im Ernst, mich könnte noch irgendetwas zurückhalten, wenn sie tot ist?«, fuhr der Baumsprecher in unmissverständlich drohender Haltung fort. Er richtete seinen Blick auf Schnellwasser, der ihn trotzig erwiderte.
    Aber nur ein paar Sekunden. Dann flüchtete der junge Mann mit den kurzen, roten Haaren zu Kristallträumer. »Sag ihm, er soll aufhören! Ich… ich kann das nicht …«
    Windtänzers Blick hielt ihn fest. »Meine Tochter«, knurrte er tief.
    Niemand wagte einzugreifen, auch Matt nicht. Er befürchtete, durch seine Einmischung alles nur noch zu verschlimmern.
    Kristallträumer regte sich ebenfalls nicht, er verfolgte die Szene mit wissenschaftlichem Interesse, wie ihm deutlich anzusehen war. Er sah offensichtlich keinen Grund, einzugreifen. Noch nicht. Das konnte schnell umschlagen.
    Schnellwasser wand sich und winselte. Seine Schwester Sandperle schien hin und her gerissen, was sie tun sollte. Matt sah Angst und Sorge. Sie umklammerte die Hand ihrer Tochter fester und hielt sie dicht an sich.
    »Es geht ihr gut!«, schrie der Junge schließlich. »Ich würde niemals so sein wie du!«
    »Warum kann ich sie dann nicht mehr fühlen?«, schnappte Windtänzer. »Das Band zwischen uns ist stark, es hält auch auf diese Entfernung! Aber ich kann sie nirgends mehr finden!«
    »Sie… sie … hat gesungen«, stieß Schnellwasser hervor und fuhr sich mit zitternder Hand über das Gesicht, als wollte er etwas wegwischen. »Da waren immer diese Bienen… ich mag keine Bienen …«
    Matt konnte nicht mehr tatenlos zusehen. Windtänzer stand kurz davor, den Jungen anzugreifen. Er wagte es allerdings nicht, ihn mit Worten aufzuhalten oder zu berühren. Das Beste,

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