163 - Der Flaschenteufel
wie jetzt.
Auf einem niedrigen Tisch ein rotsamtenes Tuch, und darauf stand die Kugelflasche. Sie konnte nicht fortrollen. Eine geheimnisvolle Kraft hielt sie unverrückbar fest. Dieser Raum war eigens nur für die Flasche und den Geist darin reserviert; niemand außer Mahmed Akhamoud durfte diesen Raum betreten, niemand wußte, was sich in ihm befand. Ein Diener hatte das fensterlose Zimmer einmal aus Versehen betreten, und Akhamoud hatte ihn noch am gleichen Tag hinrichten lassen. Akhamoud hielt den Flaschenteufel wie einen Gefangenen. Er hatte panische Angst davor, daß ein anderer die Flasche an sich bringen und sich den Geist dienstbar machen könnte. Im gleichen Moment würden sein Reich und er selbst fallen. Zu genau wußte Akhamoud, daß er Akbar alles verdankte und daß Akbar ihm auch alles wieder nehmen konnte.
Und er schreckte selbst vor einem oder mehreren Morden nicht zurück, um das Gewonnene zu halten. Denn etwas anderes als Mord war die Hinrichtung des Dieners nicht gewesen. Seither schloß Akhamoud das Zimmer mit mehreren Sicherheitsschlössern ab, die er selbst angebracht hatte.
Akbar hatte ihm damals geholfen, und er half ihm auch jetzt noch. Es gab Menschen, die Akhamoud seinen Reichtum und seinen Erfolg neideten. Sie sandten Attentäter aus. Akbar deckte die Pläne auf, und Akhamoud schlug zurück, indem er die Mordkommandos sofort unschädlich machen ließ.
Schon nach kurzer Zeit sprach sich dieses Verfahren unter der Hand herum, und es gab keinen Killer mehr, der es wagte, einen Auftrag gegen Akhamoud anzunehmen. Obgleich der Scheich sich scheinbar sorglos in der Öffentlichkeit gab, war es niemals gelungen, ihn anzugreifen. Es war, als sei er mit dem Teufel im Bund.
Daß es wirklich so war, wußte nur Akhamoud selbst.
Er wußte jetzt, wie bösartig der Flaschengeist war. Er wußte jetzt, daß dieser einen hohen Blutzoll verlangte als Dank für seine Dienste. Und Akhamoud sehnte sich nachgerade Feinde und Mißgünstige herbei, mit denen er abrechnen konnte, damit Akbars Blutdurst gestillt werden konnte.
Und doch - Akhamoud kam nicht mehr von Akbar los. Er war längst schon in die Abhängigkeit des Flaschenteufels geraten. Er mußte das grausame Spiel weitertreiben. Denn wenn er aufhörte, war er selbst des Todes.
Und dieser Preis war ihm zu hoch. Ihm, der über Leben und Tod anderer entschied wie die Paschas, Emire und Sultane vergangener Jahrhunderte. Jeder andere hätte die Polizei zu fürchten gehabt, nicht aber Akhamoud. Denn der Geist Akbar hielt seine schützenden Klauen immer wieder über ihn. So wie auch jetzt wieder.
Das Gefäß wurde durchsichtig und zeigte die kleine grüne Bestie, die so abstoßend häßlich war und doch in Akhamouds Augen wunderschön wirkte. Der Flaschengeist meldete sich wieder auf seine lautlose Art.
Sieh dich vor, Scheich. Jemand hat von mir erfahren. Wenn du willst, daß ich dir weiterhin zu Diensten bin, dann solltest du mich schützen.
„Von dir erfahren, oh Akbar?" stieß Akhamoud überrascht hervor. „Wie kann das sein? Du bist abgeschirmt, und niemand außer mir weiß von dir! Die einzige, die es einst wußte, war Ahsali - und sie ist tot."
Ja,
kicherte Akbar.
Sie kann mich nicht mehr verraten…
Akhamouds Augen weiteten sich. Seine Hände umklammerten die Flasche. „Hast
du
etwa - hast du sie getötet? Das ist nicht wahr! Sag, daß es nicht wahr ist!" Alles in ihm krampfte sich zusammen.
Er hatte nie darüber nachgedacht, warum Ashali bei der Geburt des Kindes gestorben war. Er hatte es einfach hingenommen. Er hatte sie betrauert und trauerte immer noch. Aber deutete jetzt, nach so vielen Jahren, die Bemerkung des Geistes nicht darauf hin, daß möglicherweise er seine Klauen im Spiel hatte?
Kümmere dich um meinen Schutz!
verlangte Akbar, ohne auf Akhamouds Frage einzugehen.
Vergiß niemals, was du mir verdankst. Magie wirkte und ließ andere erfahren, daß es mich gibt. Ich spürte den tastenden Geist, der nicht einmal ahnte, was er erspürte. Doch andere zogen die Schlüsse, und sie kommen. Hüte dich vor dem Mann, den sie Dämonenkiller nennen. Wenn der Komet leuchtet, verliere ich meine Kraft. Du wirst mich beschirmen.
„Natürlich", stammelte Akhamoud.
Er konnte die panische Angst nicht erkennen, die Akbar seit kurzem erfüllte. Denn der Geist in der Flasche hatte einen Blick in die Zukunft getan.
In eine erschreckende Zukunft.
Als die Flasche sich wieder verdunkelte, machte Akbar sich bereit. Er hatte die Saat gelegt, und
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