163 - Der Flaschenteufel
Hinter der Tür hörte Coco das Toben Akbars in der Flasche. Der Flaschenteufel sah sein Ende vor Augen. Er wußte, daß er verloren war, wenn Coco ihn jetzt erreichte. Sie selbst wußte zwar noch nicht, wie sie das jetzt anstellen sollte, nackt und waffenlos wie sie war - denn selbst die Spirale aus Silberdraht hätte jetzt keine Wirkung. Aber es würde ihr schon etwas einfallen. Und sie hoffte inständig, daß der magielose Zustand lange genug anhielt, um das zu tun, was sie tun mußte.
Akhamoud stieß die Tür auf. Er brach zusammen, als er Akbar sah.
Die kugelförmige Flasche war transparent, und sie war auf das vierfache ihrer Größe angeschwollen. Darinnen war das grüne, teuflische Wesen zu sehen, das wie wahnsinnig tobte und um sich schlug. Zähne blitzten, Geifer tropfte aus dem Maul der dämonischen Kreatur. Coco schauderte. Wenn es dieser Bestie jemals gelang, ihre Zähne und Klauen in Cocos Körper zu schlagen…
Es durfte nicht geschehen.
Sie stieß den Scheich mit dem Fuß an. „Sprich", herrschte sie ihn an. „Wie kann man dieses Biest vernichten? Du mußt es wissen, du warst lange genug mit ihm zusammen. Du kennst seine Schwachpunkte."
Akhamoud hob den Kopf und sah sie von unten herauf angstvoll an.
„Tu es nicht", flüsterte er. „Vernichte ihn nicht… Ich brauche Akbar! Zerstöre ihn nicht… bitte…" Wie schwer mußte es ihm fallen, so zu bitten! Ihm, der vor Minuten noch kaltblütig den Tod für drei Menschen befohlen hatte: Für seinen Diener, für Coco und für die Doppelgängerin!
„Du darfst Akbar nicht zerstören…"
Zerstören! Das war es!
In der Flasche tobte der Geist wie ein Irrer. Er konnte nicht verhindern, daß Akhamoud zum Verräter an ihm wurde. Akbars Magie war gelähmt.
Coco sprang vor. Sie stieß die Flasche an. Sie rollte vom Tisch und zersplitterte auf dem Fußboden. Die Scherben wurden überallhin geschleudert. Gleichzeitig schrumpfte sie zu ihrer normalen Größe zusammen. Mitten zwischen ihnen aber lag der ebenfalls geschrumpfte Akbar. Er wand sie wie ein getretener Wurm, kreischte, schlug und biß um sich. Er schnappte dabei nach Luft, als müsse er ersticken.
Und genau das war es auch.
Akbar erstickte!
Auf irgendeine Weise, die Coco nicht begriff, war Akbar an das Innere seines Behältnisses gefesselt. Jetzt, im Freien, war er nicht mehr lebensfähig.
Fünf Minuten später war es vorbei.
Dorian Hunter brauchte Zeit und Überredungskunst, den Neapolitaner dazu zu bringen, ihn nicht sofort als nächtlichen Einbrecher zu erschießen. Immerhin war es für den Mann recht unerklärlich, wie der Dämonenkiller auf seinen Balkon im dritten Stock gefallen war, ohne Leiter, ohne jegliches Hilfsmittel. Daß Dorian vom Dach gestürzt war, konnte er einfach nicht glauben.
Aber irgendwann ließ er sich dann doch dazu überreden, die letzte Handschelle zu knacken und Dorian von der Kette zu befreien. Erleichtert verließ Dorian das Haus.
Von der Dämonin war nirgendwo etwas zu erkennen. Wahrscheinlich hatte sie es aufgegeben, Dorian hier, jetzt und in dieser Nacht töten zu wollen.
Er erinnerte sich noch an das Hotel, vor dem ihm Angelina eher zufällig entgegengetreten war - glaubte er. Er fand es nach kurzem Suchen. Aber dann stand er vor dem Problem, das Zimmer der Dämonin zu finden. Er gab dem Nachtportier zwar eine Beschreibung und den Vornamen Angelina an, aber das half auch nicht sonderlich weiter, zumal der Mann nicht willens war, die Nachtruhe der Signorina wegen eines dahergelaufenen Ausländers zu stören, geschweige denn, den Mann auch nur einen Zentimeter weiter als bis vor die Barriere der Rezeption zu lassen.
„Himmel, diese Frau hat mein Reisegepäck an sich genommen!" stöhnte Dorian, „und ich brauche, verdammt noch mal, die Sachen!"
Der Nachtportier blieb stur und verstand plötzlich kein Italienisch mehr. Statt dessen murmelte er etwas von Carabinieri.
Dorian wurde es zu bunt.
Er entsann sich, in welchem Stockwerk er aus dem Fenster geflogen war. Auf diese Aktion war bestimmt das ganze Hotel aufmerksam geworden, aber darüber wollte er jetzt nicht diskutieren; die Sache war in dieser Hinsicht ohnehin restlos verfahren. Er hätte es geschickter anfangen müssen. Wenn er jetzt auf das Fenster und das Bett zu sprechen kam, würde der Mann hinter der Rezeption erst recht die Carabinieri anrufen.
Dorian rannte einfach los und erreichte die Treppe, ehe der verblüffte Nachtportier begriff, wie ihm geschah. Er rannte hinter Dorian her,
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