1631 - Die Taiga-Göttin
die andere Frau zu sich heran.
Wir hatten die Person noch nie gesehen und wussten trotzdem, wer sie war.
Das konnte nur Helen Sarow sein, und danach fragte auch Karina sie.
»Ja!«, stieß sie hervor. »Ja, ich bin es.«
»Dann ist es okay.«
»Nein, nichts ist okay!« Helen versuchte, sich aus dem Klammergriff zu befreien. »Ich muss nach Hause. Ich muss zu meinem Sohn!«
»Ihm geht es gut. Pavel ist in Ordnung.«
Von einem Moment zum anderen wehrte sich die Frau nicht mehr. Sie hatte den Namen ihres Sohnes gehört, hob den Kopf an und drehte ihren Körper leicht zur Seite.
»Sie kennen Pavel?«
»Ja, wir kommen von ihm.«
»Das ist nicht wahr!«
»Doch, wir waren bei Ihrem Haus, Mrs. Sarow.«
Pause. Ein kurzes Nachdenken. »Und wer sind Sie? Was haben Sie hier zu suchen?«
»Wir wollen Ihnen helfen.«
»Ich kenne Sie nicht.«
Ich mischte mich an. »Doch, Mrs. Sarow, wir wollen Ihnen helfen. Karina Grischin ist extra aus Moskau gekommen, und ich heiße John Sinclair. Wie auch mein Kollege Suko bin ich von Scotland Yard. Sie können Vertrauen zu uns haben.«
Stumm starrte sie uns an. Sie konnte die Neuigkeiten nicht so schnell fassen und musste sie erst verdauen. Der ungläubige Ausdruck verschwand nicht aus ihrem Gesicht. Sie begann leicht zu schwanken.
»Ist das wahr?«
»Ja«, sagte Karina, »und Sie können sich darauf verlassen, dass wir auf Ihrer Seite stehen. Ihr Sohn Pavel hat uns gesagt, dass Sie und Ihr Mann von Aliens entführt worden sind.«
»Ja, das behauptet der Junge.«
»Es waren keine Aliens. Stimmt es?«
»Und ob das stimmt, Miss…«
»Ich heiße Karina Grischin. Sie können Karina sagen.«
»Danke. Es stimmt natürlich nicht. Das sind keine Aliens gewesen, das sind andere Typen und sie sind gefährlich. Sie haben meinen Mann geholt. In ihnen steckt etwas Ungewöhnliches und Beklemmendes. Sie sind in der Lage, durch eine geschlossene Tür zu gehen. Es ist eine fremde Kraft in ihnen, die ihnen die Göttin gegeben hat.«
»Haben Sie diese Göttin gesehen?«, wollte ich wissen.
»Ja, das habe ich. Ich war in ihrer Nähe. Ich habe auch die Verwandlung meines Mannes mit ansehen müssen, stellen Sie sich das vor!« Sie fing an zu lachen. »Er ist nicht mehr so wie früher. Er ist jetzt wie die anderen fünf Männer geworden, die ich auch sah.«
»Wo war das?«
»Nicht weit von hier.«
Karina, Suko und ich tauschten einen Blick.
»Zeigen Sie uns den Ort?«
»Ich habe aber Angst.«
Mein Lächeln sollte sie beruhigen. »Das brauchen Sie nicht mehr. Wir sind jetzt bei Ihnen.«
»Gut. Aber ich weiß nicht, was Sie erwarten wird. Ich weiß nur, dass mein Mann zu einem anderen geworden ist. Er sieht zwar noch so aus wie immer, aber er hat sich trotzdem verändert, und daran ist diese Göttin schuld.«
Die Aussage war uns zu allgemein. Wir wollten mehr wissen, und nachdem wir in die Richtung losgegangen waren, die uns die Frau wies, stellten wir Helen Sarow Fragen, die sie auch beantwortete, sodass wir ein konkretes Bild von dem bekamen, was sich auf der Lichtung abgespielt hatte.
Es hatte sich zwar unglaublich angehört, aber wir waren an unglaubliche Geschichten gewöhnt, und so nahmen wir jedes Wort ernst.
Dann erreichten wir die Lichtung.
Sie war leer.
Helen weinte leise. Dabei schluchzte sie: »Wo ist mein Mann? Wohin haben sie ihn geschafft?«
Karina sprach mit weicher Stimme zu ihr. »Wir wissen es nicht, aber wir werden ihn finden.«
»Ich weiß nicht. Aber dann wird er nicht mehr so sein, wie ich ihn kenne.« Sie klammerte sich an Karina fest. »Ich möchte nicht länger hier bleiben. Verstehen Sie das?«
»Sicher.«
»Ich will wieder nach Hause. Dorthin, wo unser Sohn Pavel ist. Auch um ihn habe ich Angst.«
Karina schaute uns an. »Gehen wir?«
Ich nickte, denn hier gab es nichts mehr zu finden. Wir mussten nach Igor Sarow suchen. Aber auch der Sohn musste geschützt werden.
Helen hatte uns alles genau erklärt. Wir waren darüber informiert, was mit Igor geschehen war. Er war von dem mächtigen Geist der Göttin übernommen worden, und wenn das alles wirklich so zutraf, dann würde er kaum noch einen eigenen Willen haben.
»Wollen Sie nicht?«, fragte Helen.
Ich nickte ihr zu. »Doch, wir werden zum Haus zurückgehen. Haben Sie keine Angst…«
Helen Sarow war erleichtert. »Kommen Sie mit. Ich werde Sie führen. Es wird allmählich dunkel. Da kann man sieh schon fürchten.«
Helen brauchte eine gewisse Sicherheit und fasste nach Karinas Hand, die sie
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