1631 - Die Taiga-Göttin
du damit?«
»Das sage ich dir gern. Wir alle haben einen Fehler gemacht, denke ich.«
»Und welchen?«
»Wir haben uns zu stark auf Rasputin konzentriert. Auch wenn einiges darauf hinweist, so gehen mir doch andere Gedanken durch den Kopf. Und ich wundere mich, dass du nicht darauf gekommen bist.« Er lächelte knapp und sagte dann: »Denk an den Geist, den du gesehen hast. Ich glaube eher, dass wir uns auf ihn konzentrieren sollten. Er oder seine Macht kann hinter allem stecken.«
»Und Rasputin ist außen vor?«
»Das weiß ich nicht. Ich will nicht ausschließen, dass es eine Verbindung zwischen beiden gibt. Wichtig ist vor allen Dingen Igor Sarow. Ich glaube nicht, dass er dir alles erzählt hat, was er weiß. Man hat ihn ja nicht grundlos attackiert. Ich denke, dass er der springende Punkt ist und du nur über ihn weiterkommst. Es stellt sich nach wie vor die Frage, warum dieser Tschekko ihn aufgesucht hat. Das hat er dir nicht gesagt - oder?«
»Nein, nicht wirklich.«
»Dann sollten wir ihn kontaktieren, damit wir mehr von ihm erfahren.«
Das hatte ich sowieso vor. Es stellte sich nur die Frage, ob er in der Botschaft seinem Dienst nachging oder wir ihn zu Hause antreffen würden.
Ich versuchte es zuerst in der Botschaft. Dort war er nicht. Man sagte mir, dass er sich krankgemeldet hatte, was ich kommentarlos zur Kenntnis nahm.
»Also bleibt nur seine private Adresse«, murmelte ich.
Suko nickte. »Okay, fahren wir hin.«
Ja, auch ich glaubte, dass es die beste Lösung war. Igor Sarow wusste bestimmt noch mehr. Da er seinen Dienst nicht angetreten hatte, gingen wir davon aus, dass er noch bestimmte Dinge zu erledigen hatte…
***
Igor Sarow war schon früh auf den Beinen gewesen. Das heißt, er hatte in der Nacht so gut wie nicht geschlafen. Er hatte in der Botschaft angerufen und sich erst mal krankgemeldet.
Ob das die richtige Lösung gewesen war, wusste er nicht. Zudem litt er unter einer starken Angst. Sie galt nicht nur ihm allein. Er musste immer daran denken, dass er Familie hatte.
Da gab es seine Frau Helen, eine Britin, mit der er seit fünfzehn Jahren verheiratet war.
Beide liebten sie ihren Sohn Pavel abgöttisch. Der Zehnjährige hätte um diese Zeit normalerweise in die Schule gehen müssen, aber es waren Ferien, und darüber dachte der Mann nach, als er ins Bad ging und sich unter die Dusche stellte.
Er wollte sich den Schweiß abwaschen, der seinen ganzen Körper bedeckte.
Es war ihm klar, dass er seine Angst damit nicht loswerden konnte und ebenfalls nicht das Gefühl, heimlich beobachtet zu werden.
Er ging davon aus, dass es eine andere Seite gab, die jetzt etwas von ihm wollte.
So ganz ahnungslos war er nicht. Da musste er nur einige Jahre zurückdenken.
Da hatten sie ihn angeworben, da hatte er alles noch als ein großes Abenteuer empfunden und nie damit gerechnet, dass ihn bestimme Dinge einmal einholen würden.
Leider war das jetzt der Fall. Der Besuch des Killers war der Beweis. Er wurde gebraucht. Es war nicht vorbei. Die Zeit hatte die Wunden nicht geschlossen.
Und es gab noch ein weiteres Problem. Das hing mit seinem persönlichen Umfeld zusammen.
Er hatte sich auf ein normales Familienleben eingerichtet. Die Sarows hatten sich hier ihre eigene kleine Welt geschaffen. Sie waren voll integriert, hatten Freunde, feierten Partys, und niemand fragte den anderen, was er war und woher er kam.
Diese Welt hatte jetzt einen Riss bekommen, und damit war Igor gedanklich wieder bei seinem Problem.
Helen, seine Frau, wusste nichts von seiner Vergangenheit. Okay, sie war darüber informiert, wo er arbeitete und dass er ein Geheimnisträger war, aber seine Vergangenheit vor der Eheschließung lag schon im Dunkeln. Über seinen Schwur oder Eid hatte er nichts verlauten lassen, und er musste sich jetzt damit befassen.
Igor war klar, dass sein und das Leben seiner Familie wohl nicht mehr so normal weiterlaufen würde wie bisher. Er wusste zudem nicht, ob sie in dem kleinen gemieteten Haus bleiben konnten. Es hatte einen Toten gegeben, und er war dabei gewesen, und so würde sich die Polizei noch mit ihm in Verbindung setzen. Besonders der Mann, der ihm das Leben gerettet hatte.
Sinclair würde mit ihm reden wollen. Der Scotland-Yard-Mann würde zu ihm kommen, und dann würde er seiner Frau etwas erklären müssen, was er nicht wollte. Sein Sinnen und Trachten stand danach, sie aus der Sache herauszuhalten. Am besten war es, wenn er sie wegschaffte. Da gab es auch eine
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