1637 - Der Spuk, der Nebel und wir
nicht hinbeamen können. Es ist ja sowieso nicht leicht für dich. Deshalb können wir es vergessen.«
»Das will ich aber nicht.«
Suko hob die Schultern. »Was bleibt dir sonst? Sei ehrlich.«
»Kannst du dich denn mit Johns Verschwinden abfinden?«
»Nein. Aber ich muss es, Glenda, und du musst es auch. Dieses Spiel wird in einer anderen Liga ausgetragen. Da können wir nicht mithalten. Das ist zwar schlimm, aber eine Tatsache. Wir müssen einfach warten.«
»Ja«, flüsterte sie, »sieht so aus.« Sie schaute in ihre Kaffeetasse. »Und mit jeder Minute, die vergeht, sinkt meine Hoffnung. Willst du nicht Sir James anrufen?«
Suko hob den Blick. »Nein, das möchte ich nicht. Das würde auch nichts bringen. Er hat genug zu tun mit seiner Konferenz. Er soll sich weiterhin darauf konzentrieren.«
»Wie du meinst. Dann bleibt für uns eigentlich nur die quälende Warterei.«
»Leider.«
Es passte beiden nicht. Das waren sie nicht gewöhnt. Der Ärger und die Wut waren an ihren Gesichtern abzulesen. Aber auch vermischt mit einem Gefühl der Hilflosigkeit.
Glenda stellte eine Frage, für die sie sich selbst hatte überwinden müssen.
»Glaubst du, dass John noch am Leben ist?«
»Ja!«
Sie zuckte leicht zusammen. »Hast du das jetzt einfach nur so gesagt, damit ich beruhigt bin oder…«
»Nein, nein, keine Sorge. Daran glaube ich wirklich.«
»Und warum?«
Suko ließ ein leises Lachen hören. »Weil ich John kenne. Der ist nicht so leicht unterzukriegen. Er ist ein Typ, der den Teufel aus der Hölle holt. So leicht ist er nicht zu töten. Er kann sich wehren.«
»Das hat er aber nicht gegen seine Entführung getan.«
»Ja, das ist richtig. Aber kann es nicht sein, dass er sich nicht wehren wollte?«
Glenda sagte zunächst nichts. Sie musste nachdenken, kam zu keinem Ergebnis und fragte nach: »Hast du das wirklich so gemeint?«
»Ja.« Suko beugte sich vor. »Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass John freiwillig mit seinem Entführer gegangen ist. Je länger ich darüber nachdenke, umso stärker wird die Gewissheit in mir.«
Glenda musste erst darüber nachdenken. Dabei runzelte sie die Stirn und bewegte ihre Lippen, sagte aber nichts, sondern blies die Luft aus.
»Und?«
»Ja, Suko, ja.« Sie nickte. »Ich glaube, es ist besser, wenn ich mir angewöhne, genauso zu denken. Dann werde ich viel eher mit der Situation fertig.«
»Das ist gut.«
»Aber stimmt es auch mit den Tatsachen überein? Das ist mein Problem.«
»Wir kennen keine Tatsachen, wir kennen nur die Hoffnung. Und wir wissen, dass John kein heuriger Hase ist. Der kennt sich aus. Der hat schon Situationen überstanden, in denen andere Menschen verzweifelt und auch längst tot wären. Darauf setze ich voll meine Hoffnung.«
Glenda lehnte sich zurück und knetete mit den Fingern ihr Gesicht. »Ja, es ist wohl wirklich besser, wenn man so denkt.«
»Versuche es.«
Zwischen ihnen baute sich wieder das Schweigen auf. Es war alles gesagt worden. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als zu warten. Glenda und Suko hofften ja, dass sich die Tür zum Vorzimmer öffnen und John dort erscheinen würde. Oder dass sich zumindest das Telefon meldete und sie eine Nachricht erhielten, die sie aufatmen ließ.
Beides trat nicht ein. Dafür aber geschah etwas völlig Unerwartetes.
Glenda spürte es zuerst. Sie hatte ihre Hände wieder sinken lassen und sie flach auf den Schreibtisch gelegt. Noch in dieser Haltung zuckte sie einige Male mit den Schultern und verhielt sich wie jemand, dem kalt geworden war.
Das fiel auch Suko auf. »Frierst du?«
»Nicht direkt…«
»Du machst den Eindruck.«
Glenda nickte Suko zu. »Es ist auch seltsam. Kann sein, dass ich es mir einbilde. Nur habe ich das Gefühl, dass es hier im Büro kälter geworden ist…«
Suko sagte erst mal nichts. Er schaute sich nur um und fragte dann: »Bist du dir sicher?«
»Komischerweise ja.«
Das tat Suko nicht als Einbildung ab. Auch er konzentrierte sich darauf, was Glenda gesagt hatte, und musste ihr nach einer Weile recht geben.
»Es ist tatsächlich kühler geworden.«
»Super. Und was bedeutet das?«
»Das kann ich dir nicht sagen. Ich weiß es nicht. Aber ungewöhnlich ist es schon. Das hängt auch nicht mit unserer Klimaanlage zusammen, die ja sowieso nicht spitze ist.«
»Vielleicht bekommen wir Besuch. So wie auch John heute Morgen Besuch bekommen hat.«
Darauf erwiderte Suko nichts. Ihm war anzusehen, dass er darüber nachdachte und seine ruhige Haltung
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