1637 - Der Spuk, der Nebel und wir
Grabsteinen in kleinen Schritten. Ich dachte an die Namen darauf und lachte heiser. So leicht würde ich es Mallmann nicht machen.
Die Schlucht verengte sich, aber es gab noch den Durchgang. Bevor ich ihn erreichte, blieb ich stehen und schaute zurück.
Der Nebel kam.
Lautlos wallten und rollten die Schwaden in meine Richtung. Als hätten sie die nächste Beute gerochen, die sie zerstören konnten.
Ich musste mich beeilen und unbedingt das Kreuz finden, sonst sah es böse für mich aus.
Hatte Dracula II es denn so weit schleudern können?
Ja, er hatte. Als ich mit dem Lampenstrahl einen Halbkreis fuhr und der Lichtfinger auf dem Boden einen gelblichen Streifen hinterließ, da fiel mir das helle Blitzen neben einem Grabstein auf.
Das war kein Edelstein, das war auch kein verlorenes Goldstück, das war mein Kreuz.
Ich hatte noch immer nicht zu meiner alten Stärke zurückgefunden, jetzt aber jagte ein regelrechter Schwall der Freude und Erleichterung durch mein Inneres. Ich hatte die Waffe gegen den Nebel gefunden, war nicht mehr wehrlos. Wobei ich hoffte, dass jetzt meine Zeit kommen würde.
Mit dem Kreuz offen vor der Brust konnte ich mich dem Nebel stellen und hatte Mallmann gegenüber in seiner Vampirwelt einen großen Vorteil.
Mit einem derartigen Angriff hatte er nicht rechnen können. Er wusste wohl nicht, dass der Spuk ihn zu seinem Hassobjekt auserkoren hatte und mir nun den Gefallen tun wollte, dem Sterben seiner Vampirwelt zuzusehen. Nur so ergab für mich meine Entführung einen Sinn.
Noch hatten die Schwaden den Grabsteinplatz und die schmale Stelle, die zu ihm führte, nicht erreicht. Das gab mir Zeit, mich umzuschauen und nach einem Ausweg zu suchen. Mich wollte die Vorstellung nicht loslassen, dass es noch einen zweiten Weg gab.
Ich fand ihn nicht. Dafür eine steile Wand, die zwar nicht besonders hoch war, aber immerhin so steil, dass ich sie nicht erklettern konnte.
Ich war in einer felsigen Sackgasse gelandet. Für den Supervampir sicherlich ein perfekter Ort, für mich weniger.
So stellte ich mich darauf ein, mich dem Todesnebel stellen zu müssen.
Wenn ich durch die schmale Lücke schaute, sah ich ihn. Er wallte und wälzte sich lautlos voran. Meiner Berechnung nach würde er in wenigen Sekunden den Durchlass erreicht haben. Danach kam es darauf an, ob alles noch so war wie früher.
Ein Flattergeräusch über meinem Kopf lenkte mich ab. Ich schaute hoch und sah Will Mallmann als große Fledermaus. Seine Flüge hatte ich nie so genau beobachtet, aber diesmal kam er mir vor, als wäre er nervös geworden und hätte die Übersicht verloren. Es war ein unstetes Geflatter. Er musste zudem die Vernichtung seiner blutgierigen Artgenossen mitbekommen haben.
Ich rechnete damit, dass er etwas von mir erfahren wollte. Dazu musste er sich verwandeln, und als ich noch mal hinschaute, da war er bereits tiefer gesackt. Er landete dicht vor der dunklen Felswand, und es sah so aus, als würde er sich auf dem Boden zusammenfalten und dort liegen bleiben. Doch das trat nicht ein.
Eine menschliche Gestalt erhob sich vor der Felswand. Ich sah Mallmann wieder in seiner menschlichen Gestalt. Er kam auf mich zu und musste dabei einigen Grabsteinen ausweichen. Sein Blick war starr, die Lippen hielt er zusammengepresst, und ich schwor mir, dass ich diesmal mein Kreuz behalten würde. Noch mal würde er es mir nicht abnehmen können.
Neben dem von mir aus gesehen ersten Grabstein hielt er an. Das war in meinem Sinne. Weiter wollte ich ihn nicht kommen lassen. Zudem blieb unsnicht viel Zeit, denn der Nebel würde bald auch diesen Ort überschwemmen.
Ichgrinste ihn hart an und sagte dabei: »Wie du siehst, lebe ich noch. Was bei deinen Helfern nicht der Fall ist. Die hat es erwischt.«
»Das weiß ich. Das habe ich selbst sehen können.«
»Und jetzt wird es dich erwischen, Mallmann.« Ich nickte ihm zu.
»Ausgerechnet jetzt, wo du es geschafft hast, deine Vampirwelt aufzubauen. Das ist der Anfang und zugleich das Ende.«
»Kann sein.« Er lachte plötzlich. Es hörte sich an wie ein Kreischen. So etwas hatte ich bei ihm noch nie gehört. »Aber auch du bleibst nicht verschont, Sinclair. Du hast dir eben den falschen Helfer ausgesucht.«
Es war nicht schlecht, so etwas zu hören. Jetzt hatte ich erfahren, dass sich Dracula II auf dem falschen Dampfer befand. Er glaubte, dass der Todesnebel mein Helfer war, dem ich letztlich trotz allem Tribut zollen musste. Ich würde möglicherweise einen Sieg
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