164 - Der Todessarkophag
von der Nacht dort verweile, von der Unterwelt glühenden Mauern umgeben."
Langsam wirkte der Spruch, und sie konnte sich mit den Toten unterhalten. Deutlich sah sie wieder den Sarkophag, aber es war noch viel mehr, was sich nicht nur aufs Sehen beschränkte. Nun wußte sie, aus welcher Dynastie der Sarg stammte, zu welchen Zwecken er verwendet worden war, wer ihn später besessen hatte und wie er nach Südamerika gelangt war.
Aber sie wollte mehr erfahren, und da wandte sie noch einige Formeln aus dem alten Ägypten an. „Ein Dämon nähert sich mit rasender Geschwindigkeit", rief der Inka-Priester ihr zu.
Für ein paar Sekunden war Rebecca verwirrt. „Kannst du ihn aufhalten?"
„Ich werde es versuchen."
Rebecca setzte ihre Beschwörungen weiter fort. Die Informationen, die sie dabei erhielt, waren unglaublich wichtig und interessant. Für die endgültige Auswertung würde sie vermutlich eine Woche benötigen, aber die wesentlichen Aussagen konnte sie gleich verwerten.
Lorenza Camaz war ein kaum zwanzig Jahre alter Dämon, der gezwungenermaßen der Schwarzen Familie angehörte, der er sich aber immer mehr entfremdet hatte. Die alten Wertvorstellungen und Gesetze konnten ihn nicht begeistern, so wie viele der jungen Dämonen unterschied er sich kaum von normalen Menschen, in deren Gesellschaft er sich sogar lieber aufhielt. Für Don Hermano war er nur ein degenerierter Bastard, der in einen Freak verwandelt gehörte.
Er wohnte in einem kleinen Haus in San Pedro de Atacama, und seine Leidenschaft waren Motorräder. In seiner Garage standen ein Dutzend dieser heißen Öfen, die er speziell präpariert hatte. Hier war seine magische Begabung, so schwach ausgeprägt sie auch war, ein gewaltiger Vorteil. Er hatte einen Anzug samt Helm konstruiert, mit dem er Geschwindigkeiten fahren konnte, die für Menschen einfach unmöglich waren. Seine Reflexe waren überdurchschnittlich ausgeprägt. Liebend gern hätte er an Weltmeisterschaften teilgenommen, doch dies war ihm verwehrt.
Aber so frönte er seiner Leidenschaft in den Nächten, wenn die Straßen einsam und verlassen waren.
Die Warnungen seines Bruders nahm er durchaus ernst, doch das hinderte ihn nicht daran, wie ein Verrückter zu rasen. Die umgebaute Kawasaki war zu einem Teil seines Körpers geworden. Auch in den unübersichtlichsten Kurven fuhr er im Dreihundert-Kilometer-Tempo. Und auf den Geraden war er manchmal fast doppelt so schnell.
Die extrem miese Straße nach Tarapaca war eine Herausforderung für ihn, doch selbst mit seinen Fähigkeiten mußte er die Geschwindigkeit drosseln.
Von einer Sekunde zur anderen verschwand die Straße, und er schien durch eine Phantasielandschaft zu rasen. Nebelschwaden hüllten ihn ein, die ihm die Sicht raubten. Dann verschwand er in einem dunklen Klumpen, der klebrig wie ein Kaugummi war. Das Motorrad heulte durchdringend auf, und dann war nur mehr undurchdringliche Schwärze um ihn, die ihn lähmte und willenlos werden ließ.
Etwas Ähnliches hatte er nie zuvor erlebt. Das Motorrad wurde unsichtbar und seine Hände durchscheinend. Und dann preßte sich etwas gegen sein Hirn.
Eigentlich hatte ich eines der bekannten Restaurants in der Avenida Providencia besuchen wollen, wo sich auch angeblich die hübschesten Mädchen der Welt an Sommerabenden aufhalten sollten. Aber Coco hatte im Hotel-Restaurant speisen wollen. Widerwillig hatte ich nachgegeben.
Das Essen war keine Offenbarung gewesen. Kalter Fisch in Avocadosauce, mit Brandy flambiertes Ferkel und Mousse au chocolat.
„Was nun?" fragte ich. „Ich möchte mir die Stadt ansehen."
„Ich bleibe im Hotel", sagte Coco entschieden. „Rebecca wird sich hoffentlich bald melden."
Diese Vampirin ging mir immer mehr auf die Nerven. Wenn wir Pech hatten, dann meldete sie sich vielleicht erst in ein paar Stunden. Mißmutig folgte ich Coco in die Hotel-Bar, bestellte zwei doppelte Bourbon und rauchte eine Zigarette.
Plötzlich sprang Coco vom Hocker.
„Rebecca nimmt mit mir Kontakt auf', sagte sie und stürmte so eilig zu den Toiletten, daß ihr einige verwunderte Blicke folgten.
Ich qualmte eine zweite Zigarette, als sie zurückkehrte und nach ihrem Glas griff.
„Sie ist im Augenblick beschäftigt", sagte Coco und trank einen kräftigen Schluck. „Ich soll mir das Munante-Haus ansehen."
„Wozu soll das gut sein?" erkundigte ich mich.
„Sie hat irgendeinen Plan", antwortete Coco ausweichend.
„Das ist ja eine tolle Erklärung", brummte ich.
„Du
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