1641 - Symbiose
glaubte er seinen Augen nicht trauen zu dürfen.
Laas versuchte ihn zu beruhigen, doch das gelang nicht; vielleicht kam es daher, daß der Symbiont schwächer geworden war. „Das isser?" rief einer der Fremden Gronc zu, dem Heger eines Hachbarbezirks. „Der hier alles angeleiert hat?"
Gronc machte zuerst eine um Entschuldigung bittende Geste zu Noruu, dann bejahte er die Frage des Fremden.
Es waren sechs Zweibeiner. Keiner von ihnen gehörte zu denen, die auf der Lichtung im Kreis lagen und von der Symbiosegemeinschaft im Zentrum versorgt wurden. Keiner von ihnen war krank oder schwach. Sie standen breitbeinig da und warteten, bis er sich ihnen genähert hatte.
Dann sagte der, der schon die Frage gestellt hatte: „Gute Arbeit, mein Freund. Doch, doch, ihr habt das fein hingekriegt mit unseren Leuten. Wir konnten uns ja bisher nicht sonderlich um sie kümmern. Ihr haltet sie am Leben, und das ist wirklich toll. Dafür müssen wir euch Falahs echt dankbar sein."
Er verzog das Gesicht. Noruu konnte den Ausdruck nicht deuten, aber er fühlte, daß der Zweibeiner lachte - allerdings nicht auf eine Art, die ihm sympathisch war. Alle Falahs, inzwischen gab es hier mehr als zweihundert, verharrten dort, wo sie standen oder lagen, und warteten gebannt auf die nächsten Worte des Fremden. „Ich schätze, wir werden von jetzt an öfter miteinander zu tun haben, Noruu", sagte der. Er legte die rechte Hand auf die Brust. „Ich bin übrigens ... na, gib mir einfach einen Namen, Noruu."
„Moloag", entfuhr es dem Heger, ehe er es sich versah. Er biß sich fast auf die gespaltene Zunge, denn Moloag war in seiner Sprache der Begriff für eine unangenehme Überraschung. „Moloag, also Molo!" Der Zweibeiner machte zwei Schritte, bis er ganz nahe vor Noruu stand. Er nahm die Hand von der Brust und drückte dem Falah den Zeigefinger leicht in den Hals. Noruu hatte sich wieder auf seine Körperhöhe niedergelassen. „Jetzt mal Klartext, Heger. Wir sind euch dankbar, ja, wirklich. Aber wir kennen euch Falahs von früheren Besuchen und wissen von euren Vorstellungen und Möglichkeiten, jedes Leben in eure Kollektive einzubinden."
„Ihr ... habt uns schon früher besucht?" fragte Noruu erstaunt. „Ich meine, ihr seid auf dem Planeten gelandet und habt uns beobachtet? Wann soll das gewesen sein?"
Es würde erklären, daß die kranken Fremden die Falahs schon erwartet hatten.
Der Zweibeiner nahm die Hand zurück und winkte ab. „Ach, vor langer Zeit, mein lieber Freund. Da hattest du noch einige hundert Vorfahren vor dir. Wir sind die Run. Sagt dir das was? Gibt es von uns was Überliefertes?"
Noruu mußte verneinen. „Ist ja auch egal", sagte Moloag. „Paß auf, was ich dir klarmachen will.
Meine Freunde hier sind ziemlich übel dran, darum erlauben wir euch, eure Schlingpflanzen und andere Symbionten an ihnen dranzulassen, um sie am Leben zu halten und ihr Leid zu lindern. Aber, wie gesagt, wir kennen eure Vorstellungen von einer idealen Welt, in der alles eins sein soll. Klammert unsere Leute da aus, Freunde! Behütet sie, aber hütet euch selbst davor, sie stärker als nötig in euer biologisches Panoptikum einzubinden. Sobald wir merken, daß da etwas anders läuft, gibt es Ärger. Ihr könnt ihnen weiterhin helfen, und sicher werden wir euch irgendwann unseren Dank abstatten. Aber macht das nur so, daß sie nicht von euch abhängig werden und freie Run bleiben. Du weißt, was ich meine, klar? Keine Veränderungen an ihnen! Wenn das nicht geht, dann laßt sie in Ruhe. Dann kümmern wir uns selbst um sie."
„Bist du jetzt fertig?" fragte Noruu. ,Er wunderte sich über seinen plötzlichen neuen Mut.
Der Riin hatte ihn mit seinem Auftreten im ersten Moment stark eingeschüchtert. Aber was er dann sagte, ließ ganz allmählich Zorn in dem Heger aufsteigen. Noruu liebte den Frieden und die Harmonie über alles. Er haßte Streit und Gewalt, die für ihn ohnehin nur abstrakte Begriffe waren. Aber was Molo ihm da gesagt hatte, durfte nicht unwidersprochen bleiben. „Ich habe alles gesagt, Freund. Aber wenn du noch Fragen hast...?"
„Die habe ich!" Noruu sah, wie sich andere Heger und Falahs auf den Weg machten, um sich zu ihm zu gesellen. Sie mußten genauso erschüttert sein wie er, und einer nach dem anderen scharten sie sich um ihn. Das gab ihm zusätzlichen Auftrieb. Er war dennoch geistesgegenwärtig genug, nun seine Hand auf die Brust des Riin zu legen, so als sollte es nur eine Geste sein. „Sprich, alter
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