1644 - Sturm auf Wanderer
langweilst mich nicht", verkündete er. „Im Gegenteil. Ich finde es in zunehmendem Maße interessant, mich mit dir zu beschäftigen. Ich habe ein großes Repertoire an Foltermethoden. Weißt du, in dieser Hinsicht sehe ich mich als Künstler. Wer quälen will, muß kreativ sein."
„Weiß Alnora eigentlich, daß du ein Bastard bist? Hast du ihr gesagt, daß du kein reinrassiger Akone bist?" Es war ein Schuß ins Leere, und er ging daneben.
Gendal Jumphar lachte. Er richtete sich auf, setzte sich quer auf die Liege und ließ die Beine baumeln. „Du hast Angst", stellte er befriedigt fest. „Das ist gut so.
Nichts ist unangenehmer, als jemanden foltern zu müssen, der keine Angst vor der Folter hat."
Henna Zarphis fröstelte. Die Worte des Kommandanten verfehlten ihre Wirkung nicht. Sie wußte, daß er sie mit seinen Psychoterror demütigen und zu Boden zwingen wollte, und sie versuchte, sich dagegen abzuschirmen. Es gelang ihr nicht. „Ein guter Tip", antwortete sie. Sie hoffte, daß ihrer Stimme nicht anzuhören war, welches Entsetzen seine Worte in ihr auslösten. „Ich werde die Angst bekämpfen und dir die Freude verderben."
Jetzt lachte er laut auf. „Nur zu", höhnte er. „Ich weiß, daß es dir nichts helfen wird, denn soeben hast du mir verraten, was deine Seele frieren läßt."
„Unsinn!"
Er näherte sich ihr, beugte sich zu ihr herab und legte ihr die Hand an die Wange. „Unsinn?" flüsterte er. „Du wirst ganz anders darüber denken, wenn ich dir beweise, daß ich als Mann überhaupt nicht langweilig bin."
Sie schlug seine Hand zurück. „Das wagst du nicht", schrie sie. „Meine Schwester würde das nie zulassen!"
Er lachte laut und schrill. „Deine Schwester hat mir den Tip gegeben", antwortete er. „Das glaube ich nicht", stammelte sie. „So tief kann sie nicht gesunken sein."
„Du hast im Speicherblock des Roboters Accoma zusätzlich die lückenlosen Daten über die Tadar-Klone, ihr Verhältnis zu Alnora und deren Werdegang zur Blauen Schlange aufgezeichnet", klagte er sie an und kam damit übergangslos zu dem Thema zurück, um das es ihm tatsächlich ging. „Das ist eine Lüge", wehrte sie ab. „Es ist die Wahrheit", erwiderte er ruhig und kalt, und er hatte recht. Es war so gewesen. Henna Zarphis war jedoch lange nach den Ereignissen um den Roboter Accoma der Überzeugung gewesen, daß ihre Schwester Alnora und der Kommandant der MAGENTA die Manipulation nicht bemerkt hatten. „Weiterhin hast du dem Roboter die Information mitgegeben, daß Alnora mit dir zusammen als Spiegelgeborene die Unsterblichkeit anstrebt."
„Lüge!"
„Gib es endlich zu, Henna Zarphis. Wir wissen es längst. Was glaubst du eigentlich, weshalb wir dich in diesen Sicherheitstrakt gesperrt haben? Nur aus diesem einzigen Grund."
Die junge Frau ging erneut zum Automaten. Sie wußte, daß es keine Zweck hatte, länger zu leugnen. Gendal Jumphar und Alnora Deponar wußten schon lange Bescheid, und es spielte im Grunde genommen keine Rolle, ob sie es zugab oder nicht. „Na schön", antwortete sie. „Ich habe es getan. Na und?"
„Verräterin!"
Sie lachte ihm ins Gesicht. „Wie kann man eine Sache verraten, von der man nicht überzeugt ist? Mit der man nichts zutun hat?"
„Du bist Akonin!"
„Noch lange kein Grund, mich mit den Großmachtträumen Alnoras zu identifizieren. Es ist ihr Wahnsinn, nicht meiner. In meinen Augen zeigt mehr Verantwortung, wer einer Verrückten in die Arme fällt, als jemand, der sie in ihrem Wahnsinn auch noch bestärkt."
Er spürte sofort, daß sie an Boden gewonnen und daß der Psychoterror auf sie an Wirkung verloren hatte. Er ging zur Tür, blieb dort stehen und blickte sie lange an. Sie wich seinen Blicken nicht aus, so unangenehm sie ihr auch waren. „Du wirst deine Meinung noch ändern", prophezeite er. „Du langweilst mich", erwiderte sie.
Jetzt war er es, der Reaktion zeigte. Er preßte die Lippen zusammen, drehte sich um und verließ die Kabine. „Endlich mal ein Punkt für mich!" Sie atmete auf. Dann riß sie das Laken von der Liege, auf der er geruht hatte, warf es in den Abfallschacht und ersetzte es durch ein neues. Anschließend wusch sie sich das Gesicht. Die Stelle, an der er sie berührt hatte, schien zu brennen.
Er hatte recht. Sie fror bei dem Gedanken an das, was er gesagt hatte.
Das Schlimmste, was er ihr antun konnte, war, sie zu vergewaltigen. Sie wußte, daß sie daran zerbrechen würde.
Während sie noch darüber nachdachte, öffnete
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