1645 - Blutsturm
Halbvampirin erwischte mich nicht voll. Aber der Aufprall reichte aus, um mich von den Beinen zu bringen. Ich fiel auf den Bauch und rutschte weiter. Dann schaffte ich es, mich auf die Seite zu rollen. Noch blieb ich am Boden und schaute mich um, was gut war, denn ich sah nun, dass die Halbvampirin bewaffnet war. Genau war der Gegenstand in ihrer Hand nicht zu erkennen, jedenfalls war er lang und recht spitz.
Sie warf sich vor, keuchte dabei und wollte meinen Unterkörper treffen.
Erneut war ich schneller, zog die Beine an und rollte mich weiter. Dabei hatte ich Glück, dass der Boden an dieser Stelle leicht abschüssig war, und so überkugelte ich mich einige Male und wirbelte dabei feuchtes Laub in die Höhe.
Sie kam mir nach.
Ich stand auf und fand zum Glück Halt, weil der Boden hier eben war.
Ihr Gesicht war verzerrt. In der tiefen Dämmerung glich es einer künstlichen Fratze, die sie sich über das Gesicht geklebt hatte. Rot schimmerten die Augen - wie zwei böse Vorzeichen auf das nahe Ende.
Ihre Waffe hielt sie jetzt mit beiden Händen. Dass ich Mareks Pfahl nicht losgelassen hatte, nahm sie nicht zur Kenntnis. Sie war darauf eingestellt, mir eine tiefe Wunde zuzufügen, um das daraus laufende Blut trinken zu können.
Und dann rammte sie die Waffe nach vorn, aber ich war nicht mehr da, wo ich zuvor gestanden hatte.
Der Stoß ging ins Leere!
Sie konnte sich nicht mehr fangen und landete auf dem Bauch. Dabei stieß die Stichwaffe ins Erdreich, und die Halbvampirin machte ihrer Enttäuschung durch einen Schrei Luft.
Jetzt lag sie vor mir.
Ich sah auf ihren Rücken und bekam auch mit, wie er zuckte. Ich hatte mich von dem Gedanken befreit, einen normalen Menschen vor mir zu haben, auch wenn sie so aussah.
Klar, sie wollte wieder hoch, die Waffe aus dem Boden ziehen und weitermachen.
In mir wurde es kalt.
Nein, sie war kein normaler Mensch!
Genau dieser Gedanke zuckte durch meinen Kopf, als ich Mareks Pfahl nahm, ausholte und ihn wuchtig in den Rücken der Halbvampirin rammte.
Es folgte ein Moment, der sich länger hinzog. Ich stand auf der Stelle und war irgendwie leer. Vor meinen Füßen lag eine Gestalt, die sich nicht mehr regte, und als ich den Pfahl aus dem Leichnam zog, tat ich das automatisch, ohne groß nachzudenken.
Es war plötzlich still geworden. In meinem Kopf hatte sich ein dumpfes Gefühl ausgebreitet, das sämtliche Gedanken an die Zukunft überlagerte. Erst einige Zeit später war mir richtig klar geworden, dass es noch nicht vorbei war.
Mallmanns Halbvampire existierten nicht mehr. Auch die letzte hatte es erwischt.
Aber es gab noch ihn. Und mir war klar, dass er das nicht hinnehmen würde. Entweder hatte er sich - wie so oft - zurückgezogen, oder er wollte die Entscheidung.
Ich glaubte mehr an die zweite Möglichkeit und stellte mich innerlich darauf ein, während ich den Weg zurückging, um an den wahren Schauplatz des Geschehens zu gelangen.
Ich kam mir wie im Traum vor. Selbst das Rascheln des Laubs nahm ich so gut wie nicht wahr. In meinem Kopf tuckerte es. Mein Magen schien sich um das Doppelte vergrößert zu haben. Jeder Schritt fiel mir schwer.
Es war noch nicht richtig dunkel geworden. Die Gegend wirkte wie eine in graue Farbe getauchte Bühne. Der Vergleich war nicht mal schlecht, aber das Drama war bereits gelaufen.
Vier Tote lagen verstreut umher. Die sah ich auf den ersten Blick. Es gab auch einen zweiten Blick, und der galt einer fünften Gestalt, die ebenfalls bewegungslos am Boden lag.
Das war Suko!
Der Schreck schnitt wie eine heiße Schwertklinge durch mein Inneres.
Ich hatte für einen Moment das Gefühl, nicht mehr ich selbst zu sein.
Meine Knie waren weich geworden. Die Füße schlurften über den Boden, als ich auf Suko zuging.
Plötzlich brannten meine Augen, als wären sie mit heißem Rauch gefüllt.
Ich bekam nicht richtig Luft und glaubte, ersticken zu müssen.
Suko lag auf dem Bauch. Sein Kopf war allerdings zur rechten Seite gedreht, sodass ich eine Hälfte seines Gesichts sah.
Dass sich Justine Cavallo in der Nähe befand, nahm ich nicht richtig wahr, bis ich ihre Stimme hörte.
»Du brauchst keine Angst zu haben, Partner. Suko ist nicht tot. Man hat ihn nur niedergeschlagen, und du weißt selbst, dass er einiges vertragen kann.«
Eigentlich hätte ich jetzt aufatmen müssen, wozu ich aber nicht in der Lage war. Mir schwirrte nur eine Frage durch den Kopf, und die stellte ich auch.
»Wer hat ihn niedergeschlagen?«
»Das war ich,
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