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1652 - Im Netz des Quidor

Titel: 1652 - Im Netz des Quidor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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solchen Stand vorbeiging, rief ein Siilyre ihm zu: „Hast du keinen Hunger, Freundchen?"
    Einen Moment glaubte er, Kendor wäre das, aber es war ein anderer Siilyre; offensichtlich sprachen sie alle Spieler mit „Freundchen" an. Er blieb bei dem Stand stehen. „Ich habe keinen Hunger", antwortete er. „Aber kannst du mir erklären, was du hier machst?"
    Der Siilyre lachte. „Bist noch nicht lange hier, wie? Schau dir die anderen an und sag mir, was du denkst."
    Bull musterte der Reihe nach die Spieler, die an die Kabel angeschlossen waren; obwohl sie völlig fremdartig aussahen, drückten sie alle dieselbe Zufriedenheit aus, und er spürte völlige Entspanntheit in ihren Gedanken. Neben ihm stand ein schlankes zweibeiniges Wesen, etwa in seiner Größe, mit einem langen, zierlichen Schwanz und einem flachen Kopf mit leuchtenden, sehr lang bewimperten Augen und einem kleinen Rüssel, an dessen Ende zwei kirschrote Lippen saßen.
    Das Wesen wiegte sich anmutig und zwitscherte ihm zu: „Solltest du auch versuchen, Bruder, es ist einfach wundervoll. Danach kannst du jeden besiegen."
    Bull wandte sich dem Siilyren zu. „Es handelt sich um Nahrung, ja? Aber welcher Art?"
    „Körperlicher und geistiger, Freundchen. Der Anzug ernährt dich, muß aber immer mal aufgetankt werden. Der Vorteil bei diesem Auftanken liegt darin, daß du selbst auch bestens versorgt wirst.
    Probier's aus, Freundchen."
    „Woran merke ich, daß ich auftanken muß?"
    „Du wirst hungrig, ganz einfach. Was ist jetzt?"
    „Muß ich dafür irgendwas bezahlen?"
    „Was für ein Zeug?"
    „Willst du dafür eine Gegenleistung?"
    Der Siilyre stellte seine Schweinsohren steil auf. „Freundchen, du bist mir einer. Stell dich einfach hierher. An der Seite und am Brustteil des Anzugs findest du zwei Anschlüsse ... genau. Da befestige ich die Kabel, der Rest geht von allein."
    Bull folgte der Anordnung und fühlte, wie ihn elektrische Impulse sanft durchströmten und entspannten. Nach einer Weile erhöhte sich seine Wahrnehmungsfähigkeit, und sein Geist begann sich automatisch auf die Informationen des Netzwerks zu konzentrieren. Schließlich vergaß er seinen Körper ganz, sein Geist folgte dem weitverzweigten Netz und löste sich darin auf. Er teilte die Gedanken und Gefühle Hunderttausender anderer Lebewesen und fühlte sich eins mit ihnen, er sah die Wunder des elektronischen Mikrokosmos und hörte die Lieder sich ständig weiterentwickelnder Programme.
    Sein Ausflug endete abrupt, als der Siilyre den Kontakt mit dem Anzug unterbrach, und er fand sich zu seinem Erstaunen in der Kuppel wieder. Das Froschmaul des Siilyren zeigte ein breites Grinsen, als er das verklärte Gesicht des Terraners sah. „Willkommen im Quidor-Netz", sagte er. „Danke", lächelte Bull zurück. Er fühlte sich gut erholt wie nach einem langen Schlaf. „Es ist keine schlechte Erfahrung. Kann es eigentlich passieren, daß man aus dem Netz nicht mehr zurückfindet?"
    „Alles ist möglich, Freundchen. Aber ziemlich unwahrscheinlich. Schließlich ist es meine Aufgabe, dafür zu sorgen, daß du dich frisch gestärkt wieder ins Spiel stürzt."
    „Mir ist aufgefallen, daß ich hier nie ein Team gleichartiger Spieler sehe", fuhr Bull fort. „Sind das Einzelspieler?"
    „Nein, die Teams sind nur über das gesamte System verteilt. Es ist durchaus sinnvoll, von verschiedenen Standorten aus zu operieren. Bei Beginn des Spiels wird ein Team ohnehin getrennt, das ist sicher auch bei dir der Fall. Aber darüber hinaus gibt es natürlich auch die Verlierer. Die will kein Team mehr haben, weil sie zu viele Verstöße gemacht haben und dadurch den Punktestand drastisch verringern."
    Bull hob eine Braue. „Diese Spieler versuchen Anschluß zu anderen Teams zu bekommen, nicht wahr?"
    „Ganz genau. Sie beherrschen den Schwarzmarkt - sie bieten dir technische Zusatzgeräte, Spieletips und Informationen über andere Teams gegen die Aufnahme."
    „Aha." Sein Mißtrauen hatte ihn also nicht getrogen. Die beiden hilfsbereiten Spieler Sch'mck und Quonn waren Verlierer, die einen neuen Anschluß suchten, weil sie sonst nie mehr aus dem Netz herauskamen. „Ja, damit habe ich bereits Bekanntschaft gemacht."
    „Du wirst in dieser Kuppel fast mehr Verlierer als Spieler finden. Der Schwarzmarkt blüht. Wir gehen nicht dagegen an, da er den Quidor selbst nicht beeinflussen oder ihm gar schaden könnte; die meisten Geräte taugen nichts, und die Tips und Informationen sind ohnehin alle erfunden.

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