1654 - Komm in meine Totenwelt
ist es. Du kannst dir aussuchen, wen du willst. Nur mich nicht.«
Es sah so aus, als würde Rebecca lächeln. Wenn, dann war es kein gutes Zeichen, wie Suzie dachte. Und sie sollte recht behalten, als sie die Antwort hörte.
»Wenn ich mich entschlossen habe, jemanden in meinen Kreis aufzunehmen, dann bleibt es dabei. Da gibt es dann kein Zurück mehr.«
»Ja, so denkst du. Aber nicht ich. Bei mir beißt du dabei auf Granit. Ich denke nicht daran.«
Rebecca nickte. Für Suzie sah es nicht wie eine Zustimmung aus, und sie sollte sich nicht geirrt haben, denn die nächsten Worte machten ihr klar, in welcher Lage sie tatsächlich steckte.
Es begann mit einer Frage. »Sagt dir der Name Mara King etwas?«
Da musste Suzie nicht lange nachdenken. »Ja, der Name sagt mir etwas. Mara gehört zu unserem Besucherkreis. Allerdings habe ich sie seit einiger Zeit nicht mehr gesehen.«
»Sie wird auch nicht mehr kommen.«
»Ach? Und warum nicht?«
»Weil sie tot ist!«
Es war nur ein knapper Satz. Er hinterließ bei Suzie Carpenter nicht mal ein leichtes Erstaunen, denn sie wusste jetzt sehr intensiv, dass Rebecca nicht gelogen hatte. Das hatte sie nicht nötig. Zudem hatte sich Suzie schon gewundert, dass Mara nicht in das Hospiz gekommen war und ihre Termine versäumt hatte. Aber tot…
Darüber musste sie erst nachdenken. Dabei spürte sie die Hitze, die in ihrem Innern hochstieg. In ihrer Kehle wurde es eng, auch das Schlucken fiel ihr schwer, und plötzlich überkam sie das Gefühl, als würde sie sich bewegen, ohne es wirklich zu tun.
Schließlich fand sie auch ihre Sprache wieder.
»Hast - hast - du sie getötet?«
»Nein, ich bin es nicht gewesen. Ich habe meinen Helfer, den du kennst.«
Schlagartig entstand das Traumbild wieder vor Suzies Augen. Die Frau mit dem Stundenglas - und der Sensenmann. Sie konnte sich vorstellen, wer Mara King getötet hatte, aber die Frage wollte sie nicht stellen, und das brauchte sie auch nicht.
Rebecca freute sich darauf, ihr die Antwort geben zu können. »Es war mein Beschützer. Er hat sie mit seiner Sense getötet. Mara hatte gedacht, sich absetzen zu können, aber vor uns kann man sich nicht verstecken. Wir haben sie im Freien erwischt, im Schnee, und sie ist auch im Schnee gestorben. Rotes Blut auf weißem Grund. Sie gab ein Bild wie ein Gemälde ab.«
Suzie Carpenter sagte nichts. Was sie da erfahren hatte, war einfach schrecklich. Sie glaubte plötzlich, über dem Boden zu schweben, und Rebecca sprach sie an, aber sie schien weit entfernt zu sein.
»Nun, hast du es dir überlegt?«
Suzie Carpenter schüttelte den Kopf. Sie wusste nicht mal, ob sie es bewusst getan hatte, aber die Antwort war Rebecca nicht entgangen.
»Du willst nicht?«
Jetzt konnte Suzie sprechen, musste aber erst mal Luft holen, wobei ein Pfeifen zu hören war.
»Ich will nicht zu dir!«
»Das ist schade!«
»Nein«, schrie Suzie, »für mich ist das nicht schade! Ich will am Leben bleiben und will es so fortführen, wie ich es bisher geführt habe. Hast du das begriffen?«
»Ja, das habe ich!«
»Dann richte dich danach.« Die Emotionen kochten in ihr hoch. Am liebsten wäre sie dieser Rebecca an die Kehle gegangen, aber das traute sie sich nicht.
Rebecca blieb gelassen. Sie wartete ab, bis Suzie wieder normal geworden war.
Dann sagte sie mit ruhiger Stimme: »Ich möchte dir noch eine Chance geben, Suzie.«
»Danke, aber ich werde meine Meinung nicht…«
»Hör mich an und schau her!«
Diesmal waren die Worte sehr scharf gesprochen worden, und Suzie gehorchte automatisch.
Sie hörte, das war klar. Aber sie musste jetzt auch schauen, denn Rebecca hatte das Stundenglas noch weiter angehoben. Aber es war noch nicht gekippt worden.
»Ich gebe dir eine letzte Chance. Du kannst über alles nachdenken. Ich werde das Stundenglas drehen. Der Sand wird in den unteren Behälter rieseln. Und wenn er voll ist, dann werde ich dich noch mal fragen, welche Entscheidung du getroffen hast.«
Suzie hatte jedes Wort überdeutlich mitbekommen. Sie fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. Aber sie sah auch, dass Rebecca nicht gespaßt hatte.
Noch tat sich nichts im Stundenglas. Die Sandmenge lag ruhig in der unteren Hälfte.
Rebecca gab keinen Kommentar mehr ab, als sie das Stundenglas drehte. Das untere war jetzt oben, und Suzie Carpenter schaute zu, wie der feine Sandstrahl durch das kurze gläserne Verbindungsstück zwischen den beiden Gefäßen rann…
***
Suko musste stoppen. Vor uns hatte
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