1661 - Tabuplanet Shaft
den Schacht. Die Zahlenwerte auf der zweiten Bildfläche blieben zunächst unverändert: Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Gravitation, Luftzusammensetzung und etliche andere mehr.
Die wichtigsten unter den gemessenen Werten wurden im dritten Bildfeld graphisch dargestellt. Bis jetzt zeigten die Diagramme nur gerade Linien, die parallel zur Abszisse verliefen.
Es wurde nicht viel gesprochen. Irgendwann auf der Reise, die die Sonde vor sich hatte, würde sie den Punkt erreichen, an dem der Schacht wenigstens einen Teil seines Geheimnisses würde hergeben müssen - etwa bei der 13 000-Kilometer-Marke, an der er eigentlich die Oberfläche auf der gegenüberliegenden Seite des Planeten hätte durchstoßen müssen, vielleicht auch schon früher.
Als die Sonde den Schachtrand einhundert Meter hinter sich zurückgelassen hatte, verdoppelte Keith Junker die Sinkgeschwindigkeit. Der Schacht wies keinerlei Besonderheiten auf. Man sah roh behauene, graue Felswände. Hier und da war ein Vorsprung stehengeblieben, der weit aus der Wand ragte. An manchen Stellen sickerte Wasser aus Rissen in der Gesteinsmasse und rann an der Schachtwand entlang in die Tiefe. Es gab keine Spur von Vegetation. In der immerwährenden, undurchdringlichen Finsternis hatten nicht einmal primitivste Pflanzenformen überleben können.
Die Meßwerte verhielten sich normal. Der Luftdruck begann allmählich zu steigen. Die Temperatur sank aber zunächst und pendelte sich bei 800 Metern Tiefe auf einen Wert von 1,8 Grad Celsius ein. Gravitation und Luftzusammensetzung blieben konstant. An Radioaktivität wurde nur das stets und überall vorhandene Störgeräusch des Hintergrunds gemessen. Die Sonde reagierte planmäßig auf alle Testsignale, die Keith Junker ihr in regelmäßigen Abständen zuschickte. „Mensch, kannst du nicht ein bißchen schneller machen?" ächzte Norman Bliss, als die Sonde fünfzehn Minuten unterwegs war. „Bis wir bei diesem Tempo auf 13 000 Kilometer Tiefe sind, hab' ich schon wieder Geburtstag!"
„Immer mit der Ruhe", mahnte der besonnene Donald Hagen. „Wir wollen um des Himmels willen den Punkt nicht versäumen, an dem es anfängt, interessant zu werden."
Norman Bliss gähnte laut und vernehmlich, um seine Langeweile zu demonstrieren. Bei neunhundert Metern fing die Temperatur im Schacht langsam wieder an zu steigen. Die Sonde näherte sich der Ein-Kilometer-Marke. Achtzehn Minuten waren seit dem Start vergangen. Keith Junker erwog die Möglichkeit, die Sinkgeschwindigkeit auf zwei oder drei Meter pro Sekunde zu erhöhen. Er würde damit warten, bis das Gerät die Tiefe von exakt einem Kilometer erreicht hatte, und dann Xii-Gien-Qek den entsprechenden Vorschlag machen. „Heh, was ist das?"
So aufgeregt hatte man den stets bedächtigen Donald Hagen noch nie zuvor reden hören. Der kleinwüchsige Wissenschaftler war aufgesprungen und wies mit wedelnden Armen auf die drei Bildfelder.
Das optische Bild wurde von Störungen überlagert. Grüne, rote und gelbe Felder waberten als gezackte Streifen über die Bildfläche. Auf der numerischen Anzeige waren die Ziffern in wilde Bewegung geraten. Sie wechselten so rasch, daß das Auge die angezeigten Zahlen nicht mehr zu erfassen vermochte. Nur einmal glaubte Junker dort, wo die Schwerkraft eingeblendet wurde, den völlig unsinnigen Wert von 21,03 Gravos zu erkennen.
Die Diagramme waren außer Rand und Band geraten. Die Kurven tanzten über das gesamte Bildfeld. Es ließ sich nicht mehr erkennen, welche Darstellung zu welcher Meßgröße gehörte.
Nur eine einzige Graphik vermittelte noch Werte, die einigermaßen sinnvoll und vertrauenerweckend wirkten. Die Sonde schwebte jetzt auf 1032 Metern Sinktiefe. Sie war 1018 Meter tief gewesen, als die Geräte angefangen hatten, verrückt zu spielen.
Keith Junker sandte eine Sequenz von Testsignalen an die Sonde. Die Reaktion des Geräts war normal. Er wandte sich an den Blue. „Ich könnte sie zurückholen", bot er an. „Aber nach meiner Ansicht wäre es klüger ..."
Xii-Gien-Qek winkte ab. „Nein, laß sie", flötete er. „Ich will wissen, ob das Durcheinander bis zum Ende des Schachts anhält oder ob wir zwischendurch mal wieder in ruhiges Fahrwasser kommen."
Genau das hatte Keith Junker vorschlagen wollen. Aber es hatte jetzt, da keine brauchbaren Daten mehr empfangen wurden, nur noch wenig Sinn, die Sonde mit der bisherigen geringen Geschwindigkeit weitersinken zu lassen.
Er schaltete auf fünf Meter pro Sekunde. Das
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