1661
dass der Vorgang umgehend einem der Intendanten des Königs übergeben wurde, das heißt einem meiner Untergebenen.«
Jabach presste die Lippen zusammen und bejahte mit einem fast unmerklichen Nicken.
»Monsieur Colbert, um es genauer zu sagen.«
Die Stimme des Oberintendanten wurde noch schroffer.
»Zweifellos ist das ein Versehen, gepaart mit einem Zufall, aber es war mein Wunsch, Euch dies unverzüglich mitzuteilen, Monsieur Jabach, im Namen der Freimütigkeit, die Ihr mir vor kurzem noch so gepriesen habt.«
Jabach öffnete seine Hände, um anzudeuten, dass er in dieser Sache machtlos war.
»Monsieur Fouquet, ich bin Euer Bankier und über Euch der Bankier des Königs. Der Kredit, den Ihr bei mir habt, ist beträchtlich, das wisst Ihr. Aber verlangt nicht von mir, mich auf andere Grundsätze einzulassen als auf die meines Gewerbes. Die Politiker gehen Risiken ein, Herr Oberintendant. Die Bankiers verwalten sie. Die Nuance ist von Bedeutung.«
Fouquets Ton wurde eisig.
»Was bedeutet das?«
»Dass ich eine Anleihe nicht ohne ein Minimum an Garantie ausgeben kann, sonst würde ich alle Risiken selbst tragen … und hätte keine Chance, dafür angemessen entschädigt zu werden.«
Fouquet sprang auf und schlug mit der flachen Hand auf die Armlehne seines Sessels.
»Aber die Garantien existieren!«
»Für Euch, Monsieur«, verteidigte sich Jabach, »aber nicht für das Schatzamt. Selbst wenn Nicolas Fouquet ein guter Kunde und ein guter Zahler ist, der Staat – lasst mich für meine Freimütigkeit nicht leiden – ist ein unsicherer Zahler.«
»Das ist doch nichts Neues!«
»Im Prinzip nicht, solange nicht eine bestimmte Summe überschritten wird. Das ist ein wichtiger Grundsatz in der Welt der Finanzen. Und der kommt zum Tragen, wenn es an Kreditfähigkeit mangelt. Versteht mich nicht falsch«, bat Jabach, während er sich seinerseits erhob, als wollte er dem Zorn ausweichen, der nun Fouquet die Röte in die Wangentrieb, »denkt an unser letztes Treffen! Ihr sprecht von Freimütigkeit: Habe ich Euch nicht vor dem gefährlichen Spiel gewarnt, das darin besteht, auf Euren Namen Risiken einzugehen, auf die Ihr keinen Einfluss habt? Und das zugunsten Dritter, für deren Dankbarkeit und Solidarität Euch gegenüber es keine Garantien gibt? Ihr seid es gewesen, der mir gesagt hat, dies sei allein Eure Angelegenheit.«
»Was die Politik betrifft, ja«, zischte Fouquet, »nicht aber den Verrat! Und wenn Ihr schon unsere letzte Unterredung erwähnt, schließen wir doch einen Pakt, was meint Ihr? Spielen wir wieder Euer Wahrheitsspiel. Die Ausstattung meines Arbeitszimmers ist zwar weniger geeignet als Eure Galerie, aber egal, es gibt Schlimmeres.«
Jabach sah mit einem Mal traurig aus.
»Wagt Ihr zu behaupten, dass Monsieur Colberts Intervention in dieser Sache ein Zufall ist und dass Ihr unabhängig davon plötzlich zu der Einschätzung gekommen seid, meine Verpflichtungen seien riskant?«
Jabach schüttelte den Kopf.
»Ich habe nicht gesagt, dass Eure Verpflichtungen riskant wären, Herr Oberintendant. Ich würde mir nie erlauben, die Art und Weise zu beurteilen, in der Ihr Eure eigene Kreditfähigkeit zum Vorteil des königlichen Schatzamtes einsetzt. Ich würde sogar sagen, dass dies von großer Selbstlosigkeit und ritterlichem Geist zeugt. Ich habe nur gesagt, dass selbst Euer Kredit, den allein ich hier in Erwägung ziehe, Grenzen haben kann, und die sind heute erreicht. Darin habe ich Euch nicht verraten, niemals. Was die Intervention eines Dritten in dieser Angelegenheit angeht …«
Der Bankier zögerte.
»Also gut, da wir spielen, spielen wir es zu Ende: Es ist wahr, dass bestimmte Einzelheiten, die mir bekannt wurden, mein Gefühl verstärkt haben. Sie betreffen sowohl die Seehandelsgesellschaften, die Eure Familie erworben hat, als auch Eure Investitionen in der Bretagne und den Bau Eures Schlosses in Vaux. Das ist wahr. Aber was hätte ich denn tun sollen? Pardon, Monsieur, doch ich komme auf mein Argument zurück: Überlasst die Politik den Politikern; was mich betrifft, ich bin nur Bankier.«
Der kleine Mann ging auf den Minister zu, seine schwarzen Augen blickten ihn unverwandt an.
»Ich gehöre zu niemandem, Herr Oberintendant. Ich ziehe daraus übrigens auch keinen Nutzen, denn niemand würde mit mir oder einem der Meinen verbunden sein wollen, und wäre es als Teilhaber. Ihr denkt an die Regierung und – sehr nobel – daran, dem König zu dienen. Mit so etwas beschäftige ich
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