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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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mich nicht. Ich, ich sehe zu, dass ich überlebe. Ich habe zu viele von den Meinen auf dem Scheiterhaufen enden sehen, Herr Oberintendant, und bin daher wenig empfänglich für Schmeicheleien und Versprechungen.«
    Fouquet sah ihn ruhig an.
    »Nicht Partei ergreifen heißt schon Partei ergreifen, Monsieur Jabach. Eure Argumentation ist hohl. Gebe der Himmel, dass die Beförderung Monsieur Colberts zum Stellvertretenden Schirmherrn der Akademie der Schönen Künste, das heißt zum allmächtigen Herrn über den Kunstmarkt im Königreich, Eure Entscheidung nicht in irgendeiner Weise beeinflusst hat.«
    In Jabachs Augen blitzte es kurz auf.
    »Ich hätte anfügen sollen, dass ich wenig empfänglich für Beleidigungen bin, Herr Oberintendant«, schleuderte er ihm entgegen und schritt zur Tür.
     
    »So ein Hochstapler«, murmelte Fouquet, während er dem kleinen stolzen Mann nachblickte, der sich erhobenen Hauptes entfernte. »La Fontaine hat es mir oft genug gesagt.«
    Er ballte die Fäuste.
    »Reagieren, schnell, nicht eine Sekunde verlieren. Ich brauche unbedingt den Kredit. An Jabach räche ich mich später.«
    Mit einem Mal ergriff ihn Wut.
    »Colbert, der verdammte Schurke!«, schrie er.
    Seine Stimme hallte durch den leeren Raum.
    Ein Weinen ließ ihn herumfahren.
    »Papa«, schluchzte sein jüngster Sohn, den der Lärm erschreckt hatte, »Marie-Madeleine hat den Reifen gestohlen!«

Dampierre
    Dienstag, 24.   Mai, elf Uhr
    Seit dem Frühling zog Anna von Österreich sich mit Vorliebe in das Schloss von Dampierre zurück. Die langen täglichen Spaziergänge im Park, die in dem herrlichen Rosengarten endeten, bezauberten sie.
    Sie gönnte sich nun jeden Nachmittag eine kurze Mittagsruhe, was zweifellos auf ihr Alter zurückzuführen war. An diesem Morgen las die Königinmutter bei offenem Fenster in ihrem Boudoir und erfreute sich an den Düften der Blumen und an der warmen Maisonne. Sie trug eines der schwarzen Kleider, die seit dem Tode von Jules Mazarin ihre Garderobe bildeten. In ihrem fortgeschrittenen Alter verzichtete die Mutter des Königs auf alles, was als zu auffällig gelten konnte. Sie litt unter der Art und Weise, wie ihr Sohn sie von der Macht ausgeschlossen hatte. Sie, in deren Händen das geliebte französische Königreich gelegen hatte, dachte mit Wehmut an die Staatsangelegenheiten.
    »Monsieur Gabriel de Pontbriand«, meldete unvermittelt ein früherer Diener des Kardinals, der im Dienste Annas von Österreich geblieben war.
    Der junge Mann trat ein und fegte mit der Feder seines Hutes dreimal über den Boden in einer weit ausholenden, stilvollen Geste, die er nun meisterhaft beherrschte. Er trug ein blütenweißes Hemd. Seine Lieblingsstiefel aus fahlrotemLeder reichten ihm bis zu den Knien und verliehen ihm ein kriegerisches Aussehen.
    Was für ein schöner Jüngling!, dachte die Königinmutter, als sie ihrem Besucher die Hand zum Kuss reichte.
    »Seid herzlich willkommen in Dampierre, Monsieur de Pontbriand«, begrüßte ihn Anna von Österreich. »Ihr werdet hier als Freund empfangen. Die Empfehlung der charmanten Mademoiselle de La Vallière gilt mir als Passierschein«, fügte die Mutter des Königs hinzu und wies auf einen Sessel mit sonnengelbem Samtbezug.
    Beeindruckt vom würdevollen Gesicht der Herrscherin, war Gabriel bemüht, sich nichts von seiner Erregung anmerken zu lassen.
    »Majestät, Euer warmherziger Empfang geht mir zu Herzen. Ich habe Euch um eine Audienz gebeten in Erinnerung an meinen Vater, André de Pontbriand, der in London lebte«, begann Gabriel und blickte der Königinmutter in die Augen. Es war nicht zu übersehen, dass sie sich fragte, worauf er hinauswollte.
    »London ist eine sehr schöne Stadt«, unterbrach ihn seufzend die Herrscherin, plötzlich in ihren Erinnerungen verloren.
    »Mein Vater hatte vor seinem Tode den Wunsch geäußert, dass ich Euch diese Papiere zurückgebe, damit sie nicht in Hände fallen, die davon üblen Gebrauch machen könnten«, erklärte Gabriel und zog aus der Ledertasche, die er an einem Schulterriemen trug, einen Stapel Papiere, die mit einem roten Band zusammengebunden waren.
    Anna von Österreich hob fragend die Augenbrauen. Langsam löste sie das Band und begann zu lesen, ohne ein Wort zu sagen. Mit einem Mal wurde sie aschfahl und überflog fieberhaft jedes Blatt.
    »Junger Mann, wisst Ihr   … wisst Ihr   … Aber wie konnteEuer Vater sie sich verschaffen? Habt Ihr eine Idee, was diese Papiere beinhalten?«, fragte die

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