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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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Verwirrung.
    »Was habt Ihr?«, fragte die Königinmutter noch einmal.
    Dann trat sie einen Schritt vor, und dabei rutschte die Tasse von der Untertasse und zerbrach auf dem Parkett. Die Schokolade verlief sternförmig auf dem Boden.
    »Himmel!«, schrie Olympia.
    »Ach, das ist doch nicht so schlimm«, meinte die Königinmutter kühl.
    »Seht nur, Ihr habt sogar jemanden glücklich gemacht«, sagte Henrietta lachend, die sich beim Lärm der hinunterfallenden Tasse umgewandt hatte.
    Der Welpe, den der König seiner Mutter geschenkt hatte, um sie über ihr Alleinsein hinwegzutrösten, leckte die Flüssigkeit auf. Seine Herrin sah es mit Sorge.
    Als Olympia sich entfernte, ergriff Louise erneut das Wort.
    »Majestät«, sagte sie mit einem Knicks, »die Furcht, die ich Euch offenbarte, ist die einzige Entschuldigung für meine schlechte Erziehung. Davon habe ich Euch den besten Beweis gegeben, als ich vergaß, Euch noch einmal für die Gunst einer Unterredung zu danken, die ich für meinen Freund erbeten hatte, Monsieur de Pontbriand. Eure Großzügigkeit   …«
    »Monsieur de Pontbriand ist ein wahrer Edelmann, Mademoiselle, und ein charmanter Junge«, antwortete ihr freundlich die Königinmutter. »Es war mir eine große Freude, ihn zu empfangen. Die Leute, die kommen und etwas wollen, sind zahlreich, Leute aber, die kommen und aus freien Stücken etwas geben, sind unendlich viel seltener. Ich bin also diejenige, die Euch etwas schuldet, und ich muss Euch danken. Im Übrigen   … Oh, mein Gott!«
    Anna von Österreich unterbrach sich, als sie sah, dass der junge Hund auf dem Rücken lag und mit Schaum vor dem Maul an allen Gliedern zuckte. Es blieb ihr nicht mehr die Zeit, zu ihm zu stürzen, da war das arme kleine Tier schon tot. Aus seiner Schnauze lief eine bläuliche Flüssigkeit.

Schloss von Vincennes
    Samstag, 28.   Mai, zehn Uhr morgens
    »Zu heiß! Immer noch zu heiß!«
    Mit einer ärgerlichen Geste stieß der König den Kammerdiener fort, der gerade einen Wasserkübel in die kupferne Badewanne schütten wollte, in der er saß.
    »Erwärmen! Erwärmen, zum Teufel, nicht kochen! Ich bin doch kein Schwein, dem man die Haut abzieht!«
    Der Diener rannte hinaus, sein schwankender Wasserkübel hinterließ auf dem Boden breite, dampfende Spuren. Der König versank wieder in Gedanken. Das Frühlingslicht, das durch das Fenster seines Badezimmers strahlte, das Blau des Himmels, all das zusammen vertrieb seinen Zorn. Selbst das hartnäckige Gefühl in seinem Hinterkopf, dass es noch einiger Anstrengungen bedurfte, bis seine Macht dauerhaft gesichert war, konnte das Lächeln nicht trüben, das der Gedanke an Louises Antlitz und an ihr letztes Beisammensein vor nunmehr vierzehn Tagen auf sein Gesicht gezaubert hatte. Alles an ihr entzückte den jungen König: ihre Schönheit, ihr leidenschaftliches Temperament, ihre Lebensfreude, ihre Spontanität. Und ich werde Vater, dachte er, ohne dass der Gedankensprung ihn im Mindesten störte. Jetzt beschäftige ich mich doch schon wieder mit Politik, stellte er fest und tauchte den Kopf unter Wasser, als wollte er seine Gedanken verjagen.
    Als er die Augen unter Wasser öffnete, kam ihm das Antlitzvon Maria Mancini in den Sinn, so wie die Narbe einer schlecht verheilten Wunde dann und wann an das erinnert, was man erlitten hat. Maria, Louise: Ludwig XIV. bewahrte beide Namen in einem geheimen Winkel seines Herzens, der die Träume des jungen Mannes barg, der er nicht mehr sein durfte. Was die Königin anging, so hatte sie diese verborgenen Gestade mittlerweile verlassen, wo sie im Übrigen nur flüchtig verweilt hatte. Mit ihr zu verkehren, war eine Pflicht, die nur durch die sinnliche Natur und überschäumende Vitalität des Königs erträglich wurde. Die Nachricht von ihrer Schwangerschaft hatte ihren Gatten zwar erfreut, aber nur wie die Siegesmeldung von einem Schlachtfeld. Sein Ruhm, der noch im Entstehen begriffen war, erforderte einen Erben.
    »Hoffen wir, dass es ein Junge wird«, seufzte er halblaut.
    Dann hob er die Stimme: »He, wo bleibt das Wasser?«
    Schritte kündigten an, dass sich jemand näherte. In der Erwartung, warmes Wasser würde über ihn gegossen, lehnte sich der König zurück und schloss die Augen.
    »Mein Sohn, ich komme unangekündigt; bitte verzeiht mir mein Eindringen.«
    Als er die Stimme seiner Mutter vernahm, richtete sich Ludwig XIV. abrupt auf, wobei das Wasser überschwappte.
    »Madame?«, fragte er verwundert. »Der König von

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