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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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Respekt für meinen teuren Paten habe ich indessen die Entscheidung getroffen, ihr die Gunst des Exils zu gewähren. Sie wird sich noch heute in die Provinz zurückziehen. Dort kann sie für den Seelenfrieden des Kardinals beten und für den Rest ihrer Tage um göttliche Vergebung flehen.«
    Philipp von Orléans hatte sich wieder gefasst. Er hielt den Kopf gesenkt, sagte nichts mehr und erwartete angstvoll die ihm zugedachte Strafe.
    »Was Euch angeht, Monsieur, so gebe ich Euch eine letzte Chance, Euer Ansehen in meinen Augen wiederherzustellen und Euch des Erbes unseres Vaters würdig zu erweisen. Ihr heiratet wie geplant Henrietta von England. Ihr beherrscht Eure Triebe und macht unserer Mutter keinen Kummer mehr. Ihr gebt Eure Manie, Komplotte zu schmieden, ein für allemal auf!«, schloss Ludwig XIV.   Mit einer gereizten Handbewegung bedeutete er seinem Bruder, dass die Unterredung beendet war.
    Der Herzog von Orléans fand nicht den Mut, dem König zu antworten, und verließ wortlos den Raum. Alles in allem war er eher glimpflich davongekommen und gab sich selbstdas Versprechen, sich in Zukunft von allen Intrigen fernzuhalten.
     
    »Lasst Colbert eintreten«, brüllte Ludwig XIV.   Er kehrte zu seinem Arbeitstisch zurück und griff nach einem Brief.
    »Colbert«, befahl der Herrscher in immer noch wütendem Ton, als der Intendant eintrat und sich fast bis zum Fußboden verneigte. »Ihr informiert Olympia Mancini unverzüglich über die Beschlüsse, die hierin niedergelegt sind. Ihr wacht persönlich darüber, dass meine Befehle sofort ausgeführt werden. Sie muss Paris vor Anbruch der Nacht verlassen haben. Ist das klar?«
    »Ich kümmere mich darum, Sire«, antwortete Colbert. Er war neugierig zu erfahren, was das Schreiben enthielt.
    Kaum hatte er das königliche Kabinett verlassen, blieb er im Flur stehen und überflog im Schein eines Kerzenleuchters das Schriftstück, das die für Olympia vorgesehene Strafe festsetzte. Raschen Schritts begab er sich zu den Räumen im anderen Palastflügel, die von der Oberhofmeisterin der Königinmutter bewohnt wurden. Durch die kunstvoll gearbeiteten Holztüren hörte er die junge Frau schluchzen. Sicher hat der Herzog von Orléans sie schon von ihrem Schicksal unterrichtet, dachte Colbert, als er den Salon betrat. Bei seinem Anblick explodierte Olympia.
    »Ich werde alles erzählen! Glaubt nicht, dass Ihr Euch so aus der Affäre ziehen könnt! Es kommt überhaupt nicht infrage, dass ich allein dafür bezahle! Ihr habt genau gewusst, was im Gang war«, schrie die junge Frau und stürzte mit ausgefahrenen Krallen auf ihn zu.
    »Beruhigt Euch, Madame«, entgegnete Colbert in kaltem, herrischem Ton. »Ihr seid noch einmal davongekommen, und Eure Ungeschicklichkeit hätte uns teuer zu stehen kommenkönnen. Wie konntet Ihr nur so dumm sein und Euren Kopf riskieren?«, wies der frühere Vermögensberater des Kardinals sie zurecht. »Gift ist eine diffizile Waffe   … offensichtlich zu diffizil für Euch!«
    »Aber   …«
    »Nichts ›aber‹«, erwiderte Colbert. »Niemand hatte Euch gebeten, Euch derart unbeholfen anzustellen. Ihr solltet Euch glücklich schätzen, dass Ihr mit dem Leben davongekommen seid. Das Exil ist nicht der Tod! Doch ich warne Euch, der Tod wird Euch treffen, wo immer Ihr Exil sucht, solltet Ihr allzu große Lust verspüren, ins Blaue hinein zu reden! Mit einem Wort, verschwindet schleunigst von hier, ohne Aufsehen, und wartet nicht, bis der König seine Meinung ändert und Euch auf den Scheiterhaufen werfen lässt!«
    In Tränen aufgelöst, begriff Olympia Mancini, dass sie die Partie verloren hatte und die Verantwortung für ihre Taten allein tragen musste.
    »Also gut, das Exil ist nicht der Tod! Ich will Eurem Rat folgen, Monsieur. Aber Ihr wisst nicht, welche Tristesse im Winter in unseren Provinzen herrscht«, bekannte die junge Frau mit einer Stimme, die wieder sanft klang. »Um mein Schweigen sicherzustellen, wäre es da nicht klug, meinem Zwangsaufenthalt ein Minimum an Komfort zukommen zu lassen, damit ich mich ganz der Andacht und der Verschwiegenheit widmen kann?«
    Schrecklich, diese Mancinis, dachte Colbert, die ändern sich nie.
    »Dafür werden wir ausreichend Sorge tragen, Madame, verlasst Euch darauf.«

Palais du Louvre
    Freitag, 10.   Juni, zehn Uhr morgens
    »Dreiundfünfzig Kanonen aus Kupfer, davon vier schwere aus Schweden und eine Feldschlange, hundertsiebenundfünfzig aus Eisen, davon dreiunddreißig auf den Bastionen

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