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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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Also, ernste Angelegenheiten, sagt Ihr?«, fuhr er fort und hielt dem Falkner seine Faust hin.
    »Außerordentlich ernst, Sire«, bestätigte Colbert. »Eure Majestät weiß, dass ich nicht wagen würde, den Verlauf Eurer diplomatischen Obliegenheiten zu stören, wenn es nicht äußerst wichtig wäre.«
    Der König lächelte.
    »Schon gut, Colbert. Der Kardinal hat mir gesagt: ›unermüdlicher Arbeiter, aber trist wie ein Tag ohne Brot‹.«
    Colbert nahm die Abfuhr ohne Murren hin.
    »Dann also an die Arbeit. Meine Herren«, sagte der König und bedeutete den Zuschauern, sich zu entfernen. Ein Diener eilte herbei, um ihn von seinem gepolsterten Lederhandschuh zu befreien.
    »Und nun, Monsieur Colbert?«, fragte der König, als sie allein in seinem Arbeitszimmer waren, das nun wieder seiner ureigenen Bestimmung diente. »Was ist also zu befürchten?«
    »Ein Komplott, Sire, und eine Rebellion.«
     
    Ludwig XIV. biss die Zähne zusammen. Er konnte den Blick nicht von dem Plan abwenden, der auf seinem Arbeitstisch ausgebreitet war. Die Umrisse der Belle-Île, sorgfältig aufgemalt, waren darauf zu sehen, und das Netz der Verteidigungsanlagen und Geschütztürme war eingezeichnet. Ein Hafen war deutlich zu erkennen, mit grob skizzierten Schiffen. Auf jedem Teilstück der Befestigungsanlagen standen Zahlenkolonnen, die sich auf Munition und Waffen bezogen, sowie Namenslisten. Wutentbrannt hob der König den Plan hoch und zog darunter eine Karte in größerem Maßstab hervor, welche die Bretagne bis nach Nantes zeigte. Auch dort waren,mit derselben Genauigkeit, die Verteidigungsanlagen und die zur Verfügung stehenden Waffen eingetragen. Colberts Stimme unterbrach das Schweigen. Der König sah auf.
    »Auch ich, Sire, hätte den Unterlagen keinen Glauben geschenkt, wenn ich mir nicht ihrer Herkunft sicher wäre und wenn sie nicht das letzte Glied einer Kette erdrückender Verdachtsmomente lieferten. Doch ich musste mich den Tatsachen beugen. Ja, Monsieur Fouquet betrügt bei den Finanzen, vermengt seine Konten mit denen Eurer Majestät und fährt mit seinen alten Methoden fort, für die, so will er uns glauben machen, der Kardinal, Gott sei seiner Seele gnädig   …«
    Bei diesen Worten hob er die Augen gen Himmel, faltete seine Hände und verzog entrüstet das Gesicht.
    »…   die alleinige Verantwortung trägt. Ja, Monsieur Fouquet benutzt seine bretonischen Besitztümer, um sein Vermögen über die Handelsgesellschaften nach Amerika und nach Indien zu transferieren. Und als wenn das alles – Diebstahl, Betrug, Unterschlagungen, Schurkereien aller Arten, erschwert durch das Bestreben, so unschuldige oder leichtgläubige Seelen wie den jungen Pontbriand oder Mademoiselle de La Vallière, die er erwiesenermaßen regelmäßig aufsucht, in den Wahn mit hineinzuziehen   …«
    Der König erblasste, als er das hörte.
    »…   und als wenn das alles, sage ich, nicht genug wäre«, fuhr Colbert fort, ohne seine Befriedigung zu zeigen, »bereitet der Herr Oberintendant auch noch eine Rebellion gegen seinen König vor. In der Bretagne hat er nämlich, zweifellos für den Fall, dass seine Machenschaften aufgedeckt werden, eine Rückzugsbasis errichtet, von der aus er einen Aufstand anzetteln kann.«
    Colbert rang nach Atem und schwieg. Der König rührte sich nicht; er war bleich im Gesicht. Die Überfülle an Belegen und Fakten – so geschickt zusammengestellt, dass sie die Annahmen, Halbwahrheiten und Lügen verdeckten – hatte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Das Gefühl tiefer Verdrossenheit überkam ihn. Es wird also niemals aufhören, dachte er mit jähem Herzklopfen. Immer werde ich Angst haben, immer irgendwelche Machenschaften und Komplotte fürchten müssen.
    Als er aufblickte, sah er den gierigen Ausdruck in Colberts Gesicht und das Glitzern in seinen Augen.
    »Da sind die Beweise.« Der kleine Mann deutete mit einer theatralischen Bewegung auf die Schriftstücke, die aus seiner Aktentasche hervorquollen.
    »Gut«, sagte der König mit tonloser Stimme.
    Er seufzte tief auf.
    »Man müsste dieses Jahrhundert säubern«, sagte er leise.
    Der Intendant blickte ihn fragend an.
    »Verschließt Eure Akten sorgfältig in einer Truhe«, fügte der König hinzu und strebte zum Ausgang.
    Auf der Schwelle schien er sich zu besinnen.
    »Der Kardinal hat mich nicht getäuscht, was Euch betrifft, Monsieur Colbert. Ich werde mich daran erinnern.«
    Colbert verbeugte sich tief. Als er sich wieder aufrichtete, war der

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