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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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Jungfrau Maria anstimmten, schlüpfte einer der Jesuiten unbemerkt durch eine Seitentür hinaus zu den vier Männern, die noch immer an die Außenmauer der Kapelle lehnten.
    »Folgt mir, es ist Zeit.«
    Hinter der Kapelle stiegen die Männer die Stufen zur Krypta unter dem Chor von Saint-Cosmas hinab. Der Raum war von großen Fackeln beleuchtet. In der Mitte stand ein gewaltiger Tisch in Kreuzform mit hohen Stühlen. Sie bildeten das einzige Mobiliar. An der Wand hing ein einfaches Kruzifix aus Olivenholz.
    Nach ihnen betraten die Männer aus dem hinteren Teil der Kapelle den Raum und nahmen um den Tisch herum Aufstellung.
    »Das Kreuz Jesu ist unser ganzer Stolz.«
    Mit dieser von allen feierlich ausgesprochenen Losung wurde die Zusammenkunft eröffnet. Dann setzten sie sich. Nur die vier aus Paris gekommenen Männer blieben vor den Versammelten stehen. Der Anführer der Bande leerte mit äußerster Vorsicht den Inhalt seines Sacks auf den Tisch. Als er das Diebesgut endlich vor sich liegen sah, verzog sich sein Gesicht zu einem Grinsen.
    »Der Allmächtige hat uns bei unserer heiligen Mission beigestanden. Meine Herren, hier sind die Dokumente, die wir vor ein paar Stunden aus dem Privatkabinett Seiner Eminenz entwendet haben.«
    »Wir danken dir und deinen Leuten«, entgegnete der Älteste der Versammelten, dessen Gesicht zu einem großen Teil von einem schwarzen Filzhut verdeckt war. »Allerdings haben wir erfahren, dass ihr auch einen Gardisten umgebracht und zudem einen eurer Männer verloren habt. Der Herr unser Gottwird ihm als Märtyrer einen Platz zu seiner Rechten zuweisen, dessen bin ich mir sicher. Doch der Mord an der Wache wird uns großen Schaden zufügen. Wegen deiner Ungeschicklichkeit heute Vormittag richtet sich im Louvre schon der Verdacht gegen uns.«
    Der Mann mit den verschiedenfarbigen Augen wurde kreidebleich und senkte den Kopf. Mit solchen Vorwürfen hatte er nicht gerechnet.
    »Ich   … ich habe   …«, stotterte er.
    »Schweig! Darüber werden wir uns später unterhalten«, schnitt ihm der Vorsitzende der Versammlung das Wort ab. »Simon Petrus, führe sie bitte hinaus.«
    Der Jesuit, der sie an der Mauer abgeholt hatte, nickte, öffnete die Tür und bedeutete den vier Männern, ihm zu folgen.
    »Meine Brüder, unser Kampf gewinnt eine neue Dimension«, sagte der Älteste, sobald sie allein waren. »Mazarin sitzt die Angst im Nacken, und ich habe das Gefühl, dass diese Papiere hier meine Vermutungen bestätigen werden. Sein unrechtmäßig erworbenes Vermögen ist der alleinige Grund für seine Panik. Er spürt, dass seine Tage gezählt sind. Und der Hund wird alles tun, um seine Schandtaten zu verbergen. Mehr denn je ruft uns der Allmächtige dazu auf, das Königreich von solchen Betrügern zu säubern. Als ich vor ein paar Stunden aus dem Louvre aufbrach, habe ich erfahren, dass Jules Mazarin noch heute nach Vincennes abreist. Die Königinmutter wird ihn begleiten.«
    »Müssen wir denn noch länger hinnehmen, worüber sich ganz Paris lustig macht?«, rief einer der Verschworenen und schwenkte ein Pamphlet, das er am Nachmittag auf der Île de la Cité eingesteckt hatte und das er nun vorzulesen begann. Wie so viele andere in den vergangenen Jahren prangerte der Text mit erbarmungsloser Härte die intimen Beziehungen zwischen Jules Mazarin und Anna von Österreich an.
    »Ganz bestimmt nicht«, unterbrach ihn der Älteste der Devoten, »das war genau der Sinn der Unternehmung von heute Morgen, sie sollte uns den unwiderlegbaren Beweis für diese Schande erbringen: Wir brauchen unbedingt ihren geheimen Ehevertrag, um dem Pöbel die Augen zu öffnen und einen Skandal heraufzubeschwören, der die Beseitigung des Italieners rechtfertigt.«
    »Überhaupt gibt er sich mehr und mehr als wahrer Despot zu erkennen«, fuhr der Mann mit dem Pamphlet fort, »den Staatsrat leitet er seit Neuestem von seinem Schlafgemach aus – während man ihn rasiert!«
    »Wir müssen handeln. Gott befiehlt es uns«, erklärte ein anderer, der entrüstet aufgesprungen war.
    Das allgemeine Kopfnicken und zustimmende Gemurmel der Versammelten steigerte die Mutlosigkeit derer, die der Kardinal am selben Nachmittag als »Fanatiker, die auf den Scheiterhaufen gehören« bezeichnet hatte, nur noch mehr.
    »Wir müssen die Menge aufwiegeln«, fuhr er fort. »Ich schlage vor, Mazarin im Namen der christlichen Moral zu richten. Er muss für seine verwerflichen Taten bezahlen. Wir werden dem ganzen Königreich beweisen,

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