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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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dass die göttliche Gerechtigkeit auch die Mächtigsten der Mächtigen trifft. Meine Brüder, nehmen wir uns ein Beispiel an unseren Vorfahren, die Ravaillac ein Messer in die Hand zu geben wussten, um Heinrich IV. aus dem Weg zu räumen.«
    »Alles ist denkbar«, sagte der Älteste, der in der Zwischenzeit die gestohlenen Schriftstücke überflogen hatte, »aber nach einem ersten Blick auf diese Papiere hier fürchte ich, dass uns das wichtigste Dokument fehlt, um einen Prozess gegen ihn anzustrengen. Ich finde hier nichts, was einem Ehevertrag zwischen Mazarin und Anna von Österreich auch nur im Entferntesten ähnelt! Unsere Männer haben sich als absolut unfähig erwiesen!«
    Zähneknirschend warf er den Stoß Papiere auf den Tisch.
    »Hole sie sofort zurück, Simon Petrus«, befahl er.
    Ein tiefes Schweigen senkte sich über den Raum, während die Verschworenen darauf warteten, dass ihre Handlanger zurückkehrten. Endlich knarrte die Tür, und der Mann mit den verschiedenfarbigen Augen trat allein über die Schwelle. Ein paar Meter vor dem Tisch blieb er stehen.
    »Erinnere dich und bemühe dich, präzise zu antworten«, herrschte ihn der Vorsitzende an. »Hast du genau darauf geachtet, sämtliche Papiere an dich zu nehmen, die sich in dem mit Intarsien verzierten Sekretär befanden? Hast du auch die Geheimfächer durchsucht?«
    »Da war nicht eine Schublade, die mir entgangen wäre«, antwortete der Mann mit den zweifarbigen Augen ohne Zögern.
    In seinem Blick flammte eine Spur von Trotz, wenn nicht gar von Wut auf, weshalb der Älteste in etwas milderem Ton fortfuhr.
    »Die Sache ist sehr wichtig, uns fehlt ein wertvolles Schriftstück   … Bist du wirklich sicher, dass du nichts vergessen hast und dass du in deinem Bericht nichts ausgelassen hast, was uns dessen Fehlen erklären könnte?«
    Der Mann mit den verschiedenfarbigen Augen wirkte auf einmal verunsichert. Er überlegte einen Augenblick. Da, plötzlich schien ihm etwas eingefallen zu sein. Er trat einen Schritt vor, während er noch nach Worten suchte.
    »Vielleicht   … ja   … der Junge   … der, der tot ist   … er ist vom Dach in die Tiefe gestürzt«, erklärte er. »Er hatte eine Ledermappe in der Hand. Ja, jetzt bin ich mir sicher. Er hatte sie in der Hand, als er durch das Glasdach des Theaters fiel   …«
    Mit einer gebieterischen Handbewegung unterbrach ihn der Vorsitzende der Versammlung.
    »Geh«, sagte er, »lauf deinen Kumpanen nach und warte auf weitere Befehle von mir. Und erregt bloß kein Aufsehen, unternehmtnichts, was die Aufmerksamkeit auf euch lenkt. Seid vorsichtig!«
    Kaum war der Anführer der Diebesbande draußen, blickte er in die Runde.
    »Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wir müssen uns die verlorengegangenen Papiere so schnell wie möglich beschaffen. Was Mazarin angeht, so seid unbesorgt, er wird zu gegebener Zeit für seine Schandtaten büßen. Er und seine Familie von Aasgeiern werden früher oder später über den Ursprung ihres Vermögens und ihren unheilvollen Einfluss auf den Hof und das Königreich Rechenschaft ablegen müssen. Im Namen unseres Glaubens müssen wir unsere Mission vorantreiben, auf dass ein neues Zeitalter anbreche.« Der alte Mann erhob sich. »Lasset uns beten«, sprach er und faltete seine Hände. »
Pater noster, qui es in coelis   …«
    Während die Devoten beteten, löschte Simon Petrus eine Fackel nach der anderen, so dass es in der Krypta immer dunkler wurde. Dann öffnete er die Tür, und ein eisiger Windstoß schlug ihm entgegen. Es hatte aufgehört zu schneien.
    »…   sed libera nos a malo.«
    Der Älteste, dessen Gesicht unter dem merkwürdigen Hut halb bedeckt geblieben war, wünschte seinen Brüdern eine friedvolle Heimkehr, bevor Kardinal Mazarins Feinde noch einmal laut ihre gemeinsame Verpflichtung kundtaten:
    »Das Kreuz Jesu ist unser ganzer Stolz!«

Rue des Lions Saint-Paul
    Montag, 7.   Februar, elf Uhr morgens
    »Könntest du mir bitte zeigen, wo Monsieur de Pontbriand wohnt?«
    Als der Junge, der mit zerrissenen Hosen auf der Türstufe eines Hauses saß, den Kopf hob, traute er seinen eigenen Augen nicht. Dass in der Rue des Lions Saint-Paul eine so schöne junge Frau vorbeikam, war wirklich ungewöhnlich. Ungeniert musterte er die offenbar furchtlose Dame, die sich allein und zu Fuß in das einfache Viertel gewagt hatte, das im Norden von der Rue Saint-Antoine und im Süden von der Seine begrenzt wurde. Er errötete bis unter die Haarwurzeln, als er ihr

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