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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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möglich gehalten. Hatte sie seit dem Tode Ludwigs XIII. nicht mehr als ihre Pflicht getan und ihm die Macht erhalten, insbesondere während der schrecklichen Aufstände der Fronde? Was macht mir mein Sohn zum Vorwurf?, fragte sie sich, und ihr Zorn wurde nur noch größer, wenn sie daran dachte, dass er ihr seine Entscheidung nur wenige Stunden nach dem Tod ihres liebevollen Gefährten und treuen Mitstreiters mitgeteilt hatte. Auf einmal fühlte sich Anna von Österreich einsam und schwach. Bedrückt begab sie sich in ihre Gemächer.
    »Ich habe es geahnt. Ich habe geahnt, dass er es mir nicht danken würde. Er will sich nichts mehr sagen lassen   …«, murmelte sie im Gehen.

Schloss von Vincennes
    Mittwoch, 9.   März, neun Uhr morgens
    Mit weit ausholenden Schritten durchquerte Nicolas Fouquet den Park des Schlosses von Vincennes, so dass ihm der bezaubernde Anblick der Bäume entging, die noch einmal von einer feinen Eisschicht überzogen waren.
    »Der Teufel soll meine Spione holen!«, stieß er zähneknirschend aus, »mich nicht zu benachrichtigen! Dieses Pack!« Aufgewühlt ballte er seine Fäuste unter seinem weiten Umhang. »Und warum hat man mich nicht über die Sitzung des Staatsrats und die Ankunft des Königs unterrichtet?   … Das ist zweifellos ein Versehen«, beruhigte er sich dann rasch selbst.
    Dennoch wurde er das beklemmende Gefühl nicht los, dass sich etwas über ihm zusammenbraute.
     
    »Madame!«
    Wenig später verneigte sich der Oberintendant tief vor der Königinmutter, die im großen Vorzimmer zu den Gemächern des Königs ruhelos auf und ab ging.
    »Eben erst habe ich die traurige Nachricht erhalten.«
    Die Königin lächelte Fouquet an, glücklich darüber, nach all dem Leiden, das den schmerzlichen Tag bisher ausgemacht hatte, jemanden zu sehen, den sie schätzte.
    »Guten Morgen, mein lieber Fouquet. Der König hat Euchrufen lassen, nehme ich an«, sagte sie in ungewohnt affektiertem Ton.
    »Nein, Madame, ich bin herbeigeeilt, um Seiner Eminenz die letzte Ehre zu erweisen und Euch mein Beileid auszusprechen. Man hat mir allerdings berichtet, dass der König den Staatsrat einberufen habe   …«
    »Einen Rat, der auf einen kleinen Kreis beschränkt ist, wie Ihr zu Eurer großen Verwunderung feststellen werdet. Auch ich war mehr als überrascht   …«
     
    Einige Meter davon entfernt stand Ludwig XIV. am Fenster seines Privatkabinetts und blickte hinunter auf den gepflasterten Hof. Hinter ihm hörten Lionne, Séguier, Le Tellier und Colbert schweigend seinen trockenen Anweisungen zu, zwischen denen er immer wieder bedeutungsvolle Pausen machte.
    »Die Begräbnisfeierlichkeiten regeln wir später. Monsieur Colbert, Ihr ordnet die Hinterlassenschaft Seiner Eminenz, ohne dies aber schriftlich niederzulegen, und erstattet mir darüber Bericht. Das Testament des Kardinals darf nicht angefochten werden, weshalb es auch nicht offengelegt wird. Was die Ämter angeht, die Seine Eminenz bekleidet hat, so werde ich dem Rat morgen eröffnen, wie ich die Staatsgeschäfte in Zukunft zu leiten gedenke. Beruft ihn für neun Uhr ein, Monsieur Séguier.« Als er sich umdrehte, sah der König, dass seine Minister zur Salzsäule erstarrt waren. »Habt Dank und bis morgen.«
    Immer noch schweigend, verbeugten sich die vier Männer tief und wandten sich zur Tür.
    »Colbert, bleibt bitte noch einen Moment«, ließ sich da der König vernehmen.
    Colbert verkniff sich ein triumphierendes Lächeln und ließdie drei Minister vorbei, die hinausgingen, ohne ihn anzusehen.
    »Sire?«
    Ludwig XIV. setzte sich. Die Anspannung fiel etwas von ihm ab.
    »Mein Pate, Gott hab ihn selig, hat mir gesagt, dass ich zu Euch unbegrenztes Vertrauen haben kann.« Mit einer Handbewegung hieß er Colbert, der protestieren wollte, zu schweigen. »Er hat mir erzählt, welche Last Ihr auf Euch genommen habt, um uns gegen all die Verleumder und Aufrührer zu verteidigen. Ihr solltet wissen, dass ich so etwas im Gedächtnis behalte. Ich wünsche daher, dass Ihr mir berichtet, was Euch beunruhigt, und mich persönlich über die vertraulichen Unterlagen in Kenntnis setzt, mit denen Ihr befasst seid. Mein Pate schien mir in letzter Zeit in großer Sorge zu sein, insbesondere nach der Geschichte mit dem vorsätzlich gelegten Feuer und dem Diebstahl   … Ist man diesbezüglich inzwischen vorangekommen? War seine Sorge berechtigt?«
    »Sire, Ihr werdet verstehen, dass ich Ängsten keine Nahrung geben möchte, die sich als

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