1666 - Baphomets Rächer
Blutstropfen bedeckten das bleiche Gesicht. Der Mund stand wie zu einem letzten Schrei offen.
Nach zweimaligem tiefen Durchatmen hatte ich mich wieder gefangen. Mein Blick löste sich von dem makabren Souvenir, und ich konzentrierte mich wieder auf den Nebelstreifen mit seinem mörderischen Inhalt. Mein Plan, ihn zu vernichten, stand nach wie vor fest, jetzt erst recht, und so zögerte ich nicht länger. Hinter mir hörte ich den Ruf des Templers. Auch er musste den Kopf gesehen haben, aber um seine Worte kümmerte ich mich nicht, denn mein Ziel stand fest. Auch die andere Seite wollte wohl den Kampf, denn der Reiter traf keinerlei Anstalten, sich zurückzuziehen. Er blieb an seinem Platz.
Ich kam dem Nebel immer näher.
Jetzt sah ich auch, dass er keine kompakte Masse war. Er befand sich in einer ständigen Bewegung. Im Innern wallte und wogte es. An manchen Stellen wirkte er dichter, an anderen war er dünn und fast durchsichtig.
Mich trennten noch gut drei Schritte von ihm, als ich stehen blieb. Ich wollte auf Nummer sicher gehen. Das Kreuz sollte nicht länger unter meiner Kleidung verborgen bleiben. Schnell streifte ich die Kette über den Kopf und hielt das Kreuz in der Hand. Die Wärme störte mich nicht. Ich wollte etwas anderes herausfinden, und das konnte ich nur bei genauerem Hinsehen erkennen.
Über die Mitte des Kreuzes und auch über die Balken tanzten kleine Lichter. Das war für mich der Beweis, es mit einer starken Magie zu tun zu haben. Dennoch ließ ich mich von meinem Vorhaben nicht abbringen und legte die letzten drei Meter zurück.
Die Wand stand vor mir, sie schien mich locken zu wollen und aufzufangen. Ich sah auch das Zittern, was bei einer normalen Nebelmasse nicht der Fall war, und dann legte ich den letzten Schritt zurück und tauchte in die Masse ein…
***
Godwin de Salier war auf der Schwelle stehen geblieben und fühlte sich wie aus dem Spiel gedrängt. Er wusste auch, dass es nichts bringen würde, wenn er das Gleiche tat wie John Sinclair. Einer musste so etwas wie eine Rückendeckung bilden. Das Grauen setzte sich fort, als aus der Nebelwand etwas herausflog. Der Templer war nicht so weit weg, als dass er den Gegenstand nicht sofort erkannt hätte. Sein Magen zog sich bei diesem Anblick zusammen, und die Kehle wurde ihm eng. Es war furchtbar, denn hier rollte Jean Calus Kopf über den Boden. Auch Sinclair hatte ihn gesehen, aber er kümmerte sich nicht um ihn, sondern ging weiter. Sein Ziel war und blieb die Nebelwand mit ihrem mörderischen Inhalt. Godwin rief etwas hinter ihm her. Er sollte vorsichtig sein, und der Templer machte sich in diesen Sekunden bereit, seinem Freund zu folgen, falls der zu lange verschwunden blieb.
John war jetzt dicht vor der hellen Wand.
Dann ging er die letzten Schritte.
Godwin bekam jede Einzelheit mit - und sah, dass sein Freund in der nächsten Sekunde verschwunden war, als hätte er sich buchstäblich aufgelöst. Selbst die Umrisse seiner Gestalt waren nicht mehr zu sehen.
Und Godwin tat, was ihm seine innere Stimme befahl. Er setzte sich ebenfalls mit langsamen Schritten in Bewegung…
***
Ich war da und trotzdem woanders!
Der Weg hatte mich in eine andere Welt geführt. Geradewegs hinein in den dichten Nebel, und eigentlich musste ich kaum etwas sehen können, aber das war nicht der Fall. Eine genaue Erklärung konnte ich nicht geben. Ich erlebte ein Phänomen und nahm es hin, ohne weiter darüber nachzudenken.
Vor mir hockte der Reiter auf einem dunklen Pferd. Die Gestalt war in eine dunkle Kutte eingehüllt, aber das Gesicht lag frei. Es bestand aus einer hellen Masse, und ich musste nur einmal hinschauen, um zu sehen, dass es keine Haut gab, sondern nur Knochen.
Ich schaute auf einen Skelettschädel, der auf mich einen kompakten Eindruck machte. Zwei Augenlöcher sah ich, und mit ihnen begann der Unterschied zu einem normalen Skelettschädel. Diese Augenhöhlen hier waren nicht leer. In ihrem Innern tat sich etwas, da lauerte eine dichte Schwärze, die in der Mitte durch zwei helle Punkte oder Flecken unterbrochen wurde. Das Mund erinnerte an ein Loch, das ebenfalls mit einer tiefen Schwärze gefüllt war und durch nichts Helles unterbrochen wurde. Bewaffnet war die Gestalt mir einer Sense, was mich für einen Moment an den Schwarzen Tod erinnerte. Der aber hatte nie eine fertig geknüpfte Schlinge bei sich gehabt. Diese Gestalt schon. Beide Waffen warteten wohl auf neue Opfer. Das war nicht alles. Mit dem Skelett hatte ich
Weitere Kostenlose Bücher