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1667 - Die Früchte des Wissens

Titel: 1667 - Die Früchte des Wissens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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verloren.
    Cahlie zischte leise.
    Die vier anderen Späherinnen, die zu ihrem Stamm gehörten, merkten auf. Als kleine, verschrumpelte Gestalten starrten sie über die Köpfe ihrer Gefährten hinweg. Keine war aufgerichtet mehr als einen halben Meter groß. Doch ihre wachen Augen sahen mehr als die der Männer, sehr viel mehr. „Das Unwetter! Es ist viel zu nahe! Wir brauchen einen Unterstand!"
    Siebzehn Läufer gehörten zu ihrem Stamm. Sie zerstreuten sich binnen zehn Sekunden, irrten durch die Farngebiete und suchten nach einer Stelle, an der man sich eingraben konnte. Und wieder war es Cahlie, die als erste Erfolg hatte. Sie rief alle mit Geschrei heran. Im Dickicht gab es eine flache Stelle. Niisu selbst sah nur die rote Färbung der Gewächse; für sie jedoch, die so viel mehr aus der Frucht verdauen konnte als er, war der Hinweis deutlich. „Grabt da!" gebot sie. „Die Wurzeln reichen nicht sehr tief."
    Niisu bückte sich; doch ein schnaubendes Geräusch ließ ihn in der Bewegung stocken.
    Einer der Nomaden hatte sich hoch aufgerichtet. Es war Hapt, der schnellste Läufer des Stammes. „Versuchen wir es mit dem Gebirge", schlug er vor. „Da liegt unser Ziel! Ihr wißt das genauso wie ich. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es."
    Seine Haut war fast schwarz, die Haare waren dagegen hell, und sein Gewand war das bei weitem zerrissenste von allen. Hapts Verdauung arbeitete nicht besonders gut.
    Ständig neigte er zum Leichtsinn, immer waren seine Kenntnisse von dem Land, durch das sie sich bewegten, die geringsten. Noch nie in seinem Leben hatte er eine Frau getragen oder einen Nachkommen gezeugt, aber das war kein Wunder, denn eine Frau suchte sich ihren Partner gründlich aus. „Schluß", entgegnete Niisu. „Wir schenken den Sterngefährtinnen Glauben. Du kannst auch allein gehen, Hapt."
    „Ich verlange, daß wir reden."
    „Dazu bleibt keine Zeit."
    „Wenn wir die falsche Entscheidung treffen, geht noch mehr Zeit verloren."
    „Die Entscheidung kann nicht falsch sein", versetzte Niisu zornig. „Keiner sollte zweifeln. Nicht in diesem Augenblick."
    Hapt verschluckte eine böse Erwiderung. Wortlos machten sich die Läufer an die Arbeit. Die Frauen blieben auf ihren Schultern hocken und lauschten angestrengt. „Still!" sagte plötzlich eine.
    Nur dieses eine kurze Kommando, doch es war genug. Alle hielten inne. Durch das Unterholz drang ein Geräusch von berstendem Holz. In Niisus Geist entstand das Bild eines fürchterlichen, tödlichen Räubers, der bei Nacht auf Beutezug ging - und den er niemals in seinem Leben gesehen hatte. Ein Brehem wog zehnmal mehr als jeder Läufer. Durch seine gestreifte, dunkle Gestalt war es im Wald des Landes Boor beinahe unsichtbar. Und jetzt, da es den Wetterumschwung nahen spürte, wurde es gefährlich munter. „Das Ding verschwindet", flüsterte Hapt. Er war bleich geworden, lächelte aber schon wieder. „Es entfernt sich."
    Niisu schaute fragend auf die Frauen. „Ja", sagte eine. „Er hat recht. Weiter."
    Ganz in der Nähe stob in heller Panik ein Dutzend Zasavögel aus dem Unterholz. Es war höchste Zeit, sogar für sie. Niisu und die anderen erstarrten nur sekundenlang. Sie rissen ihre Lederbeutel von den Hüften und holten die Messer heraus. Damit pflügten sie knietief den Boden um. Ihre Frauen balancierten auf den Rücken und riefen kurze Kommandos. Mit aller Kraft arbeitete er, ebenso wie Hapt, Seite an Seite mit den anderen, und schon bald spürte er seine Arme erlahmen. Die gerodete Mulde wuchs, bis sie siebzehn Läufer aufnehmen konnte. Nicht mehr als eine halbe Stunde brauchten sie dafür. „Das reicht!" kommandierte Cahlie. „Suchen wir Steine!"
    Niisu richtete sich aus der Hocke auf. Er reinigte hastig sein Messer, indem er es durch ein Stück Baumrinde zog, und folgte Cahlies Wink in Richtung Norden. Wir benötigen weiches Gestein. Damit wir es schneller bearbeiten können, als der Sturm da ist.
    Eine Lichtung brauchten sie... Dort fand man Baumaterial von der Sorte, die sie wollten. „Siehst du etwas, Cahlie?"
    „Ich glaube schon. Dahinten, im Schatten."
    Zwischen Farngewächsen lag jede Menge Geröll. Das meiste sah aus wie Granit oder hartes Vulkangestein, man konnte es nicht verwenden. Die weichen, rötlichen Klumpen zwischendrin lohnten den Aufwand kaum. Dennoch bückte sich Niisu, nahm sein Messer zur Hand und grub zwei der dicksten Brocken aus. Beide waren so groß wie sein Schädel. In jede Armbeuge nahm er einen, und so beladen wankte er

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