1669 - Der Kyberklon
„Da ist er."
Sie wies in das über ihrem Pult aufgebaute Holorama, in dem zu sehen war, wie der Kyberklon, steif wie eine Statue, auf gleicher Höhe mit der Kabine in die Tiefe sank.
Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, bis Mariaan verkündete, daß sie die 1000-Meter-Marke erreicht hatten. Danach dauerte es nur zehn Minuten, bis die Stützhaken unter bedrohlich klingenden Geräuschen im Fels verankert waren.
Mariaan schaltete die Antigravs auf Automatik. Sie würden auf jede noch so geringe Höhenverschiebung reagieren und sich regulierend einschalten. „Alles klar", sagte Mariaan und legte ihre Hände entspannt auf die Konsole. „Voltago macht mir einen etwas ungeduldigen Eindruck. Seid ihr bereit?"
„Mein Okay hast du, Mila", sagte Doc Seljuk mit einem Seitenblick auf seine medizinischen Apparaturen. Er gab ihr ein aufmunterndes Zeichen mit dem nach oben gerichteten Daumen. Mila erwiderte die gutgemeinte Geste nur mit einem zaghaften Lächeln.
Auch Nadja gab Mila den erhobenen Daumen zu sehen, bevor alle ihre SE-RUNS schlössen. Nadja öffnete der Schwester das Schott. „Voltago soll in ständigem Funkkontakt mit uns bleiben!" rief Mariaan ten Segura Mila nach, bevor die junge Frau etwas umständlich durch das Schott ins Freie kletterte und sich dem bodenlosen Nichts überließ. „Wir wissen, daß seine Systeme ausfallsicher sind. Er soll nur ja nicht vergessen, daß Perry Rhodan von oben alles beobachtet."
*
Mila war die Sache zunächst voller Selbstbewußtsein angegangen. Ihr konnte nichts geschehen, sie hatte absolutes Vertrauen zu Voltago gefunden. Er hatte es zudem mit nicht erwarteter Meisterschaft verstanden, ihre Ängste vor dem Unbekannten zu nehmen.
Aber als sie jetzt im Nichts von der Rettungskabine fortschwebte, bekam sie doch weiche Knie. Nach zwanzig Metern verschwand die Kabine hinter seltsamen Nebelschleiern, die es hier eigentlich nicht geben durfte. Dafür tauchte vor ihr Voltago auf. „Kommst du zurecht, Mila?" fragte er. Sie hörte seine Stimme über die Lautsprecher ihres SERUNS. „Ich bin im Umgang mit dem SERUN vertraut", antwortete sie. „Nach wenigen Metern kannst du dich auf die Syntronik des SERUNS nicht mehr verlassen", warnte Voltago, während er sich langsam tiefer sinken ließ. Dabei brachte er sich an ihre Seite und faßte sie mit einem Arm um die Taille. „Ich schlage darum vor, daß du gleich jetzt alle Steuersysteme desaktivierst und dich mir anvertraust. Das verkürzt den Gewöhnungseffekt. Lediglich den Antigrav kannst du benutzen, aber verlasse dich nicht auf seine Automatik."
Mila war total überrascht und versuchte, seinen Griff zu lockern. Sofort ließ er sie los, blieb aber in ihrer Reichweite. „Alles in Ordnung bei euch, Schwester?" erkundigte sich Nadjas Stimme in Milas Empfänger, als sie eine Tiefe von 1200 Metern erreicht hatten.
Nadja wiederholte ihre Anrufe und versuchte, mit der Schwester Konversation zu führen. Aber Mila empfand dies mit der Zeit als störend, weil es ihre Konzentrationsfähigkeit minderte, und antwortete immer einsilbiger.
Nadja entging das nicht. Daraufhin hielt sie sich deutlich zurück. „Wie willst du vorgehen, Voltago?" erkundigte sich Mila. „Ich möchte mit dir zuerst einmal an die Grenze gehen, an der Nadjas Einfluß auf dich nachläßt", antwortete der Kyberklon. „Von hier an möchte ich dich schrittweise weiterführen, um zu sehen, wie lange ich dich vor den negativen Einflüssen bewahren kann. Keine Angst, Mila, ich gehe sehr behutsam vor."
„Ich weiß, ich glaube dir", sagte Mila.
Die Anspannung war von ihr wieder abgefallen, sie konnte dem Kommenden ohne Angst entgegensehen. Das machte wohl Voltagos Einfluß aus.
Bei einer Tiefe von rund 1900 Metern meldete sich Nadja nach einer längeren Pause wieder. „Mila? Wie fühlst du dich? Mich hat eine seltsame Unruhe erfaßt, als würdest du mir Signale einer aufsteigenden Panik senden."
„Das kann nur Einbildung sein, Schwesterherz", erwiderte Mila geradezu euphorisch. „Ich fühle mich prächtig. Ich kann es kaum erwarten, die Grenze zu überschreiten und ..."
Mila unterbrach sich. Nun verspürte auch sie das leise Gefühl von Panik, das Nadja angesprochen hatte. Sie war der Hemmschwelle schon ganz nahe, die sie unter normalen Umständen nicht überschreiten durfte, wollte sie nicht die sonst üblichen schrecklichen Anfälle riskieren. „Ich bin bei dir, Mila", ließ sich Voltago von ganz nahe vernehmen. „Ich schirme dich ab."
„Die Panik
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