167 - Jagd auf die Teufelin
seine Greueltaten nicht alle schildern. Er wurde auch nicht älter. Es heißt, daß seine Augen im Dunkeln glühten und daß er einen durchdringenden Schwefelgeruch verbreitete."
War das vielleicht Asmodi gewesen? Er war auf Haiti zugange gewesen, wo ich ihn dann vernichtete. Aber das paßte doch schlecht ins Bild, denn wie sollte er auf Kuba ein Grab haben, und das schon sehr lange? Andererseits, bei Dämonen wußte man nie.
„Als seine Sklaven und Untergebenen die Qualen nicht länger aushalten konnten, erstand ihnen die Rettung", fuhr Kiwibin fort. „Eine Jungfrau opferte sich. Sie gab sich Senor Diablo hin, und sie durchbohrte ihn mit dem angespitzten Längsbalken eines geweihten Kreuzes aus altem Silber. Diablo starb. Doch auch die Jungfrau mußte ihr Leben lassen. Sie alterte binnen weniger Stunden um viele Jahrzehnte und verblich als eine steinalte Frau. Man hat sie auf ihren Wunsch hin nach San Vicente, der Bezirkshauptstadt, gebracht, wo sie der Überlieferung nach im Mittelgang der Kathedrale ruht, unter den Steinplatten, als La Virgen de San Jaguey oder La Libertada, die Befreierin. Diablo aber setzte man in ungeweihter Erde in einer mondlosen Nacht bei und gab ihm einen toten Hund und einen halbverwesten Ziegenbock mit ins Grab, damit er sich keine weiteren Opfer hole. Man häufte Steine über Steine auf den Leichnam des Unseligen, der gleich nach seinem Tod rabenschwarz geworden war. Aber es half alles nichts. Sein Geist geht trotzdem um und holt sich Opfer, heißt es. Die Umgebung des Grabes ist verrufen, dort ist es nicht geheuer. Mehrere Menschen verschwanden, bevor man die Tumba Satanäs völlig mied und ihre Umgebung zum Sperrbezirk erklärte. Viele Jahre lang wurde das Satansgrab gemieden, außer von einigen Verrufenen, die dort frevelhafte Rituale abhielten. Es heißt, wer einen Stein von dem Satansgrab berührt, altert von da an jeden Tag um ein Jahr. Binnen kurzem stirbt die betreffende Person als Greis oder Greisin."
Das erinnerte mich wieder an Angelina. Aber ihren Opfern die Lebenskraft auszusaugen, war durchaus dämonenüblich.
„Nach der Revolution änderte sich manches, und ein neuer Geist kehrte auch in den Bergen ein", sagte Kiwibin. „Von staatlicher Stelle aus wollte man unbedingt erreichen, daß auch das Land in der Umgebung der Tumba Satanäs urbar gemacht wurde. Überhaupt wollte man aufräumen mit all dem alten Aberglauben. Aber der Kampf dagegen hat sich als zäh und langwierig erwiesen."
Das glaubte ich gern.
„Einige Kühne, die den Campesinos ein Beispiel geben wollten und die zum Satansgrab vordrangen, verschwanden spurlos. Die Bezirkskommissare ließen die Angelegenheit dann stillschweigend unter den Tisch fallen. Sie hatten auch andere Sorgen. Erst vor einem halben Jahr ist der Fall wieder aufgegriffen worden. Damals schickte man eine Abteilung Pioniere, die das Grab sprengen sollten, um ein für allemal mit dem Spuk aufzuräumen."
„Und sie sind nie wiedergekommen", bemerkte ich.
„Woher weißt du das, Brüderchen?" fragte Kiwibin. „Die Soldaten verschwanden mit Lastwagen, Ausrüstung, Jeeps, MGs, Sprengstoff und allem Drum und Dran."
„Da ist man in Havanna endlich hellhörig geworden und hat begriffen, daß es sich nicht nur um einen blöden Aberglauben handelt. Daraufhin hat man sich an den Großen Bruder Sowjetunion gewandt, und siehe da, der Große Bruder setzte den Genossen Kiwibin in Marsch. Der seinerseits wollte die Suppe nicht allein auslöffeln und versicherte sich mit miesen Tricks der Hilfe eines Engländers namens Dorian Hunter, auch als Dämonenkiller bekannt, und dessen Lebensgefährtin Coco Zamis. Besagter Kiwibin möchte sich die Kastanien gern aus dem Feuer holen lassen, damit er befördert wird oder zumindest den Ruhm einheimst."
„Das darfst du nicht sagen, Dorian. Ich bin genauso vor Ort wie ihr auch und werde das Risiko nicht scheuen. Außerdem könnt ihr, wenn ihr wollt, nach getaner Arbeit einen Orden haben. Oder auch zwei, nämlich einen kubanischen und einen sowjetischen für besondere Verdienste."
„Dann lieber drei Wochen Urlaub am Schwarzen Meer, mit Kaviar jeden Tag, in einem der besten Hotels, das sonst nur hohen Funktionären vorbehalten ist", sagte ich. „Was soll ich mit dem Sowjetstern oder dem Leninorden?"
„So hoch würde ich nun nicht greifen. Ich dachte mehr an einen geringeren."
„Auch das noch. Wir werden uns noch darüber unterhalten, Kiwibin. Was ist das?"
Eine Gestalt lag vor uns auf der Straße, die
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