1678 - Im Brennpunkt der Spindeln
entwickelte Algorithmus enthält neue Komponenten, die bewirken, daß die Roboter des vierzehnten Stammes nicht nur das Wissen und die Erfahrungen der ersten dreizehn Stämme besitzen, sondern auch bereits ein Extrapolations-Schema für den fünfzehnten Stamm entwerfen. Hier gibt es ein Problem. Eine optimale Nutzung dieses Prinzips ist nur dann möglich, wenn bei der Genese des folgenden Stammes alle Maschinen des aktiven Stammes oder deren Wissen noch vorhanden sind. Mit jedem verlorenen Androgynen geht eine Schwächung des nächsten Stammes einher."
Er hielt inne, weil er die heftige Kopfbewegung Nadjas erkannt hatte. „Ein ziemlich menschliches Prinzip, findest du nicht?" meinte sie. „Ja, ja gewiß." Robert Grueners Blick wandte an Nadja vorbei zu Mila. Doch die Spiegelgeborene blieb stumm. Sie starrte durch ihn hindurch und erweckte den Eindruck, als habe sie überhaupt nicht zugehört. Mit einem leisen Seufzer nahm der Kybernetiker es zur Kenntnis und wandte sich an den fünften seiner Zuhörer. „Sag du wenigstens etwas."
„Gern." Myles Kantor schenkte ihm ein freundliches Lächeln, und es entschädigte Robert Gruener für alles, was er in letzter Zeit durch Ertruser, Syntroniken, böse Nachbarn und neidische Konkurrenten hatte erdulden müssen. „Die äußere Situation hier an der Großen Leere bringt es mit sich, daß den Androgynen eine bedeutendere Rolle zukommt, als dies ursprünglich vorgesehen war. Nicht nur, daß sie die Brückenköpfe auf dem Herflug bildeten und wir auf dem Weg zurück in die Milchstraße bei den Coma-Stationen haltmachen werden. Sie werden auch zurückbleiben. Es kommt auf die Umstände an, wozu sich die Schiffsführung entschließen wird. Und sie werden lange allein sein, vielleicht Jahrhunderte oder Jahrtausende oder länger. Daher erscheint es mir sinnvoll, wenn auch die neuen Stämme bald ihre Tauglichkeit unter Beweis stellen. Ich werde mich dafür einsetzen, sie sobald wie möglich zu erproben."
Robert Gruener wollte dem terranischen Chefwissenschaftler fast schon um den Hals fallen, bremste sich aber mühsam. Er wurde rot, und Syla Poupin gluckste erheitert, erhielt von ihrem Artgenossen als plump vertrauliche Erwiderung einen Ellenbogenstoß und ergrünte. Aus Zorn und Heiterkeit zugleich. „Ich ... ich danke dir, Myles. Vielen ... Dank", brachte Gruener hervor. „Du brauchst mich nur zu verständigen. Die Androgynen stehen dir umgehend zur Verfügung."
„Das ist doch selbstverständlich, Robert. Du brauchst dich nicht extra zu bedanken. Wir sehen uns später."
Robert Gruener schluckte. Ein dicker Kloß saß plötzlich in seinem Hals, und er brachte kein Wort hervor.
Myles Kantor wandte sich an Mila und Nadja Vandemar. „Wir suchen noch immer Voltago", sagte er. „Ihr wißt nicht zufällig, wo er sich befindet?"
Nadja schüttelte den Kopf, während Mila sich losriß und in einen Nebenraum eilte. „Sie brauchen - Ruhe. Erholung. Stille." Der Kybernetiker sprach mit übergangslos klarer Stimme. „Verstehst du das?"
Myles senkte bestätigend den Kopf, reichte ihm die Hand, winkte den beiden Siganesen zu und ging.
*
Die tiefe, sonore Stimme von Cyrus Morgan war ohne weiteres dazu angetan, Blues zu erschrecken. Bei Ertrusern wirkte sie gar nicht, und Siganesen nahmen erfahrungsgemäß meist Reißaus, wenn sie nur seinen Namen hörten. Diesmal fielen die unterschiedlichen Reaktionen der Mitglieder verschiedenster Völker allerdings nicht ins Gewicht. Die Aufmerksamkeit aller Anwesenden war auf die Holos gerichtet, welche die Umgebung des Labortrakts zeigten. „Sie kommen, Myles", sagte Morgan hastig. Der Chefwissenschaftler der BASIS meinte die beiden Arcoana, die sich in einem der Korridore näherten. Die Wächter aus Arlo Rutans Kampftruppe ließen sie anstandslos passieren.
Kantor lächelte flüchtig. Er hatte es gewußt. Länger als ein paar Stunden hatten es Colounshaba und Pulandiopoul ohne die Spindeln nicht in ihrem Schiff ausgehalten. „Syntron, wo kannst du Ennox erkennen?" fragte Myles. „Sie befinden sich alle ohne Ausnahme im vorderen Teil der BASIS. Zwei halten sich in der ATLANTIS auf und beschatten Theta von Ariga. Was sie von ihr wollen, läßt sich nicht ermitteln. Vermutlich ist es reine Neugier. Sie machen aber keine Anstalten, sich ihr zu nähern. Einer geht Bully auf die Nerven, der in seiner Kabinenflucht auf und ab geht und endlich seine Ruhe will."
„Und Philip? Wo steckt der?"
„In der
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