1682 - Das Blutschiff
mehr, die es nicht geschafft haben, zu echten Vampiren zu werden. Und ich denke, dass du mit ihnen zusammen bist. Du hast die Toten hier nicht allein hinterlassen. Stimmt es?«
Der Angesprochene fand keine Antwort oder Erklärung. Er blickte nur unsicher, beleckte seine Lippen, schüttelte den Kopf und hob die Schultern.
»Was ist? Hast du Probleme? Oder musst du zugeben, dass ich recht habe.«
»Das hast du.«
»Wunderbar. Du bist nicht allein. Du bist einer aus der Gruppe, denke ich mir.«
»Das stimmt.«
»Wunderbar. Und was ist mit deinen Freunden? Ergeht es ihnen ebenso wie dir?«
Er nickte.
»Sehr gut.« Die Cavallo sprach im Plauderton weiter. »Das ist alles perfekt und du musst dankbar dafür sein, dass du mich getroffen hast, denn ich kann bei dir und deinen Freunden das vollenden, was Will Mallmann begonnen hat. Verstehst du?«
Er musste erst nachdenken. Die nur wenigen Sätze hatten ihm völlig neue Perspektiven eröffnet. Er wüsste nicht, wohin er schauen sollte. In seinem Kopf bewegten sich bestimmt zahlreiche Gedanken, und Justine breitete lässig die Arme aus.
»Sag ja oder nein!«
»Ja!«
»Schön. Ich habe recht. Und du würdest alles darum geben, so zu sein wie ich.«
»Es ist unser Ziel.«
»Wunderbar, dass du dabei deine Freunde mit einbezogen hast. Ich weiß, wie es in euch aussieht, und ich möchte euch allen den Rest geben, der euch die neue Existenz garantiert. Ist das ein Wort?«
Justine erwartete keine Jubelschreie. Sie hatte nur einen Köder ausgelegt und hoffte, dass der andere anbiss. Noch tat er nichts. Er war wohl zu überrascht, um etwas zu sagen. Er stimmte weder zu, noch lehnte er ab.
»Was ist mit dir? Glaubst du mir nicht?«
»Ich - ich - weiß nicht.« Seine Unsicherheit war längst nicht verschwunden.
»Es ist so einfach, ich brauche nur das Blut zu trinken, das in dir steckt. Und du bist da, wo du eigentlich schon lange hast sein wollen.«
Sein Blick flackerte. »Und - und - was soll dir das bringen? Warum willst du das tun?«
Justine verzog die Lippen. »Weil es auch mir keinen Spaß macht, allein durch die Welt zu gehen. Ich brauche jemanden, auf den ich mich verlassen kann. Verstehst du? Eigentlich hasse ich es, immer nur zu suchen, und deshalb bin ich froh, dich gefunden zu haben. Ich bin schon lange auf der Suche und eigentlich möchte ich das vollenden, was Will Mallmann begonnen hat. Zusehen, dass Menschen zu Vampiren werden, dass sie sich am Blut der anderen ergötzen können. Dass sie zu einer Macht werden und ihre Unsterblichkeit ausnutzen. Auch Dracula II wollte das, aber er ist nicht mehr dazu gekommen. Der Grund ist egal, ich möchte nur, dass du weißt, dass ich voll und ganz auf eurer Seite stehe. Damit meine ich nicht nur dich, sondern auch deine Freunde, die es noch gibt.«
»Ja, ich verstehe.«
»Umso besser. Wie heißt du?«
»Paul.«
»Okay, Paul.« Den eigenen Namen behielt Justine für sich. »Dann kommen wir mal zur Sache. Ich weiß, dass du nicht allein bist. Wo befinden sich deine Freunde?«
»Sie sind nicht hier.«
Die Cavallo musste lachen. »Das sehe ich. Rede vernünftig.«
»Sie warten die Nacht ab.«
»Auch gut. Und wo?«
»Nicht weit von hier. Die Nacht gibt uns Schutz, obwohl wir auch am Tag leben können. Aber in der Nacht schlagen wir wieder zu.«
Justine nickte. »Das sollt ihr auch weiterhin, nur werdet ihr Verstärkung bekommen, und das bin ich. Wir werden gemeinsam zu deinen Freunden gehen. Ihr alle seid noch immer im Werden, und dieses Werden hat an einer bestimmten Stelle gestoppt. Ihr könnt euch nicht mehr weiter entwickeln. Genau das will ich ändern. Mit dir fange ich an. Zuvor aber muss ich wissen, was dein nächstes Ziel ist und wo sich deine Freunde aufhalten.«
»Auf dem Schiff.«
»Auf einem Schiff? Und wo liegt es?«
»Wir müssen in die nächste Bucht. Sie ist sehr schmal. Das Wasser ist dort auch flach. Wo es anfängt, tiefer zu werden, liegt unser Segelschiff. Dort warten meine Freunde auf mich. Wir wissen, dass es Nebel geben wird, und wenn er kommt - das wird schon am Abend der Fall sein -, stechen wir in See. Das ist alles ganz einfach.«
»Denke ich auch. Und ich glaube ebenfalls, dass noch Platz für mich an Bord ist. Wie lange dauert es, um euren Segler zu erreichen?«
»Nicht lange. Wir müssen nach Süden gehen. Bevor die Klippen in die Höhe steigen, kannst du das Boot sehen.«
»Danke.«
»Ja, ja, und wie geht es weiter? Wenn du alles so meinst, wie du es mir gesagt hast,
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