1688 - Der Killer mit den Mandelaugen
beachtete ihn nicht mehr, denn jetzt ging es um Suko, den ich nicht in meiner Nähe sah. Weggelaufen war er auch nicht, aber ich sah etwas anderes, was mich schon misstrauisch machte.
Der Transporter bewegte sich. Er schaukelte leicht hin und her, was sich besonders auf die Ladefläche bezog. Aber dort trieb kein Paar seine Spielchen. Was da ablief, war lebensgefährlich.
Ich huschte an der Seite entlang und war mit wenigen Schritten an der Rückseite, an der die Tür offen stand. Beide Hälften waren zur Seite gedrückt und meine Sicht war frei.
Zwei Männer kämpften auf Leben und Tod!
Der Ninja blutete, aber er gab nicht auf. Suko hatte auf ihn geschossen, den Schuss hatte ich nicht gehört. Die Kugel steckte im rechten Oberschenkel des Kämpfers.
Der Mann gab nicht auf.
Aber er war in seinen Bewegungen eingeschränkt, und nicht nur das. Auch die Enge der Ladefläche machte es ihm unmöglich, sein Schwert so zu führen, wie er es wollte. Zudem knickte er bei jeder Bewegung nach rechts ein, wobei er hart zu kämpfen hatte, denn er verlor zwangsläufig seine Geschmeidigkeit.
Immer wieder zuckte seine tödliche Waffe wie eine zustoßende Klapperschlange nach vorn, um Suko zu treffen.
Der wich aus.
Bis sich der Kämpfer mit einem wilden Schrei auf den Lippen herumwarf, sein Schwert dabei anhob, dessen Spitze an der Decke entlang rutschte und so gestoppt wurde.
Der Mann selbst fiel auf die Knie. Er ließ seine Waffe aber nicht los, drehte den Kopf und schaute dabei in zwei Mündungen, denn auch ich zielte von draußen auf ihn.
»Es ist vorbei«, sagte Suko.
Ein schriller Schrei war die Antwort. Einen Augenblick später war der Mann tot. Er hatte sich tatsächlich mit einer einzigen Bewegung die Kehle durchgeschnitten. Wie eine Puppe kippte er nach vorn, begleitet von einem Blutstrahl, der aus seiner Wunde quoll …
***
Sekundenlang geschah nichts. Da hingen Suko und ich unseren Gedanken nach, bis mein Freund die erste Bemerkung machte.
»Das war’s wohl.«
»Ja, aber nur vorläufig.«
»Was ist mit dem Zweiten?«
»Er hat sich ebenfalls umgebracht.«
»Aber ich habe Schüsse gehört«, sagte Suko erstaunt.
»Stimmt. Er hat sich trotzdem dafür entschieden, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen. Er hat wohl die Schande und die Schmach einer Niederlage nicht ertragen können.«
Ja. So war es wohl gewesen. Ich machte Platz, damit Suko ins Freie klettern konnte. Erst jetzt legte sich die Anspannung bei mir, dafür zitterten plötzlich meine Knie. Es war menschlich, denn so einfach steckte ich eine Szene wie diese auch nicht weg.
Vorhin hatte es keine Zeugen gegeben. Mir war unklar, woher plötzlich die Menschen gekommen waren. Auch der Hausmeister befand sich darunter. In der Ferne war das Heulen von Polizeisirenen zu hören. Um den toten Ninja, der vor dem Wagen lag, hatten sich einige Menschen versammelt.
Ich ging mit schweren Schritten auf den Rover zu, in dem noch immer Anita Huen saß. Ihr war zum Glück nichts geschehen. Als ich nahe genug heran war und einen Blick ins Innere warf, da kam sie mir vor, als wäre sie auf ihrem Sitz eingefroren.
Ich musste mich in das Auto hineinbeugen, um von ihr wahrgenommen zu werden.
»Es ist vorbei«, sagte ich mit leiser Stimme und streichelte ihre Hände, die eiskalt waren.
»Tot?«, fragte sie.
Ich nickte. »Sogar beide.«
»Haben Sie sie …«
Ich wusste, was sie sagen wollte, und unterbrach sie. »Nein, wir haben sie nicht erschossen. Sie haben sich letztendlich selbst getötet, um der Schande einer Niederlage zu entgegen. Ich denke schon, dass Marcia Gay durch ihren Tod geschwächt ist. Oder gibt es noch irgendwelche Personen in ihrem Umfeld, die als Leibwächter fungieren?«
Anita Huen dachte kurz nach. »Nein«, sagte sie dann, »nicht, dass ich wüsste.«
»Okay.«
»Und was ist jetzt?« Beinahe flehendlich sah sie mich an.
»Wird zunächst alles seinen Weg gehen. Sie müssen sich keine Gedanken machen. Bleiben Sie hier im Rover. Mein Kollege und ich werden alles erledigen.«
»Ja, das ist wohl am besten.«
Inzwischen waren die alarmierten Kollegen eingetroffen. Drei Streifenwagen parkten in unmittelbarer Nähe. Suko war bereits dabei, Erklärungen abzugeben. Zum Glück waren er und ich bei den Polizisten bekannt.
Die Gaffer waren zurückgedrängt worden. Den draußen liegenden Toten hatte man mit einem Tuch abgedeckt, und mir wurde gesagt, dass ein Leichenwagen unterwegs war.
Manchmal ist es von Vorteil, wenn man gewisse
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