1694 - NATHAN stirbt
vom Mond gestartet sein", schloß er, die Frist bewußt begrenzend, um das Risiko zu minimieren. „Wenn ihr es nicht schafft, gibt es eine Katastrophe."
„Ich habe verstanden", erwiderte sie.
Und dann bewies sie, daß sie ihr Kommando zu führen wußte. Exakt zehn Minuten später starteten die Raumschiffe in den Raum.
*
Das Wasser schoß gurgelnd heran, doch Jon-Jon Burckley hatte sein Ziel bereits erreicht. Er flüchtete über eine Nottreppe nach oben und erreichte wenig später die terranische Redaktion seines Senders, wo man ihn bereits erwartete.
Wahre Berge von Katastrophenmeldungen aus allen Teilen der Erde standen ihm zur Verfügung. Er brauchte nur blind hineinzugreifen, um einen apokalyptischen Bericht produzieren zu können. „Das Wetter ist außer Kontrolle", begann er, als er im Studio saß und seine Sendung lief. „Und jetzt ist es, als entlade sich seine ganze Wut darüber, daß es sich über Jahrhunderte hinweg nicht frei entwickeln konnte. Der Wettergott, so es ihn denn gibt, zeigt uns Menschen seine ganze Macht. Ein Hurrikan nie erlebten Ausmaßes zieht zur Zeit über den Süden Amerikas hinweg, große Teile Nordeuropas sind von einer Sturmflut überrollt worden, nahezu der ganz südamerikanische Kontinent wird von wolkenbruchartigem Regen unter Wasser gesetzt, Schlammlawinen ergießen sich von den Bergen und begraben kleine Siedlungen unter sich, und soeben teilen uns die in der Antarktis arbeitenden Wissenschaftler mit, daß erhebliche Teile der Gletscher in Bewegung zu geraten drohen."
Burckley hatte keine Hemmungen. Er nutzte die Stunde, um seinen Bekanntheitsgrad zu steigern und somit auf indirektem Wege seine Gagen in die Höhe zu treiben. „Es sind unvorstellbare Eismassen, die ins Meer zu stürzen drohen. Bisher wurden sie von NATHAN kontrolliert, so daß sie nicht in Bewegung geraten konnten. Doch nun ist NATHAN ausgefallen. Die Spindelwesen auf dem Mond sind von der Erkenntnis, daß sie nicht die Vollkommenheit der Zahl 21 erreichen können, in maßlose Wut versetzt worden.
Und jetzt ist alles möglich. Wenn sich NATHAN nicht noch in letzter Sekunde retten kann, werden die Gletscher ins Meer stürzen, und gigantische Wellen werden um die Erdkugel rasen. Große Teile Amerikas werden im Meer versinken. Hoffen und beten wir, daß NATHAN den Kampf gewinnt. Doch die Chancen stehen schlecht. Nach den letzten uns vorliegenden Informationen herrscht NATHAN nur noch über 47 Prozent seiner selbst. 53 Prozent unterliegen der Kontrolle der Spindelwesen."
Die letzte Information war frei erfunden, doch Jon-Jon Burckley hatte noch nie Hemmungen gehabt, irgendwelche Aussagen zu machen, die sich auf angeblich zuverlässige Quellen bezogen.
Mit sich und seiner Arbeit zufrieden, beendete Jon-Jon Burckley die Sendung. „Gratuliere, Jon-Jon!" rief der Studioleiter und streckte ihm mit einem strahlenden Lachen die Hand entgegen. „Es war die beste Story, die du je gebracht hast."
Burckley lächelte dünn und überheblich. Komplimente waren ihm gleichgültig. Wertmesser seiner Arbeit war für ihn allein das Honorar. „Wie lange arbeitet der Sender noch?" fragte er. „Und wie lange werden die Leute noch in der Lage sein,, uns zu empfangen?"
„Keine Sorge", erwiderte der Studioleiter. „Wir haben unsere eigene Energieversorgung und unsere eigenen Sendeanlagen. Wir sind also von NATHAN unabhängig."
„Da muß jemand in weiser Voraussicht gehandelt haben", kommentierte Burckley. „Überhaupt nicht", erwiderte der Studioleiter. „Wir waren damals in der Aufbauzeit nach Simusense bei der Gründung gezwungen, eine eigene Anlage aufzubauen. Wir haben sie uns in allen Ecken der Welt zusammengeschnorrt, weil wir uns einen NATHAN-Anschluß nicht leisten konnten. Aus Bequemlichkeit ist das so geblieben.
Heute ist das unser Vorteil, denn zur Zeit sind wir weltweit der einzige Sender, der noch arbeiten kann. Ist dir klar, was das bedeutet? Wir werden überall gesehen, Die Leute sind auf uns angewiesen."
„Ausgezeichnet", freute sich Burckley. „Wir werden die Gunst der Stunde nutzen."
Er nickte dem Studioleiter zu und eilte zum Ausgang. „Wo willst du hin, Jon-Jon? Wir brauchen dich hier!" rief der Mann ihm nach. „Du mußt bald wieder auf Sendung gehen. In spätestens einer Stunde bist du dran."
Burckley blieb in der offenen Tür stehen. „Ich brauche den Kontakt zu den einfachen Leuten von der Straße", behauptete er. „Und da ich schon seit Stunden nichts mehr gegessen habe,
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