1695 - Rasputins Erben
bevölkerten, auch wenn die Zahl nicht mit der bei Tageslicht zu vergleichen war.
Liebespaare suchten den Park gern bei Dunkelheit auf, obwohl es gefährlich werden konnte. Das war in dieser Nacht nicht so. Man hatte Spaß, wir hörten das Lachen oder Kichern hinter irgendwelchen Büschen und hin und wieder auch ein verräterisches Stöhnen.
Das alles tropfte an uns ab, denn wir waren einzig und allein auf unser Ziel fixiert. Das Wasser lag an der linken Seite. Wir waren ihm sehr nahe, auch wenn wir es nicht immer sahen, weil uns die Gewächse die Sicht nahmen.
»Wie gut kennen Sie denn Ihren Informanten?«, wollte ich wissen.
»Ich kenne ihn gar nicht.«
»Wieso?«
»Nicht persönlich. Ich habe nur ein paar Mal mit ihm telefoniert. Er arbeitet in der Botschaft, aber ich glaube nicht, dass er dort einen Chefposten hat. Dazu hat mir seine Stimme auch viel zu jung geklungen.«
»Aber er ist informiert?«
»Ich hoffe es.«
»Und wie sind Sie auf ihn gekommen?«
»Ich nicht. Er hat sich selbst gemeldet. Er nahm Kontakt mit Karina Grischin auf. Sie hat zunächst nicht darauf reagiert, aber der Mann ließ nicht locker und erwähnte den Namen Rasputin bei seinen Anrufen. Davon ließ er sich auch nicht abbringen.«
»Dann können wir ja hoffen.«
»Das denke ich auch.«
»Darf man fragen, wie er heißt?«
Im Gehen hob Borodin die Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich kenne ihn unter dem Decknamen Hill.«
»Wie bitte?«
»Ja, so hat er sich genannt.«
Es war schon seltsam, dass sich jemand diesen Begriff als Decknamen ausgesucht hatte. Ich hätte in einem solchen Fall eher mit einem russischen gerechnet. Man war eben vor Überraschungen nie sicher.
Der Park steckte voller Geräusche, die nicht allein von den Menschen abgegeben wurden. Vögel lärmten noch, obwohl es längst dunkel geworden war. Es gab jedoch genügend Laternen, die ihr Licht abgaben und manche Gewächse, Bänke oder auch Figuren mit einem hellen Schleier übergossen.
Skater waren kaum noch unterwegs, und wenn, dann hatten sie Stirnlampen umgeschnallt, und so sahen wir immer wieder die hüpfenden Lichter über dem Boden tanzen.
Dann rückte der See näher. Für uns ein Zeichen, dass unser Ziel nicht mehr weit entfernt lag. Es war alles okay bis jetzt, und darüber waren wir froh.
Der Lido war wirklich ein Sandstrand. Es gab Liegen und Stühle. Man konnte sich an einem Kiosk etwas zu trinken und zu essen kaufen, aber um diese Zeit waren die Liegen und anderen Sitzmöbel eingeholt worden. Es gab zu viele Diebe.
Das Wasser des Sees lag nicht ruhig. Der sanfte Wind sorgte für kleine Wellen, deren Oberflächen aufblitzten, wenn sie durch einen Lichtschein wuselten.
Bänke waren fest in den Boden eingelassen. Sie standen so, dass man auf den See schauen konnte. Er war zwar schmal, aber das andere Ufer malte sich in der Dunkelheit nicht ab. Dort waren nur einige Lichter zu sehen, die Wege beleuchteten.
Ich schaute mich um, als Gabriel Borodin stehen blieb.
»Sind Sie sicher, dass es hier ist?«
»Was heißt sicher? Mein Informant will mich am Lido treffen. Er hat keinen genauen Platz angegeben. Deshalb ist es doch egal, wo wir uns hinsetzen.«
»Das stimmt.« Im Nachhinein sah ich, dass der Ort sogar gut gewählt war, denn nicht weit entfernt standen Bäume, die Suko und ich als Deckung nehmen würden. Auf keinen Fall wollten wir uns auf die Bank zu Borodin setzen.
»Alles klar?«, fragte er uns.
»Sicher.« Ich nickte ihm zu. Dann deutete ich über meine Schulter. »Wir werden uns in Deckung begeben, behalten Sie allerdings im Blick.«
»Gut.«
»Und wenn sich dieser Hill melden sollte, dann geben Sie uns Bescheid. Heben Sie einen Arm.«
»Ist klar.«
Suko war auch einverstanden. Er zog sich sogar als Erster zurück und verschwand hinter einem Baumstamm.
Ich wartete, bis Borodin auf der Bank Platz genommen hatte, und huschte dann zu meinem Freund. Es war hier recht dunkel und wir verschmolzen mit der Finsternis.
»Was sagst du dazu, John?«, fragte Suko.
Ich hob die Schultern. »Keine Ahnung, ob es gut ist. Jedenfalls hat sich die andere Seite einen guten Schutz ausgesucht.«
»Ist dir schon der Gedanke an eine Falle gekommen?« Suko war ziemlich sorgenvoll.
»Daran habe ich gedacht, aber ich weiß auch, dass gewisse Treffen so stattfinden müssen.«
»Hoffentlich.«
»Du traust dem Braten nicht?«
»Genau. Ich habe hier meine Probleme. Beweise allerdings nicht. Das ist eine Location, die sogar perfekt für einen Mord wäre.
Weitere Kostenlose Bücher