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17 - Das Konzil der Verdammten

17 - Das Konzil der Verdammten

Titel: 17 - Das Konzil der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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»Wir
folgen den ursprünglichen Vorstellungen der Gründungsväter des Glaubens, den Gepflogenheiten und Bräuchen, den
festgelegten Feiertagen. Nicht wir haben uns verändert, sondern Rom hat sich verändert. Dort hat man begonnen, andere Wege zu gehen.«
»Aber ist es nicht genau das, was die Kirchen im Osten für sich beanspruchen? Sie sagen doch, dass ihre Kirchen dort den orthodoxen Gepflogenheiten folgen, die Rom ablehnt.«
»Die Spaltung beruht auf politischen Erwägungen, nicht auf theologischen.«
»Wie das?«, wollte Eadulf wissen.
»Die Abspaltung der Kirchen im Osten ging mit dem Auseinanderbrechen des Römischen Reiches einher, als Kaiser Konstantin Byzanz zur Hauptstadt erklärte und es nach sich selbst Konstantinopel nannte. Die Trennung zwischen Rom und Konstantinopel führte dazu, dass auch die Ost- und die Westkirchen auseinanderdrifteten.«
Fidelma nickte bestätigend. »Nicht anders geschieht es heute. Die neuen Vorstellungen aus Rom machen es uns im Westen schwer, den Glauben zu verinnerlichen. Rom hat die Lehren des Pelagius verworfen, hat Arius in die Verbannung getrieben, und nun hadert es mit dem Monotheletismus. Eines Tages werden die Befürworter der Trennung der Geschlechter und des Zölibats die Oberhand gewinnen, und dann dürften ihre Ansichten als die Lehre von Rom verkündet werden. Mir ist bange, wohin Roms ständiges Verändern des Glaubens und seines Brauchtums führen wird. Nicht lange, und wir erkennen überhaupt keine Verbindung mehr zu den ursprünglichen Vorstellungen der Begründer des Glaubens.«
»Ich hätte nie gedacht, dass du dir so tiefgründige Gedanken über die Dinge machst, Fidelma«, bekannte der Abt ehrlich verwundert.
»Man muss seine Gedanken nicht unbedingt für jedermann sichtbar zur Schau tragen, Ségdae«, erwiderte sie. »Das heißt deshalb noch lange nicht, dass man sich keine macht. Meiner Meinung nach muss es jedem Einzelnen überlassen bleiben, ob er sich dem Glauben zuwendet oder ihn ablehnt. Niemand hat das Recht, einem anderen vorzuschreiben, was er zu glauben hat oder in welcher Form er das tut. Was mein Wirken für das öffentliche Wohl betrifft, so dient es dem Gesetz, gilt der
Wahrheit und Gerechtigkeit.«
Eadulf hüstelte und erreichte damit, dass Fidelma aufschaute.
Die meisten der Klosterbrüder verließen den Saal. »Du wirst es uns nicht verübeln, Ségdae, aber wir müssen
uns wieder an die Arbeit machen«, sagte sie und stand auf. Draußen fragte Eadulf sie leicht beunruhigt: »Ist es klug,
so offen daherzureden?«
»Vielleicht nicht«, gab sie zu. »Aber was ich denke und was
mich bewegt, kann ich nicht gänzlich zurückhalten. Es widerspricht meinem Wesen.«
»Nur scheint mir dieser Ort hier der allerletzte, um sich offen über Dogmen der Theologie zu äußern.«
Sie sah ihn an und musste lachen. Eadulf wollte sich dagegen verwahren, doch schon besänftigte sie ihn: »Ich lache nicht
über dich, Eadulf. Es ist nur der Gedanke, dass die große Abtei hier mit ihrem Konzil über die Zukunft der Kirchen nicht
der rechte Ort für einen Meinungsstreit sein sollte. Wenn nicht
hier, wo sonst?«
»Dort, wo Köpfe offen sind für andere Gedanken und Vorstellungen, so dass sich Rede und Gegenrede überhaupt entwickeln können. Wenn Entscheidungen von vornherein feststehen, kann es keinen fruchtbaren Gedankenaustausch geben.« Zärtlich berührte sie seinen Arm. »Manchmal vergesse ich,
wie weise du sein kannst, Eadulf. Ich werde in Zukunft besser darauf achten, was ich sage und was ich für mich behalte.
Aber jetzt wollen wir Bruder Gebicca aufsuchen.« Fidelma und Eadulf hatten schon mit vielen Ärzten und Apothekern zu tun gehabt. Bruder Gebicca glich ihnen allen. Er war schon älter, der hagere Körper wirkte energisch und behende. Er war mit Stößel und Mörser an seinem Werktisch beschäftigt, als sie den übelriechenden Raum betraten. Erstaunt
blickte er auf, Besucher dieser Art hatte er nicht erwartet. »Du bist eine Frau!«, stellte er mürrisch fest.
»Und du ein guter Beobachter, Bruder Gebicca«, erwiderte
sie fröhlich. »Eine Eigenschaft, die für die Arbeit in einer
Apotheke von Vorteil ist.«
Er machte eine abwehrende Handbewegung.
»Frauen haben zu unserer Abtei keinen Zutritt«, erklärte
er.
»Du warst gestern wohl nicht zum Abendgebet in der Kapelle?«, fragte sie.
»Warum sollte ich?«, entgegnete er, immer noch gereizt.
»Ich habe jede Menge zu tun und vom Bischof die ausdrückliche Erlaubnis, der Andacht fernzubleiben, damit

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