17 - Das Konzil der Verdammten
Fidelma halblaut. »Während seines irdischen Lebens hat er Ulaidh oder Midhe nie verlassen, warum werden seine Überreste nun dorthin gegeben? Mit fehlt da der Zusammenhang.«
Eadulf zuckte die Achseln. »Die Frage kann ich leider auch nicht beantworten.«
Es klopfte an der Tür, und Abt Ségdae trat herein.
»Man hat mir gesagt, du wolltest mich sprechen, Bruder Eadulf. Ich war in einer Beratung mit einigen Äbten aus Armorica.«
Fidelma berichtete ihm, vor welchen Schwierigkeiten sie gegenwärtig stünden.
»Ich dachte, Bischof Leodegar hat allem ausdrücklich zugestimmt«, sagte der Abt verdrossen. »Du wirst wohl recht haben. Er hält in seiner Gemeinschaft die Zügel derart straff in der Hand, dass sich niemand, nicht einmal sein Verwalter, wagt, etwas ohne seine unmittelbar Anweisung zu tun.« Er atmete tief durch. »Sobald er zurück ist, werde ich mit ihm reden und darauf bestehen, dass er für alle unmissverständlich klarmacht: Ihr könnt befragen, wen ihr wollt, wann ihr wollt und wo ihr wollt.« Mit Nachruck fügte er hinzu: »Einige Delegierte spielen mit dem Gedanken, an dem Konzil nicht teilzunehmen. Man tuschelt bereits, auf dem Konzil läge ein Fluch.«
Fidelma sah den Abt erstaunt an. »Läge ein Fluch? Dass Geistliche zu so einer Wortwahl greifen, ist ungewöhnlich.«
Der Abt von Imleach nickte schwermütig. »Mir ist bange vor den Ergebnissen dieses Konzils, wenn es denn stattfindet. Ich habe mich mit vielen unterhalten und mit einigen ernsthaft beraten, wie ich eben schon sagte. Die Gallier, die Britannier und die Leute in unseren fünf Königreichen sind nicht gewillt, diese neuen Ideen aus Rom ohne weiteres zu übernehmen.«
Fidelma lag daran, das Thema zu wechseln, und sie fragte unvermittelt: »Wenn du mit Abt Dabhóc zusammen warst, hat er dir gegenüber von einem Geschenk gesprochen, das er mitgebracht hatte und dem Nuntius übergeben wollte, damit er es nach Rom mitnimmt?«
»Was für ein Geschenk?«, fragte Abt Ségdae verwundert. »Mir gegenüber hat er davon kein Wort gesagt.«
»Dann sprich bitte zu niemandem darüber«, bat ihn Fidelma. »Wir nehmen an, es war ein Reliquiar … mit den Reliquien des heiligen Benén, Patricks Jünger und Mitstreiter.«
»In Imleach wissen wir längst, dass Ard Macha bestrebt ist, die Oberhoheit über alle fünf Königreiche zu erlangen, und wir haben uns dem stets widersetzt«, erklärte Abt Ségdae. »Auch ist uns bekannt, dass die Bischöfe von Ard Macha an die Bischöfe in Rom geschrieben haben, um sich deren Unterstützung zu sichern. Vielleicht ist dieses Geschenk ein weiterer Versuch, um in Rom Rückhalt zu finden.« Betrübt schüttelte er den Kopf. »Es ist doch traurig, dass selbst unter Glaubensbrüdern der Mensch nach Macht strebt und sich politischer
Mittel bedient.« Eindringlich schaute er Fidelma an. »Willst du
etwa sagen, es gäbe einen Zusammenhang zwischen Dabhócs
Tod und dieser Angelegenheit?«
»Das behaupte ich nicht … noch nicht«, erwiderte sie. »Mir
wäre lieb, dass darüber nicht gesprochen wird.«
»Darauf gebe ich dir mein Wort. Hast du mit Dabhócs
Kämmerer gesprochen? Ich habe vergessen, wie er heißt, aber
der könnte etwas wissen.«
»Ich habe mit ihm gesprochen … Doch, bitte, auch darüber
kein Wort.«
»Ganz wie du es wünschst.«
Von fern hörte man eine Glocke läuten.
Erschreckt schaute der Abt hoch. » Tempus fugit . Das ist das
Abendläuten. In der Abtei werden des Tages Mühen beendet,
und ein jeder bereitet sich auf die Abendmahlzeit vor.« Für die Gäste aus den fünf Königreichen war damit das Zeichen für ihr tägliches Bad gegeben, das sie jeweils vor dem
Abendessen nahmen. Der Abt entschuldigte sich eiligst und
verließ sie.
Erneutes Glockenläuten kündigte die Abendmahlzeit an.
Man traf sich im Refektorium wieder. Bruder Gillucán saß in
sich gekehrt und nervös am Tisch. Fidelma schaute ihn aufmunternd an, sagte aber kein Wort über ihre Begegnung, und
auch er schwieg. Abt Ségdae wartete, bis das Dankgebet gesprochen, das Mahl vorüber und allen der Abendsegen erteilt
war, dann ging er zu Bischof Leodegar. Nach einem kurzen
Gespräch kamen Bischof und Abt zu Fidelma und Eadulf herüber, die auf sie warteten.
»Ich muss mich entschuldigen, Schwester Fidelma, meine
Anordnungen sind falsch ausgelegt worden. Ich werde dafür
Sorge tragen, dass meine Weisungen ordnungsgemäß befolgt werden. Dir steht es natürlich frei, zu kommen und zu gehen, wie du willst. Nur beachte bitte meinen Wunsch,
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