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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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das Minareh der Moschiah der Ommajjaden zu Damaskus.“
    Als ich das hörte, war es mir, wie wenn mir jemand einen Schlag in das Gesicht versetzt hätte. Diese Beschreibung paßte ganz genau auf meinen englischen Freund David Lindsay, von welchem ich mich vor kurzem in Konstantinopel verabschiedet hatte, und welcher mir bei dieser Gelegenheit sagte, daß er in einigen Monaten in Altengland sein werde.
    Alles stimmte ganz genau, der Anzug, der Reichtum, die blaue Brille, der breite Mund, die gewaltige Nase – er mußte es sein! Und in Gedanken berechnete ich, ob es möglich wäre, daß er sich jetzt im Land der Skipetaren, in Rugova befinden könne. Ja, es war möglich, wenn er kurz nach mir Stambul mittels Schiff verlassen hatte und in Alessio oder Skutari ans Land gestiegen war.
    „Trotz dieser Lächerlichkeit ist er eine fette Beute“, fuhr der Sprecher fort, „vielleicht die reichste, welche wir jemals gemacht haben, oder vielmehr noch machen werden; denn heute abend wird er festgenommen und in den Karaul gesteckt. Sofort nach meiner Rückkehr aber werden wir ihn auf Umwegen, wo niemand uns begegnen kann, her zu dir schaffen. Du magst dich auf seine Ankunft vorbereiten.“
    „So!“ brummte der Köhler. „Heute abend nimmt man ihn gefangen. Wenn du heute wieder von hier aufbrichst, so bist du früh in Rugova, denn du kennst ja die Wege. Der Karaul liegt so einsam, daß ihr mit dem Inglis sogleich, trotzdem es am Tag ist, aufbrechen könnt, ohne gesehen zu werden, und so kann er bereits am Abend hier bei mir eintreffen. Aber – kann sich dieser Mann denn auch verständlich machen?“
    „Leider nicht; darum hat er ja einen Dolmetscher bei sich.“
    „Das ist sehr unangenehm. Ich befasse mich nur höchst ungern mit dieser Sache, aber ich muß dem Schut gehorchen. Wenn der Inglis es nicht versteht, sich unserer Sprache zu bedienen, so wird er mir wahrscheinlich große Verlegenheiten bereiten. Ich hoffe, daß der Schut in Rücksicht darauf den Lohn bemißt, welchen ich dafür erhalte.“
    „Du wirst zufrieden sein. Du weißt ja, daß unser Anführer und Gebieter niemals geizt, wenn es gilt, für geleistete Dienste erkenntlich zu sein. Diese Sache ist also abgemacht. Ich werde morgen jedenfalls noch vor Abend hier eintreffen und nicht nur den Engländer, sondern auch den Dolmetscher mitbringen. Es kann nicht schwer sein, auch diesen festzunehmen, und dir wird durch seine Anwesenheit die Behandlung des Gefangenen erleichtert.“
    „Wie ist der Fremde zu benennen? Wie lautet sein Name?“
    „Was er ist, daß weiß ich nicht. Er hat einen Titel, welcher wie ‚Surr‘ oder ‚Sörr‘ ausgesprochen wird, und sein Name ist auch ein fremdes Wort, welches ich noch nie gehört habe und auch nicht verstehe. Es klingt wie Lin-seh. Merke es dir!“
    Jetzt war gar kein Zweifel über die Person des Engländers mehr möglich. Es handelte sich wirklich um meinen alten, guten, wenn auch etwas sonderbaren David Lindsay. Mit dem Titel war auch das englische Wort ‚Sir‘ gemeint.
    Aus welchem Grund befand sich der Inglishman in Rugova? Was hatte ihn veranlaßt, von Konstantinopel aufzubrechen und in solcher Eile nach Westalbanien zu kommen? Ich konnte es nicht begreifen. Der Fremde fuhr nach einer kurzen Pause fort:
    „Nach dem, was ich von dir hörte, müßte der Überfall dieses Deutschen nun längst geschehen sein. Es beunruhigt mich, daß die Aladschy und ihre Gefährten noch nicht hier sind.“
    „Vielleicht ist der Deutsche später aufgebrochen, als Junak gemeint hat. Als dieser sich von seiner Hütte fortschlich, haben die Fremden noch geschlafen. Bei den Anstrengungen der letzten Tage ist es gar kein Wunder, wenn sie sehr ermüdet sind. Übrigens hat der Konakdschy den Auftrag erhalten, dafür zu sorgen, daß sie nicht allzu schnell reiten, und so ist es sehr leicht zu erklären, daß sie noch nicht eingetroffen sind.“
    „Mir aber macht diese Verspätung Sorgen. Am liebsten möchte ich zu dem Teufelsfelsen, um nachzusehen, wie es dort steht.“
    „Das darfst du nicht; du könntest dadurch die ganze Sache verderben und grad in demselben Augenblick dort anlangen, in welchem die Fremden die betreffende Stelle erreichen. Dein Erscheinen würde vielleicht ihren Verdacht erwecken. Nein, bleibe hier! Wir haben noch Zeit. Es ist gar nicht möglich, daß der Streich mißlingen kann.“
    „Gut, so will ich mich gedulden. Inzwischen kannst du mir die Höhle zeigen.“
    Beide erhoben sich von der Bank. Da ich

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