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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zwischen größeren Bäumen zahlreiche Stöße von Meilerholz aufgeschichtet. Der Schlag von Äxten ließ auf die Anwesenheit von Menschen schließen.
    „Das sind die Köhlerknechte“, sagte Halef. „Hoffentlich überraschen sie uns nicht!“
    „Ich möchte es nicht befürchten. Sie sind rechts da drüben, wir aber müssen nach links, wo du den Wipfel der Eiche hoch emporragen siehst.“
    In dieser letzten Richtung war der Wald ganz geflissentlich von der Axt verschont geblieben. Der Köhler hatte sich wohl gehütet, die Stelle zu lichten, wo sein Geheimnis verborgen lag. Die Bäume und Büsche standen im Gegenteil so dicht beisammen, daß wir uns zuweilen nur mit Gewalt hindurchzuzwängen vermochten.
    Endlich hatten wir die Eiche erreicht. Sie war von sehr bedeutendem Umfang. Der Stamm schien gesund zu sein. Die mannsstarken Wurzeln, welche streckenweit zutage traten, ließen keine Höhlung erkennen. Aber als ich den Baum umschritt, erblickte ich ungefähr in dreifacher Mannshöhe ein Loch, das groß genug war, einen Mann hindurch zu lassen.
    Der niederste Ast war so tief, daß er fast mit den Händen erreicht werden konnte. Auf ihm stehend, konnte man den zweiten Ast leicht erfassen. Der dritte war abgebrochen oder abgestorben, und eben da, wo er aus dem Stamm herausgewachsen war, befand sich die Höhlung.
    „Wenn ich mich überhaupt nicht irre, so befindet sich der Eingang dort oben“, sagte ich, empor deutend.
    „Wie aber kommt man da hinauf?“ fragte Halef. „Dazu bedarf man einer Leiter, denn der Stamm ist viel zu stark, daß man ihn zum Klettern umfassen könnte.“
    „Eine Leiter ist da.“
    „Ich sehe keine“, meinte der Hadschi, indem er sich vergeblich umschaute.
    „Auch ich sehe sie nicht, aber ich sehe etwas anderes. Betrachte den Boden, so wirst du in dem Moos eine deutlich ausgetretene Spur sehen, welche dort in das Buchendickicht führt. Da ist man hin und her gegangen, und wozu anders, als um eine Leiter herbei und wieder fort zu tragen. Du wirst sie sofort sehen.“
    Wir folgten der Spur, traten zwischen die jungen dicht belaubten Buchenstämmchen und sahen da wirklich das liegen, was als Leiter diente – einen armstarken Fichtenstamm, welchem man die Aststummel gelassen hatte, so daß sie als Stufen dienen konnten.
    „Richtig! Das ist sie“, meinte Halef. „Nun können wir hinauf.“
    „Wir werden hinaufkommen, ohne uns der Leiter zu bedienen. Die Vorsicht rät uns, auf sie zu verzichten. Es kann leicht irgend jemand kommen, obgleich ich es nicht befürchte. Sieht man dann die Leiter anlehnen, so weiß man gleich, daß sich jemand in der Eiche befindet. Ich habe dich nur hierher geführt, um dir zu beweisen, daß meine Vermutung mich nicht täuschte.“
    „Aber ohne Leiter komme ich nicht hinauf!“
    „Du steigst auf meine Schulter, dann kannst du den untersten Ast fassen.“
    „Aber du?“
    „Ich erreiche ihn im Sprung.“
    Halef kletterte mir auf die Schulter und konnte dann leicht weiterkommen. Mir gelang es, mit einem Sprung den Ast zu fassen, und dann standen wir auf dem zweiten und hatten das Loch grad vor dem Gesicht. Ich blickte hinein.
    Der Stamm war hohl, und zwar war die Höhlung so bedeutend, daß sie recht gut zwei Männer faßte. Aber wie da im Innern des Baumes hinabzukommen war, davon konnte ich nichts sehen.
    „Es ist keine Strickleiter vorhanden“, meinte Halef. „Du hast dich getäuscht.“
    „Nein, ich täusche mich nicht. Betrachte diese Öffnung und dann auch die Höhlung genau. Es ist alles wie glattgerieben. Du erblickst nicht eine Spur von faulem Holz oder von Modermehl. Man steigt hier ein und aus; das ist gewiß. Es versteht sich jedoch ganz von selbst, daß man den Apparat nicht so angebracht hat, daß er sogleich von außen gesehen werden kann. Ich denke aber, ihn sogleich zu finden.“
    Ich steckte Kopf und Arme in das Loch, stemmte im Innern des Baumes die Ellbogen an und zog den Oberkörper nach. Dann tastete ich mit den Händen in der Höhlung umher.
    Richtig! Über dem Loch war ein starker, hölzerner Querstab eingezwängt, an welchem man sich mit den Händen festhalten konnte, um die Beine in das Innere hineinzuziehen. Dieses tat ich denn auch. An dem Holz hängend, tastete ich mit den Füßen unter mir und fühlte ein zweites, stärkeres Querholz, auf welches ich mich stellen konnte.
    Nun kauerte ich nieder, denn ich spürte an dem Holz zwei Erhabenheiten, von deren Natur ich mich mit den Händen überzeugen wollte. Es waren sehr starke

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