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170 - Die Scharen der Nacht

170 - Die Scharen der Nacht

Titel: 170 - Die Scharen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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großes oder ein kleines Fass gemeint hatte… und waren die Fischer aus Yangonn nicht für ihr unglaubliches Anglerlatein bekannt?
    Wusste nicht jeder, dass es keine derart großen Edelsteine gab?
    Der Mann hatte übertrieben, ohne Frage. Er musste übertrieben haben!
    Suúnas Hand drückte die Türklinke und betrat den Raum.
    Sie atmete erleichtert auf, als sie das von einem schwarzen Tuch verhüllte Objekt in der mit rotem Samt ausgeschlagenen Kiste sah. Es war zwar tatsächlich annähernd einen Meter lang, aber weit weniger bauchig, als ein Fass es war. Sie würde es – mit einiger Mühe zwar, doch sie zweifelte nicht daran, dass sich ihre Kraft verdoppeln würde, wenn der Edelstein sich erst mal auf ihrem Rücken befand – in dem Netz transportieren können, das zu ihrer Ausrüstung gehörte.
    Suúna packte das Tuch und zog es beiseite. Ein grüner, makellos transparenter Stein, der im Schein der Wandfackel atemberaubend funkelte, lag vor ihr.
    Was für ein Anblick! In Suúnas Lenden zuckte es lüstern.
    Sie nahm ihren Rucksack ab und öffnete ihn, ohne den Blick von der Beute zu nehmen. Jetzt konnte sie nichts mehr aufhalten…
    Suúna arbeitete wie besessen. Sie verpackte das etwa sechzig Pfund schwere Geschmeide und wuchtete sich das Netz, das mit Gurten versehen war, dann wie einen Tornister auf den Rücken.
    So… Und jetzt zügig den Rückzug angetreten und das Weite gesu-Als Suúna sich umdrehte, stockten vor Schreck ihre Gedanken. Die Tür, die sie hinter sich zugezogen hatte, stand offen. Und auf der Schwelle …
    ***
    Aruula lag in der Finsternis auf dem Bauch und hielt die Luft an.
    Knapp zehn Meter von ihr entfernt robbten vier Männer auf das Kloster zu. Sie beobachtete die Kerle seit geraumer Zeit.
    Es waren keine Dörfler: Sie trugen die gleichen Turbane wie die Sklavenhändler, denen sie an der Hängebrücke begegnet war. Einer von ihnen kam ihr sehr bekannt vor: Sein mit einem dreckigen Lappen verbundener Arm und seine rachsüchtige Miene kündeten von noch nicht verheilten Brandwunden.
    Es war wohl nicht falsch, wenn Aruula annahm, dass die drei anderen Männer der Vater und die Brüder jener Nadjibullahs waren, an deren Kadavern nun die einheimischen Vultuurs rupften.
    Vorsicht war geboten. Rachsucht war in diesen Breiten die Triebkraft Nummer Eins. Suúna hatte sogar von Blutrache gesprochen! Wenn Abdul Nadjibullah die Hälfte seiner Sippe als Leichen gesehen hatte, musste er einfach wütend sein. Der Mann mit den Brandwunden hatte ihm bestimmt gesteckt, welche halbnackte Metze Schuld am Untergang seiner Dynastie war.
    Auch durfte sie nicht vergessen, was die Nadjibullahs ursprünglich in diese Gegend gelockt hatte: das Riesenjuwel und ihre Wut auf Suúna, die sie ausgetrickst hatte. Dass eine Frau sie auf die Plätze verwies, durfte nicht sein. Dergleichen hatte der Bärtige Prophet gewiss nie in seinen Heiligen Schriften erwähnt…
    Deswegen, dachte Aruula, ist Herr Nadjibullah sicher eher bereit, die Welt in Brand zu stecken, als zuzugeben, dass ein Weib ihn ausgetrickst hat…
    Die Reittiere der Banditen grasten ein Stück unterhalb des Klosters. Dort hatte Aruula die Männer gesichtet, als sie mit der Nase am Boden den Wagenspuren der schwarzen Fremden verfolgt hatten.
    Inzwischen glaubte sie zu wissen, wie Suúna in das Kloster eingedrungen war. Ob das Banditenquartett das Seil schon bemerkt hatte, an dem Suúna wohl hochgeklettert war, wusste Aruula nicht. Zumindest machten sie keine Anstalten, denselben Weg zu nehmen. Vielleicht waren sie auch einfach nur lausige Kletterer.
    Für Aruula wäre es kein Problem, an dem Seil hochzuklettern und sich in das Gebäude zu schwingen… Aber angenommen, die Banditen erspähten sie und beschossen sie mit Armbrüsten …
    Aruula stieß eine leise Verwünschung aus. Warum hatte Suúna nicht auf sie gehört? Warum war sie zu ihrer Diebestour aufgebrochen, obwohl sie wusste, welche Gefahr ihr drohte?
    Was trieb sie an? Gier? Dummheit?
    Als die Nadjibullahs zu einer Klosterumrundung ansetzten, verließ Aruula ihre Deckung und eilte unter den Eisenträger.
    Ein letzter Blick nach links und rechts, dann begann sie den Aufstieg.
    Es ging alles geräusch- und problemlos ab. Oben angekommen, holte Aruula das Seil ein, damit es niemand benutzen konnte, um ihr zu folgen.
    Schon kamen die vier Banditen um die Ecke. Die Helligkeit des Himmels nahm zu; der Morgen graute.
    Aruula wandte sich um. Sie musste Suúna finden!
    An der Wand neben der Tür sah sie

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